"Sklavenhändler, Negreros und Atlantikkreolen" zeichnet die fast
unglaubliche Geschichte individueller Profi teure des Sklavenhandels
in den rund 500 Jahren zwischen 1400 und 1900 nach. Ein Raum der
"Freiheit" - der atlantische Ozean - war Schauplatz dieser Geschichte
der Gewalt. Er verband die Räume der "Sklavenproduktion" im Innern
Afrikas über Küsten und Inseln, auf denen sich erste Formen von modernen
Sklavereien entwickelten, bis hin zu den Gebieten der Amerikas, in denen
sich im 18. und 19. Jahrhundert dynamische Formen der Massensklaverei
mit Hochtechnologien (Second Slavery) entwickelten. Auf Basis der
Traumata der rund 12-13 Millionen aus Afrika Verschleppten untersucht
vorliegender Band vor allem große Kaufl eute/Ausrüster (und Versicherer)
der Sklavenschiffe, Kapitäne, Faktoren in Afrika und Schiffsärzte, aber
auch die staatlichen Sklavenhandels-Profi teure des Westens, der Amerikas
sowie Afrikas (Portugal, Großbritannien, Frankreich, Niederlande, USA,
Brasilien, Spanien/ Kuba und baltische Gebiete, Dahomey, Oyo, Kongo,
Matamba, Kasanje, Angola, Loango, Futa-Staaten, Sokoto-Kalifat u.a.).
Besondere Aufmerksamkeit gilt transkulturellen Lebensformen der
Menschen, die - oft als Nachkommen von iberischen Männern und afrikanischen Frauen - als Atlantikkreolen die Sklavenschiffsbesatzungen der
rund 40000 Fahrten zwischen Amerika und Afrika stellten. Sie arbeiteten
in direktem Kontakt mit den Versklavten. Atlantikkreolen waren auch
Übersetzer, Heiler, Köche und Ruderer oder Wachen. Sie vermittelten die
Geschäfte zwischen Atlantik und dem Innern der Kontinente - oft selbst in
einer Art Sklavenstatus. Und sie entwickelten schon seit dem 16. Jahrhundert
Lebens-, Wissens-, Konsum- und Kulturformen, die in Europa erst im
18. Jahrhundert, vor allem aber im 19. Jahrhundert als Kosmopolitismus
und Biedermeier-Kapitalismus Furore machten und noch heute Grundlagen
der Globalisierung bilden.
Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.
Sklaverei und Sklavenhandel gehören seit Jahrzehnten international, vor allem in den Vereinigten Staaten, zu den fruchtbarsten Feldern der Geschichtswissenschaft. Hierzulande beschäftigen sich weiterhin nur wenige Historiker mit dieser Thematik. Zu den innovativsten und produktivsten Vertretern dieser kleinen Schar gehört der in Köln lehrende Michael Zeuske. Seine zahlreichen einschlägigen Bücher zeichnen sich durch einen großen Spürsinn für entlegene Quellen, stupende Literaturkenntnis, freilich auch eine etwas eigensinnige, nicht immer leicht verdauliche Prosa aus. Diese Eigenschaften treffen auch auf seine jüngste Studie zu. Eindringlich betont Zeuske hier die große Bedeutung des Handels mit Menschen für die Geschichte des Kapitalismus, um vor diesem Hintergrund lebensgeschichtliche Fragmente von verschleppten Sklaven, vor allem jedoch von Sklavenhändlern, Mitgliedern von Sklavenschiffsbesatzungen, Ärzten, Kapitänen und Faktoreimitarbeitern zu einer Gesamtdarstellung des Sklavenhandels im atlantischen Raum zwischen dem fünfzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert zu verweben. Dabei hebt er nicht zuletzt die Tragweite des im Kontext des Menschenhandels geschaffenen "mobilen Wissens" hervor. Viele der bekannten Forscher und Reisenden des neunzehnten Jahrhunderts seien auf Routen unterwegs gewesen und hätten Wissen, Praktiken, Dienste und Strukturen genutzt, die für den Sklavenhandel geschaffen worden waren.
eck.
Michael Zeuske: "Sklavenhändler, Negreros und Atlantikkreolen". Eine Weltgeschichte des Sklavenhandels im atlantischen Raum.
De Gruyter/Oldenbourg, Berlin 2015. 481 S., geb., 119,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Carolin Retzlaff in: Historische Zeitschrift 307 (2018), 149-151