Der Roman erzählt von vier Menschen, die zum Teil auch familiär verbunden sind, in unterschiedlichen zeitlichen Ebenen. Eines jedoch ist ihnen gleich: Sie bringen den Mut auf, sich zu widersetzen. Sie trotzen gesellschaftlichen und politischen Zwängen, erheben sich gegen menschliche Gewalt und
streben Veränderung an.
Franz arbeitet als Flößer, ein körperlich schwerer und dennoch notwendiger…mehrDer Roman erzählt von vier Menschen, die zum Teil auch familiär verbunden sind, in unterschiedlichen zeitlichen Ebenen. Eines jedoch ist ihnen gleich: Sie bringen den Mut auf, sich zu widersetzen. Sie trotzen gesellschaftlichen und politischen Zwängen, erheben sich gegen menschliche Gewalt und streben Veränderung an.
Franz arbeitet als Flößer, ein körperlich schwerer und dennoch notwendiger Beruf. Im 19. Jahrhundert zählt er damit gesellschaftlich zu einem Stand, der eher als gering anzusehen ist. Flößer gelten als wenig gebildet, erscheinen ungepflegt und mit unzureichenden Manieren. Seine große Liebe bleibt ihm dennoch nicht verwehrt. Sein großes Ziel ist es, die Situation seiner Berufsgruppe zu verbessern, Arbeitsbedingungen zu verändern und Rechte für die Arbeiter einzufordern.
Henning genießt sein unbeschwertes Leben in Südamerika. Doch als der Besitz seiner adeligen Familie in Deutschland vor dem Ruin steht, bricht er alle Brücken ab, um zurückzukehren und es zu retten. Dem Militär bleibt er auch als Offizier bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten treu. Doch ihn überkommen mehr und mehr Zweifel am System.
Viktoria wächst kurz nach dem 2. Weltkrieg in Kasachstan auf. Umgesiedelt von der Krim, hat es die Familie nicht immer leicht. In dem Mädchen wächst der Wunsch, Tierärztin zu werden. Doch stattdessen landet sie im Schlachthaus einer Kolchose. Diesen Umstand verdankt sie ihrem Ehemann, in den sie sich einst verliebte und der ihr das Leben zur Hölle macht. Das mündet in einer Tragödie.
Den Bogen in die aktuelle Zeit schließt Daniila. Sie flieht 2014 von der Krim ins Allgäu und begibt sich auf Spurensuche, was einst mit ihrer Großmutter Viktoria geschah.
Das Buch weist für mich einen sehr guten Lesefluss auf. Jedes Kapitel widmet sich einer der vier Personen und ist mit einer Jahreszahl versehen. Das schafft eine nachvollziehbare Handlung sowie Struktur. Man kann jeder dieser Lebenserzählungen deutlich folgen. Die detailreichen Beschreibungen formen Charaktere und der Leser fühlt sich mittendrin. Das gefällt mir sehr gut.
Meine persönliche Lieblingsfigur war Franz Beser. Fleißig, zielstrebig und mit einem gewissen Feingefühl für seine Mitmenschen. Das mag nicht außergewöhnlich klingen, betrachtet man jedoch die zeitliche Epoche seines Lebens, so ist gerade sein emphatisches Auftreten, die Hingebung zu seiner Frau und seine Fürsorge für andere sehr ausgeprägt und besonders.
Auch Viktoria empfand ich in großen Teilen ihres Lebens als sympathisch, ihre Entwicklung als bewegend. Sie erscheint mutig und bereit, sich Widrigkeiten entgegenzustellen. Dennoch kann ich ihre Handlungen im letzten Abschnitt ihres Lebens nicht nachvollziehen und kann dafür auch kein Verständnis aufbringen.
Der Roman schafft es, mich als Leser zu fesseln und zu begeistern. Die zeitlichen Umstände und Personen werden greifbar. Liebe, Verzweiflung, Hoffnung und Widerstand sind nah beieinander. Jede der Figuren verkörpert etwas Spezielles. Man lernt, dass der Mut zu Veränderung und die Entscheidung, sich einsetzen und kämpfen zu wollen, nicht immer der leichte Weg ist. Vielmehr erfordert es individuelle Stärke und einen außergewöhnlichen Willen. Gleichermaßen riskiert man, vieles verlieren zu können.
Für mich ein berührendes Buch, das oft nachdenklich stimmt, aber auch ein Wegweiser sein kann.