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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Worte und Linien von Martin und Alissa Walser
Weltmeister möchte Martin Walser sein, "durch nichts als Einbildungkraft". Dass die seine nicht erloschen ist, beweist er mit jedem neuen Buch. Das jüngste, "Sprachlaub", kommt wie ein Nachklang von Vergangenem. Der Alte vom Bodensee sieht seinen Worten zu, wie sie zu Boden taumeln und einmal etwas verstecken, ein anderes Mal etwas aufdecken, was fast vergessen war. Weises und Zufälliges im Wechsel. Manchmal sind es auch nur Worte, deren Sinn und Zusammenhang, in Vierer-, Sechser- oder Achterzeilen geordnet, rätselhaft bleiben.
"Schreiben und Leben fielen bei mir fast von Anfang an zusammen", bekennt der vierundneunzigjährige Walser. Also schreibt er weiter, er will ja leben. Ob seine Sätze noch "in den Herzen" seiner Zuhörer ankommen? Wer weiß das schon. Seine imponierend große Gemeinde ist ihm sicher. Sie ist ihm seit Jahrzehnten gefolgt, hat ihn verehrt, seine Vielseitigkeit be-staunt, seine Eloquenz bewundert. Er kann unterhaltsam sein und hatte immer etwas zu sagen, zur Politik wie zum Zeitgeist. Er mischte sich ein, wich Konflikten nicht aus. Ob er die Stimme Nachkriegsdeutschlands sein wollte? Die vielen Ehrungen bestätigen es.
Nun dieses stille Buch, wie ein Vermächtnis, illustriert von seiner Tochter Alissa, die uns mit blassen Aquarellfarben ins Nirgendwo hinführt. Augenblicke des Erkennens hat Martin Walser eingefangen, auch Behauptungen aufgestellt, die der Leser nicht akzeptieren möchte: "Aber den Tod gibt es nicht, so wenig wie das Leben. Nur Wörter, an die wir uns halten können in all der Leere."
Für das Motto dieses Buches, das auch seine Unterzeile darstellt: "Wahr ist, was schön ist", gibt es bei Walser keine Beweise. "Erfüllt sein von jedem Augenblick, basta. Nicht rückwärts und nicht vorwärts denken." Er sagt es zu dir, zu mir und zu sich selbst. "Bis zum letzten Abend leben" lautet die letzte Zeile. MARIA FRISÉ.
Martin Walser, Alissa Walser: "Sprachlaub oder Wahr ist, was schön ist".
Rowohlt Verlag, Hamburg 2021. 148 S., Abb., geb., 28,- Euro.
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