Historische Bildzeitung aus Thüringen
Die Bildzeitung ist Deutschlands meist verkaufte Zeitung. Ein Zeichen für Qualität war sie nie. Wer aber dem Autor dieses Buches vorwerfen will, er bringe zu wenig Philosophie, der hat nicht verstanden, worum es dem Lyriker Neumann geht.
Er will erklären,
wie und warum Deutschlands führende Philosophen um 1800 in einer thüringischen Kleinstadt sich alle…mehrHistorische Bildzeitung aus Thüringen
Die Bildzeitung ist Deutschlands meist verkaufte Zeitung. Ein Zeichen für Qualität war sie nie. Wer aber dem Autor dieses Buches vorwerfen will, er bringe zu wenig Philosophie, der hat nicht verstanden, worum es dem Lyriker Neumann geht.
Er will erklären, wie und warum Deutschlands führende Philosophen um 1800 in einer thüringischen Kleinstadt sich alle versammelt haben. Ihm geht es weniger um Philosophie selbst – wer das will, kann ja Precht lesen. Neumann interessieren Klatsch- und Tratschgeschichten, die Feiern, wer mit wem flirtet, wessen Ehen geschieden werden, Krankheiten und der Tod.
Das gelingt, weil er nicht nur ein Jahr betrachtet, sondern abhängig von den Personen einen ganzen Zeitabschnitt behandelt. Fichte hat Jena schon 1799 unfreiwillig verlassen, genau wie Schiller, der freiwillig nach Weimar zieht, um Goethe näher zu sein. Außerdem werden Goethe und Schiller nicht zu den Romantikern gezählt. Jena aber steht für den Beginn der Romantik.
Eine wichtige Person ist Caroline Schelling, geb. Michaelis, verw. Böhmer, gesch. Schlegel, verh. Schelling. Manchmal spricht der Name schon Bände. Sie hatte auch Kontakt zu Georg Forster und so wird Jena mit der Mainzer Republik verknüpft. 1798 kommt sie mit August Schlegel nach Jena, im gleichen Jahr wie Schelling, der seinen Tübinger Freund Hegel (1801) ebenfalls später nach Jena kommen lässt. Hölderlin war schon 1794-95 in Jena und das Buch macht einen Abstecher ins Tübinger Stift zur Jugendzeit dieser drei.
1800 ist auch ein Schicksalsjahr, weil Augustine Böhmer, die Tochter von Caroline während eines Kuraufenthaltes in Bad Bocklet verstirbt. Auch Novalis erkrankt und stirbt 1801.
Der Krieg mit Napoleon ist da eher nur eine Randnotiz. Und bei so vielen berühmten Personen hätte ich fast Tieck oder Friedrich Schlegel mit Frau Dorothea vergessen.
Handwerklich ist dieses Buch ein Meisterwerk, da es die Vielzahl der handelnden Personen kunstvoll miteinander verbindet. Endlich mal wieder volle 5 Sterne. Einzig hätte der Verlag die Anmerkungen ruhig mit Fußnoten versehen können, damit man sie auch rechtzeitig liest, denn wie schon die SZ bemerkte, handelt es sich hier um ein Sachbuch.