- Dämonen der Geschichte - zwanzig renommierte Historikerinnen und Historiker erkunden eine Herrschaftsform
- Wo ein Tyrann herrscht, kann keine Freiheit sein
- Eine politische Tendenz zur Tyrannei in unserer Zeit ist auf dem Vormarsch
- Caligula (A. Winterling) Nero (M. Meier) Heinrich IV. (G. Althoff) Richard III. (A. Krischer) Katharina v. Medici (M. Garloff) Ibrahim «der Wahnsinnige» (Chr. Vogel) Ivan IV. «der Schreckliche» u. Peter I. «der Große» (J. Hennings) Friedrich Wilhelm I. (B. Stollberg-Rilinger) Napoleon Bonaparte (D. Schönpflug) Leopold II. (J. Seibert) Franco (C. Rothauge) Mao Zedong u. Jiang Qing (D. Leese) Pinochet (St. Ruderer) Idi Amin (A. Eckert) Mugabe (Chr. Marx) B. al-Assad (G. Steinberg) Kim Il Sung bis Kim Jong Un (E. Ballbach) Erdo?an (K. Konuk) Putin (Karl Schlögel) Trump (M. Hochgeschwender)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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Tyrannen unter sich: Ein Band versammelt zwanzig Porträts von mächtigen Männern quer durch die Weltgeschichte.
Von Stephan Speicher
Der Begriff des Tyrannen ist im zwanzigsten Jahrhundert aus der Mode gekommen, gewiss in der Staatstheorie, vermutlich auch im allgemeinen Sprachgebrauch. Man spricht noch vom Familien- oder Ehetyrannen, aber in der Politik wählt man andere Bezeichnungen. Wohl trug die erste große Hitlerbiographie, die Alan Bullocks, den Untertitel "A Study in Tyranny", aber das blieb ein Sonderfall. Die bildungssprachliche Behaglichkeit, die dem Wort anhaftet, der griechischen Tyrannis oder "Dionys, dem Tyrannen" aus Schillers "Bürgschaft" wurde wohl als Verharmlosung empfunden, wenn es um Hitler, Stalin oder Mao ging.
Doch seit einigen Jahren, so vermuten die Historiker André Krischer und Barbara Stollberg-Rilinger, wird wieder öfter vom Tyrannen gesprochen. Die Tyrannei ist etwas Fremdes, sie ist in fernen, unzivilisierten Weltgegenden zu Hause, für die Griechen unter den Barbaren, später für Europäer im Osten: die asiatische Despotie. Es liegt etwas tief Irritierendes darin, das scheint heute etwas zu treffen. Breschnew konnte man einordnen, er hatte im System seines Staates einen genau beschriebenen Platz. Putin ist demgegenüber eine wilde, unheimliche Erscheinung, Trump nicht minder.
So kann der Sammelband von Krischer und Stollberg-Rilinger über Tyrannen "von Caligula bis Putin" Aufmerksamkeit beanspruchen. Auf eine sehr knappe Einleitung folgen zwanzig Porträts von jeweils rund fünfzehn Seiten. Manche Beiträge sind nur biographische Skizzen, ergiebiger sind die, die ausdrücklich fragen, was einen Mächtigen zum Tyrannen machte. Klassische Kriterien sind Gewaltsamkeit, Verfolgung persönlicher statt allgemeiner Ziele, Ungesetzlichkeit. Genauer betrachtet: Der Tyrann missachtet überlieferte Rechte auf politische Teilhabe. Caligula ist das erste Beispiel. Im Prinzipat kam den Kaisern die politische Herrschaft zu, aber der Anschein republikanischer Verfasstheit und Tugend sollte doch gewahrt werden. Caligula verweigerte sich dieser "kollektiven Heuchelei" (Aloys Winterling), worin ein Wahrheitsmoment lag, aber auch eine scharfe Rücksichtslosigkeit gegen die senatorische Elite; nach vier Jahren Herrschaft wurde er umgebracht.
Heinrich IV., römisch-deutscher König, hatte gleichfalls die Mitwirkungsrechte der Großen, das heißt, des Adels, missachtet, welcher allerdings, anders als die Senatoren Roms, mehr als Kulisse war. Heinrichs Unwille, ihn zu hören, der nach den Grundsätzen des Lehnswesens zu "Rat und Hilfe" verpflichtet war - worin auch ein Recht lag -, rief einen Widerstand auf den Plan, der zu Gegenkönigtum und zeitweiliger Spaltung des Reiches führte; keinem seinem Vorgänger und Nachfolger ist das geschehen (Gerd Althoff).
Friedrich Wilhelm I. von Preußen, der "Soldatenkönig", hat sich selbst "tirang" genannt, und das war er im persönlichen Umgang: unbeherrscht, gewalttätig, schrecklich. Aber er war es auch in der Auseinandersetzung mit dem Adel und seinen angestammten Rechten: "Ich ruiniere die Junkers ihre Autorität." Bemerkenswert, wie günstig er dafür in der deutschen Geschichtsschreibung beurteilt wurde. Damit sei die Welt des Ancien régime verlassen und der Weg in eine moderne, rationale Staatlichkeit beschritten worden. Selbst der zivile Fontane lobte, dass der König "an die Stelle von Zerfahrenheit, selbstischer Vielherrschaft und Willkür Ordnung und Gerechtigkeit gesetzt" habe. Barbara Stollberg-Rilinger stimmt dem im Ergebnis auch zu, hält Friedrich Wilhelms Politik aber eher für einen Ausfluss seiner Obsessionen als für ein Ergebnis besonderer Weitsicht. An der Stelle hätte eine Diskussion des Despotismus größerer Könige wie Ludwig XIV. interessiert.
Dass Tyrannei auch das schlechte Alte zerschlagen kann, ist jedenfalls ein wiederkehrender Gesichtspunkt. Besonders interessant zeigt er sich im Falle Maos, den Daniel Leese behandelt. Dessen Gewaltherrschaft ist schon bald in der KP Chinas verglichen worden mit der Härte des Gründers des chinesischen Kaiserreichs, Qin Shihuang (259-210 vor Christus), die ihrerseits in der klassischen chinesischen Literatur eine Diskussion ausgelöst hatte: Waren die despotischen Mittel nötig? Und wenn ja, hätte er nicht nach Erreichen seiner Ziele vom despotischen auf den "königlichen" Weg wechseln müssen, der sich durch moralische Autorität und freiwillige Gefolgschaft auszeichnet? Mao selbst hat an diesen Diskussionen teilgenommen und ganz selbstverständlich 2000 Jahre alte Argumente für relevant gehalten.
Bei den jüngsten Tyrannen, die hier behandelt werden, fällt auf, dass sie auf eine glorreiche Vergangenheit rekurrieren, Erdogan mit einem "Neo-Osmanismus" (Kader Konuk), Putin, der von der Machtstellung der Sowjetunion oder des Zarenreichs träumt (Karl Schlögel), Trump, der Amerika "great again" machen möchte, auch wenn er sich dazu nicht näher äußert, denn "im Zentrum aller Überlegungen Donald Trumps steht einzig Donald Trump" (Michael Hochgeschwender).
Vor allem aber wird aus diesen letzten drei Beiträgen klar, wie sehr diese Politiker etwas ganz Neues, Unbekanntes darstellen. Schlögel beschreibt, wie stark Putin aus persönlichem Erleben des sowjetischen Zusammenbruchs handelt, "solche Wut, solche Maßlosigkeit des Ausdrucks, solche Verachtung" wie in seinen Auftritten seien nicht inszeniert. Wann hat es das zuletzt gegeben, dass ein Land mit seinem Herrscher identifiziert wurde: "Putin ist Russland und Russland ist Putin", so Wjatscheslaw Wolodin, Präsident der Duma. Damit hat sich eine verfassungsrechtliche Beschreibung erübrigt; das verbindet Putin mit Trump. Dessen Behandlung durch Hochgeschwender ist vielleicht der Höhepunkt des Buches, eine stark kondensierte, dabei nicht etwa stichworthafte Darstellung, die das Zerstörerische des Mannes beschreibt, aber auch das schon Zerstörte der amerikanischen Politik. Das Schauerliche an den dreien ist mit dem Wort Tyrann nicht schlecht bezeichnet.
André Krischer/ Barbara Stollberg-Rilinger (Hrsg.): "Tyrannen". Eine Geschichte von Caligula bis Putin.
C. H. Beck Verlag, München 2022. 352 S., Abb., geb., 29,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stephan Speicher
"Was zeichnet einen Tyrannen aus? Und wie haben sich die Vorstellungen unrechter Herrschaft mit der Zeit verändert? Das fragen sich Historikerinnen und Historiker in dem Buch 'Tyrannen. Eine Geschichte von Caligula bis Putin'."
Deutschlandfunk, Dieter Kassel
"Historiker analysieren die Herrschaft mächtiger Männer - mit überraschenden Ergebnissen"
Die ZEIT, Oliver Weber
"Gute Bücher beantworten Fragen. Bessere Bücher stellen Fragen. Dieses also ist ein ganz hervorragendes Buch."
Wiener Zeitung, Edwin Baumgartner
"Erweitert den geschichtlichen und politischen Horizont, wenn es um die Frage des Missbrauchs von Macht geht."
spektrum.de, Christian Hellmann
"Eine gewinnbringende Lektüre."
Damals, Dr. Philipp Deeg
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