Sam ist 53 Jahre alt, ihr Leben verläuft in geregelten Weißen akademisch geprägten Vorstadtbahnen. Sie hat einen freundlichen Mann, eine heranwachsende Tochter, einen netten Nebenjob und ein Haus sowieso. Doch schaut sie distanziert-abgeneigt auf sich und die Frauen um sie herum. Sie langweilen sie,
die postsexuellen Weißen Frauen in Hillary-Clinton-Hosenanzügen, die Sauvignon Blanc schlürfen, die…mehrSam ist 53 Jahre alt, ihr Leben verläuft in geregelten Weißen akademisch geprägten Vorstadtbahnen. Sie hat einen freundlichen Mann, eine heranwachsende Tochter, einen netten Nebenjob und ein Haus sowieso. Doch schaut sie distanziert-abgeneigt auf sich und die Frauen um sie herum. Sie langweilen sie, die postsexuellen Weißen Frauen in Hillary-Clinton-Hosenanzügen, die Sauvignon Blanc schlürfen, die Personal Trainer engagieren und Schönheitsoperationen in Betracht ziehen. Die einzige Aufregung ist die verhaltene Beunruhigung, dass Trump an die Macht kommt, und nicht Hillary, eine Frau, wie sie. In Sam brodelt es nicht nur körperlich, sie ist unruhig, schlaflos, ihr ist heiß und kalt. Mitten in der Kriminalitätsgeprägten Innenstadt kauft sie ein zerfallenes Haus und in einer Kettenreaktion verlässt sie Mann und Tochter.
Es ist doch erstaunlich, dass Frauenfiguren ab 50 als sexuelle und lebenshungrige Wesen selten untragisch geschildert werden. Deshalb feier ich jeden Roman, der diese Lücke schließt. Wer bis jetzt noch nicht an »Vladimir« von Julia May Jonas dachte, möge dies nun tun. Denn auch »Unberechenbar« ist ein amerikanischer Unterhaltungsroman, der viele gesellschaftlich wichtige Themen anreißt, der aus der Perspektive einer alternden Weißen Frau geschrieben ist, die sich einerseits befreit, andererseits in den Stereotypen stecken zu bleiben droht und deren Ernsthaftigkeit durch eine ordentliche Prise Humor gebrochen wird. Liebe Vladimir-Begeisterte, ihr werdet auch »Unberechenbar« mögen.