Es gibt viele Wege, sich Ungarn anzunähern, einer der besten ist es, die sog. Knabenlese zu verstehen bzw. die osmanische Besatzung und die daraus folgende Einstellung zum Islam zu begreifen. Islam und Kommunismus, Habsburger und viele anderen Herrscher sind in diesem Land durchgezogen und haben
ihren Geschmack hinterlassen.
Ungarn ist heute mit diesen leidvollen Erlebnissen ein…mehrEs gibt viele Wege, sich Ungarn anzunähern, einer der besten ist es, die sog. Knabenlese zu verstehen bzw. die osmanische Besatzung und die daraus folgende Einstellung zum Islam zu begreifen. Islam und Kommunismus, Habsburger und viele anderen Herrscher sind in diesem Land durchgezogen und haben ihren Geschmack hinterlassen.
Ungarn ist heute mit diesen leidvollen Erlebnissen ein selbstständiges Land mit Sinn für das Eigene, die Kultur und Heimat. Wer das begreift und vom deutschen Wahn nach Wiedergutmachung absieht, entdeckt in diesem Buch jene Grundlagen, die wirklich relevant sind.
Prof. Patzelt eröffnet mit Vorstellungsbildern über Ungarn aus unterschiedlichsten Perspektiven. Aus dem 19. Jahrhundert stammt das: „Immer wieder von Barbaren überfallen, auch selbst von barbarischer Herkunft, pflege jenes Ungarnvolk ungeschliffene Sitten und eine bäurische, gehobenen Konversationsansprüchen nicht genügende Sprache.“ Bis heute wirkt dies fort und geht über in die bekannten EU-Streitigkeiten, die Ungarn zu einem Sonderfall machen.
Das Buch entwickelt die Geschichte, das Regierungssystem und die politische Ausrichtung des Orban-Landes in spannender, wenig professoraler, gut verständlicher Sprache, ein echter Erkenntnis- und Lese-Gewinn. Professor Patzelt ist ein ganz seltener Fall von Verständlichkeit, die sich verbal ebenso treffend äußert wie schriftlich.
Die Osmanen haben in Ungarn wenig kulturelle Spuren hinterlassen. „Den Osmanen kann es nämlich vor allem auf gesicherte Machtausübung und wirtschaftliche Ausbeutung an, nicht auf eine geistige Hegemonie oder religiöse Missionierung.“ Nur wenige Ungarn konvertierten zum Islam. Trotzdem wurden Knaben von osmanischen Herrschern entführt und in die Armee überführt bzw. zu fanatischen Kriegern erzogen.
Die Revolution 1848 und ein Gedicht von Sandor Petöfi (1823-1849) fasst die Grundlage auch des heutigen Ungarn gut zusammen, es vermittelt den Umgang mit allen Partnern oder Institutionen:
„Auf die Heimat ruft, Magyaren!
Zeit Ist’s, Euch zum Kampf zu scharen,
Wollt ihr frei sein oder Knechte?
Wählt! Es geht um Ehr und Rechte!
Schwören wir beim Gott der Ahnen:
Nimmermehr
Beugen wir uns den Tyrannen!
Nimmermehr!“
Sachlich alle Punkte ansprechend bringt das Buch am Ende acht Deutungsschlüssel, ohne jedoch eine Sichtweise zu prägen - ein Urteil soll sich der Leser selber bilden. Ich dachte mir, in welchem deutschen Bundesland heute die meisten Menschen leben wollen? Es ist jenes, in dem ein Ministerpräsident vor dem bunt geschmückten Narrenschiff warnte, das heute in Berlin regiert. Oft wurde es von linken Medien als CSU-Halbdiktatur oder simulierte Demokratie bezeichnet. Ein Vergleich mit Berlin liegt nahe lässt die Schwierigkeiten einer Bewertung erkennen.