Chronik des Terrors
Carrère gehört zu meinen Lieblingsautoren und er hat mich wieder nicht enttäuscht.
Ein halbes Jahr saß er im Gerichtsgebäude, wo die Helfer der Attentäter aus Paris 2015 verurteilt wurden. Die Mörder haben sich bei den Anschlägen in die Luft gesprengt.
Eindringlich
beschreibt er das Leid der Angehörigen. Um das Wochenende zu feiern, sitzen sie noch an einem warmen…mehrChronik des Terrors
Carrère gehört zu meinen Lieblingsautoren und er hat mich wieder nicht enttäuscht.
Ein halbes Jahr saß er im Gerichtsgebäude, wo die Helfer der Attentäter aus Paris 2015 verurteilt wurden. Die Mörder haben sich bei den Anschlägen in die Luft gesprengt.
Eindringlich beschreibt er das Leid der Angehörigen. Um das Wochenende zu feiern, sitzen sie noch an einem warmen Novemberabend oder besuchen ein Rockkonzert im Bataclan. Dann werden sie grundlos niedergeschossen. Überlebende erzählen, sie hätten zunächst an eine Geiselnahme geglaubt, aber bald wird klar: Wer sich bewegt, wird erschossen. Nur am Stade de France scheitern die Terroristen, dennoch stirbt eine Reporterin.
Dann spricht der Autor über die Täter. Einer war wohl zu feige, seinen Sprengstoffgürtel zu zünden – oder war er doch ein Menschenfreund. Genau wissen, werden wir es nie. Andere haben den Terroristen blauäugig geholfen und haben nun den Salat. Begründung des Terrors: Frankreich habe ja Bomben auf Syrien geworfen und dort auch Unschuldige getötet.
Und dann natürlich die Angestellten des Gerichts, das Missverhältnis zwischen den Anwälten der Nebenklägern und den Pflichtverteidigern, die fleißigen Staatsanwälte und die anderen Besucher.
Nach „Die Postkarte“ das zweite Buch, das mich emotional sehr mitgenommen hat. 5 Sterne
Zitat: Im Gefängnis habe Salah Abdesalam oft Schach gespielt, doch habe er damit aufgehört, als ihm klar geworden sei, dass der Koran das verbiete. Auf den Pressebänken stürzen wir uns sofort auf unsere Handys, um zu prüfen, ob das stimmt. Es stimmt nicht. Der Prophet verbietet nur das Glücksspiel und dazu gehört Schach nun wirklich nicht. Der saudi-arabische Großmufti erklärte allerdings dennoch, Schachspielen sei hram, weil es Zeit und Geld koste und Hass unter den Spielern säe. (88)