Der amerikanische Schriftsteller Henry James (1843-1916), der ab 1876 seinen Wohnsitz allerdings in England hatte, war einer der produktivsten Autoren seiner Zeit. Mit seinem vielschichtigen Werk (u.a. 22 Romane) beleuchtete er vorrangig das viktorianische Zeitalter.
Sein Roman „Washington
Square“ (1880) spielt jedoch in New York um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Am dortigen Washington Square…mehrDer amerikanische Schriftsteller Henry James (1843-1916), der ab 1876 seinen Wohnsitz allerdings in England hatte, war einer der produktivsten Autoren seiner Zeit. Mit seinem vielschichtigen Werk (u.a. 22 Romane) beleuchtete er vorrangig das viktorianische Zeitalter.
Sein Roman „Washington Square“ (1880) spielt jedoch in New York um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Am dortigen Washington Square wohnt Dr. Austin Sloper mit seiner Tochter Catherine und seiner Schwester Lavinia. Sloper ist Witwer und ein angesehener und vermögender Arzt, eine stadtbekannte Persönlichkeit und darüber hinaus ein ehrenhafter Mann. Obwohl er ein „Damenarzt“ ist, hat er keine große Meinung vom weiblichen Geschlecht.
Sein ganzer Stolz und seine Sorge ist seine Tochter Catherine, die unter der Obhut seiner Schwester aufgewachsen ist. „Versuche eine kluge Frau aus ihr zu machen.“ Doch dann lernt die schüchterne und etwas naive Catherine den Abenteurer Morris Townsend kennen, der ihr den Hof macht. Morris ist zwar zehn Jahre älter, aber dennoch attraktiv. Er hat sich viel in der Welt herumgetrieben und dabei sein Vermögen durchgebracht. Nicht nur Catherine ist verliebt, auch ihre Tante ist von dem Bräutigam begeistert.
Sloper sieht in dem mittellosen Morris dagegen einen Mitgiftjäger und Nichtnutz. Um eine Heirat zu verhindern, geht er mit seiner Tochter auf eine zwölfmonatige Europareise. In dieser Zeit reift Catherine zu einer selbstbewussten Frau heran und als sie wieder in New York sind, hält Morris immer noch um ihre Hand an. Doch beide wissen, dass der selbstgerechte Sloper seine Tochter enterben würde, würden sie ihren Kopf durchsetzen. Da verlässt Morris New York geschäftlich für längere Zeit, was Catherine schwer enttäuscht.
Catherine bleibt unverheiratet. Trotzdem hat ihr Vater in seinem letzten Testament ihr Erbe gekürzt. Catherine und Tante Lavinia wohnen jetzt allein in dem Haus am Washington Square. Nach vielen Jahren kommt es zu einer erneuten Begegnung mit Morris, doch Catherine hat die Enttäuschung nicht überwunden.
„Washington Square“ ist ein Zeitdokument und zugleich ein Entwicklungsroman, der die Entwicklung Catherines zu einer stärker werdenden Frau beschreibt. Das erklärt auch, warum immer wieder längere erzählende Passagen eingebaut sind. Im Manesse Verlag liegt der Roman nun in einer Neuübersetzung von Bettina Blumenberg (mit Nachwort) vor. Eine Übersetzung, die Henry James als Analytiker und Meister des psychologischen Erzählens gerecht wird und dabei doch leichtfüßig ist. Wirklich lesenswert.