Eigentlich wollte David Wagner nur den Müll hinuntertragen, doch dann wird daraus ein Spaziergang durch das nächtliche Berlin: über die stille Kreuzung an der Zehdenicker Straße, dann die Schönhauser Allee und die Choriner Straße entlang … bis er wieder mit der Mülltüte daheim ist.
Das war der
Auftakt von Wanderungen kreuz und quer durch Berlin, die der Autor seit zwanzig Jahren unternimmt. Es…mehrEigentlich wollte David Wagner nur den Müll hinuntertragen, doch dann wird daraus ein Spaziergang durch das nächtliche Berlin: über die stille Kreuzung an der Zehdenicker Straße, dann die Schönhauser Allee und die Choriner Straße entlang … bis er wieder mit der Mülltüte daheim ist.
Das war der Auftakt von Wanderungen kreuz und quer durch Berlin, die der Autor seit zwanzig Jahren unternimmt. Es sind keine touristischen Spaziergänge, die mit Sehenswürdigkeiten oder Baudenkmälern von Spreeathen bekanntmachen. Wagner wollte keinen Stadt- und Architekturführer vorlegen, ihn interessieren vielmehr Baustellen, Weihnachtsmärkte, Imbissbuden oder leer stehende Gebäude.
Für den Autor geht die Faszination der Hauptstadt zu einem Großteil von den Straßen aus und so ist er ständig auf ihnen unterwegs, im Zentrum aber auch in den Randgebieten. Dabei findet er seinen eigenen Geh-Rhythmus. Und überall hält der flanierende Beobachter die Augen offen. Es ist sein unvoreingenommener und staunender Blick, der immer wieder etwas Neues entdeckt. Neugierig beobachtet er die Berliner und kommt mit ihnen ins Gespräch - sei es mit einem Gebrauchtwarenhändler oder einem Polizeibeamter im Dienst.
Meist wandert Wagner allein, manchmal in Begleitung - immer auf der Suche nach einer Antwort auf die Fragen „Was ist die Stadt? Welche Farbe hat Berlin?“ Mitunter sind es nur kurze Beschreibungen von Straßen, Haltestellen oder City-Toiletten. Er macht Halt an Currywurstbuden ebenso wie am Mahnmal für die ermordeten Juden oder an der U-Bahnstation Alexanderplatz.
Mit Interesse und Akribie beobachtet Wagner, wie sehr sich die Stadt nach der Wende verändert hat. Wo vorher gar nichts war, ist plötzlich alles frisch und neu. Und wo es vorher Fabrikanlagen gab, breitet sich nun Brachland aus.
Mit flottem, aber auch nachdenklichem Erzählstil werden der Alltag und der Wandel der Stadt erhellt. „Welche Farbe hat Berlin?“ ist eine persönliche Liebeserklärung an die Stadt. Obwohl man diese auf jeder Seite spüren kann, sollte man nicht anhand des Buches, bequem auf dem Sofa liegend, durch Berlin spazieren gehen. Die 224 Seiten sind vielmehr eine Aufforderung, sich selbst auf den Weg zu machen und seine eigenen Eindrücke zu sammeln.
Der vorliegende Band aus dem Verbrecher Verlag versammelt größtenteils unveröffentlichte Texte, die in den letzten Jahren entstanden sind. Die sicherlich positive Leserresonanz sollte dem Verlag Mut machen für weitere Veröffentlichungen.
Manfred Orlick