Einmal in die Antarktis reisen – wer wünscht sich das nicht? Für die Jugendliche Crash ist der Aufenthalt in einer verlassenen Forschungsstation allerdings keine freudige Urlaubsreise. Sie ist vorbestraft, und dieses Programm zur „Rehabilitation“ ihre letzte Bewährungschance. Begleitet wird sie
dabei von Betreuer Martin sowie fünf anderen Jugendlichen – dem dunkelhaarigen Dattel, der eigentlich…mehrEinmal in die Antarktis reisen – wer wünscht sich das nicht? Für die Jugendliche Crash ist der Aufenthalt in einer verlassenen Forschungsstation allerdings keine freudige Urlaubsreise. Sie ist vorbestraft, und dieses Programm zur „Rehabilitation“ ihre letzte Bewährungschance. Begleitet wird sie dabei von Betreuer Martin sowie fünf anderen Jugendlichen – dem dunkelhaarigen Dattel, der eigentlich Sinan heißt, Seven, der einst eine Berühmtheit war, von dem schüchternen Benny, der hübschen Fee und Kaya, die ein eindeutiges Drogenproblem zu haben scheint. Sie alle haben eine Vergangenheit, über die sie sich ausschweigen – und die sie dennoch in unerwarteten Momenten einholt. Die sechs erleben eine intensive Zeit, inklusive Robbenstreicheln und dem Sichten von Pinguinen und Walen. Jedoch haben die Jugendlichen nicht nur mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen, auch macht ihnen ein bisher unsichtbarer Einsiedler in den Tiefen der Forschungsstation das Leben schwer. Skrupellose Anschläge inklusive! Hinzukommend fühlt Crash sich zu Arvid hingezogen, einem deutschen Arbeiter der benachbarten russischen Forschungsstation. Als sie dann auch noch ein japanisches Schiff sichten, das vor ihren Augen Wale abschießt, geht das geplant geregelte Leben in der Station Neumayer III plötzlich drunter und drüber …
„White Zone“ ist ein Roman, der gleich mehrere Themen behandelt. Es geht um Jugendliche, die es bisher schwer hatten in ihrem Leben und in einer lebensfeindlichen Umgebung nun die Chance erhalten sollen, sich neu zu orientieren. Zudem handelt es von dem Alltag der Antarktisforscher und um diesen schneebedeckten, artenreichen und höchst faszinierenden Lebensraum im Allgemeinen. Was ebenfalls nicht zu kurz kommt: Tierschutz und der sorgsame Umgang mit der Natur. Wer nun allerdings der Ansicht ist, inmitten dieser zahlreichen Themen komme das Abenteuerliche zu kurz, der hat sich getäuscht. Mit der Spannung wird nicht zu sparsam umgegangen, was an mehreren Faktoren liegt. Zum einen ist es beeindruckend und emotional, den Werdegang der sechs Jugendlichen mitzuverfolgen. Zum anderen sorgen regelmäßige Spannungshöhepunkte für Atemlosigkeit. Die Wendungen sind meisterhaft eingefädelt.
Die Atmosphäre ist absolut einmalig und rührt von der weiten, weißen Ebene der Antarktis her, von Stürmen und eisiger Kälte. Der Schauplatz weckt eine sofortige Reiselust. Das Land wird von vielen Seiten beleuchtet, nicht nur seine Unwirtlichkeit, auch seine Artenvielfalt. Der Leser begegnet Robben, Pinguinen, Walen und Füchsen (die in der Geschichte allerdings aus einem anderen Land eingeschleppt sind) und erlebt das dortige Klima beinahe hautnah mit, als sei er selbst dort anwesend. Eine erinnerungswürdige Reise in ein fernes Land, in das man nicht eben mal mit dem Flugzeug einreisen kann!
Die Individualität der Geschichte wird überdies von den Charakteren gefördert. Anfangs befürchtete ich, bei den vielen Figuren durcheinanderzukommen, aber das war nicht der Fall. Ich konnte mir ihre Gesichter und Namen sehr schnell einprägen, da sie alle über einzigartige Erkennungsmerkmale verfügen. Jede einzelne Figur ist unglaublich facettenreich und authentisch. Sie alle haben sowohl ihre Stärken und Schwächen. Im Laufe der Handlung “entpuppen“ sich alle, bis ihre äußere Fassade wegbröckelt und der Leser auch ihr sensibles Inneres zu Gesicht bekommt. Dieser Vorgang ist sehr mitreißend. Man leidet und fiebert nicht nur mit Crash mit. Ich habe mich immer wieder aufs Neue gefreut, das Buch aufzuschlagen.
Der Schreibstil sorgt für einen durchgehenden Flow. Er verdeutlicht nicht nur das Wissenschaftsleben inmitten des Eises, auch tritt durch ihn die Gefühlswelt der Figuren sehr eindeutig zutage. Er ist eine schöne Mischung aus poetischer, vergleichshaltiger Beschreibung und flüssig zu lesender Wissenschaftssprache. Was ebenfalls sehr deutlich dargestellt wird, ist der heikle Drahtseilakt zwischen den brutalen Taten von Tierquälern und den Unternehmungen, die man dagegen führen darf. Wie weit darf man gehen, um solche Leute zu stoppen? Ist es in Ordnung, sich an der Grenze zur Illegalität zu bewegen oder vielleicht sogar darüber hinaus? Dieser innere Konflikt ist ein wichtiger Bestandteil des Buches.
„White Zone“ hat mich auf jeden Fall sehr gefesselt. Es ist ein Buch mit vielen Facetten, das den Leser sowohl auf emotionaler als auch auf aufklärender und kämpferischer Ebene abholt. Es behandelt sensible Themen, ist aber kein klassisches “Tierschutzbuch“ oder “Umweltbuch“, in dem aus dem Text der erhobene Zeigefinger hervorgeht. Da es in der Zukunft spielt, weist Katja Brandis viel eher darauf hin, wie es zukünftig sein könnte und wie man dem entgegenwirken kann. Die zeitgleich ablaufenden Einzelschicksale der Protagonisten, die man aufgrund ihrer Authentizität einfach ins Herz schließen muss, runden den Roman ab und machen ihn zu einer abwechslungsreichen Lektüre, die sich definitiv nicht an Klischees bedient.