fantasievolles Universum, das, anders als man es bei einem Teenager vermuten würde, von Figuren bevölkert ist, die nur wenig mit den Erfahrungen eines Schülers zu tun haben. All diese lebendigen und eigenwilligen Charaktere, die eindringlichen Bilder, die schnörkellos glänzende Sprache und die erzählerische Kraft lassen schon im jungen Truman Capote die ganz besondere Stimme des älteren Capote erkennen.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Truman Capote war ein Wunderkind. Kein&Aber-Verleger Peter Haag und seine Frau Anuschka Roshani spürten im Sommer 2014 in Capotes Nachlass in der Public Library in New York zwanzig zumeist unveröffentlichte Geschichten auf, die Capote im Alter zwischen 14 und 17 Jahren geschrieben hat. Und man kann ohne Übertreibung sagen: Der jetzt auch auf Deutsch erschienene Band, der 14 der frühen Erzählungen enthält, ist eine Sensation.
Man hat immer gewusst, dass Capote sehr früh zu schreiben begonnen hat. Er selbst behauptete, mit neun oder zehn beschlossen zu haben, Schriftsteller zu werden. Und im Gegensatz zu vielen anderen Kindern, die ähnliche Ambitionen haben, wusste er, was das bedeutet: harte Arbeit. Seit er acht war, saß er nach der Schule hinter der Schreibmaschine. Und seine frühen Typoskripte zeigen, dass er die Sache ernst nahm. Capote änderte und strich, versah die Blätter mit Randbemerkungen, mit strengem Blick beurteilte er sich selbst. Nichts hatte das alles mit der Selbstverliebtheit dilettierender Heranwachsender zu tun, die sich in der Pose des Künstlers gefallen. Hier war ein professioneller Schriftsteller am Werk, der mit 14, 15, 16 bereits auf mehrere Jahre Schreiberfahrung zurückblicken konnte.
Das zeigt sich jetzt in den frühen Erzählungen. Da hat er seinen Ton, mit dem er dann in "Other Voices, Other Rooms" ("Andere Stimmen, andere Räume") und "The Grass Harp" ("Die Grasharfe"), seinen beiden ersten Romanen, die literarische Welt Amerikas und Europas begeisterte und der den Mittzwanziger über Nacht berühmt machte, bereits gefunden. Diesen genauen, poetischen Ton, in dem er Seelenregungen beschreibt und mit dem er die ungeheure Präsenz schafft, die seine Figuren, Räume, Landschaften haben. Vielleicht erkennt man einen großen Schriftsteller zuallererst daran: dass er vom ersten Satz an da und spürbar ist. Capotes kraftvolle Sensibilität und Poesie sind das Erstaunliche. Und die Liebe zu seinen Figuren. Er verrät nie, er stellt nicht bloß. Schon als junger Mann weiß er so viel. Er ist ein Seelenbeobachter, der keine großen Worte macht. Aber da sind sie dann, als gehörten sie zu uns, die alte Miss Belle Rankin, die ihre Quittenbäume liebt, die eifersüchtige Ethel, die ihre Mitschülerin verrät, und der kleine Teddy, der sich nach seiner Mutter sehnt.
Bettina Hartz
Truman Capote: "Wo die Welt anfängt". Aus dem Englischen von Ulrich Blumenbach. Kein & Aber, 160 Seiten, 18,90 Euro
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