Bella (Anna Thomson) hat bald Geburtstag - ein Tag, an den sie nur mit Grauen denkt. Mit 35 Jahren wollte sie ihrem Single-Leben längst Adieu gesagt haben. Doch in der pulsierenden Metropole New York ist Bella bislang noch nicht ihr "Mr. Right" begegnet. Also trifft sie sich weiterhin mit ihrem verheirateten Lover George, mit dem sie immerhin schon 12 Jahre zusammen ist. Doch dann begegnet ihr der Schriftsteller Bruno (Jamie Harris). Das "blind date" entpuppt sich als ziemlich netter Typ, charmant und gut aussehend, und vor allem noch zu haben. Um Bruno nicht zu vergraulen, schlägt Bella eine andere Taktik ein: Sie gibt sich cool, Heirat oder Kinder kämen für sie nicht in Frage. Ein herber Schlag für Bruno. Er findet Bella zwar unwiderstehlich, aber Bruno ist Familienmensch aus Überzeugung.
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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-MenüDen Räumen Tiefe, den Dingen Kontur, den Personen Profil geben: Das Filmfestival in Mannheim und Heidelberg
"Am Anfang war das Chaos, dann wurde Licht": Lapidar verknappt der griechische Regisseur Theo Angelopoulos den Schöpfungsmythos. In seinem Film "Landschaft im Nebel" wird die knappe Formel, wiederholt beschworen, zum Hoffnungsschimmer für die beiden Kinder bei ihrer vielleicht aussichtslosen Vatersuche. "Am Anfang war das Chaos, dann wurde Licht": Lapidar definiert dies zugleich die Filmkunst als Lichtspiel. Angelopoulos illustriert diese Definition in vielen seiner Filme, wenn plötzlich inmitten von Nebel oder chaotischer Finsternis ein heller Spalt sich auftut, ausstrahlt und visuelle Wunder wirkt. Wenn der Regisseur die Welt ins rechte Licht rückt, kann er den Räumen Tiefe, den Dingen Kontur, den Personen Profil geben und dem Zuschauer die Augen öffnen.
Der 1935 geborene Regisseur, der jede Recherche in eine Parabel verwandelt, war mit einer Retrospektive der prominente Gast zu Beginn des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg in seiner siebenundvierzigsten Auflage. Angelopoulos gab persönlich Auskunft, vor allem über seine "Trilogie der Grenzerfahrungen", die jüngst mit dem in Cannes prämiierten Endspiel "Die Ewigkeit und ein Tag" ihren so schmerzhaften wie strahlenden Schlußpunkt fand, wie nun in Mannheim in deutscher Erstaufführung zu sehen war. Mehr noch: Angelopoulos, der 1970 mit seinem Debüt "Rekonstruktion" in Mannheim entdeckt wurde, war das leuchtende Beispiel, daß Konzept und Kalkül dieses Festivals manchmal aufgehen. Denn der Wettbewerb von Mannheim-Heidelberg gibt programmatisch jeweils namenlosen Talenten von heute eine Chance, in der Hoffnung, dabei große Namen von morgen zu entdecken.
Als Festivaldirektor konnte Michael Kötz sich glücklich schätzen, diesmal mit dem griechischen Künstler ein Vorzeigeexemplar zu haben, das diese Hoffnung beglaubigt. Nicht gezeigt wurde allerdings der Debütfilm des Griechen, der adäquate Vergleich für die diesjährigen neuen Talentproben, rund hundert Filme, darunter dreizehn Spielfilme und fünf Dokumentationen im Wettbewerb.
Nach dem grandiosen Auftakt schien die Meßlatte so hoch zu liegen, daß der Nachwuchs dagegen erst einmal abfiel. Manche Beiträge enttäuschten durch Anfängerchaos, andere durch wenig erleuchtete Fixierung auf Genres. Kleingangsterfilme, in trüben Ghettos in Pennsylvania, Texas oder Kalifornien, in Bulgarien oder England angesiedelt, verendeten oft in blindwütigen Exzessen von Gewalt und Sex, Blut, Tränen und Drogen.
Immerhin kann Stewart Suggs britischer Wettbewerbsbeitrag "Fast Food", der Misere und Erpreßbarkeit jugendlicher Londoner Arbeitsloser in Szene setzt, sich kurz dem Niveau seines Vorbilds Mike Leigh annähern, ehe er der Effekthascherei erliegt. Frédéric Fonteynes belgischer Film über ein arbeitsloses Zweigespann, einen eleganten Friseur und einen tapsig bärenhaften Überlebensakrobaten, schillert interessant zwischen Sozialstudie, Gauner- und Charakterkomödie. Doch mit dem großen Spielfilmpreis des Festivals (30000 Mark) wurde "Max et Bobo" überbewertet: Der Film ist ein kleines Bravourstück für die beiden Hauptdarsteller, kein großer Wurf.
Die beliebten Road-Movies wurden bisweilen als Selbstläufer mißverstanden. Filme wie Stan Schofields amerikanische Raserei in den Tod "Cost of Living" oder Júlíus Kemps isländische Geisterfahrt "Blossi/810551" fangen gerne Schauwerte von Landschaften ein, ohne sie in genaue Beziehung zu den Konflikten ihrer Tramps zu setzen. Das originellste Road-Movie steuerte der senegalesische Regisseur Moussa Touré bei. Abgründig munter schildert "TGV" eine Linienbusreise von Senegal nach Guinea, die zugleich in Widersprüche afrikanischer Geschichte und Gegenwart einführt, wenn unterwegs ein argloses weißes Ethnologenpaar von einem medienversierten Stammeshäuptling als Geisel genommen wird und ein gestürzter senegalesischer Minister auf der Flucht den nächsten korrupten Karrieresprung ausheckt.
Beziehungsgeschichten, in reicher Auswahl zu sehen, wurden durch patriarchalische Traditionen kompliziert, wie in Hiner Saleems kurdisch-französischer Emanzipationskomödie "Vive la mariée et la libération du Kurdistan", oder durch Schwangerschaftskonflikte beschwert. Die russischen "Geburtsstunden" (Spezialpreis der Jury) sehen das Glück zu zweit in der Beziehung zwischen Mutter und Baby: Larisa Sadilova stellt in diesem halbdokumentarischen Film die altmodischen Verhältnisse in einer typisch russischen Geburtsklinik nach, in der die Frauen von der Außenwelt und ihren Männern isoliert werden.
Ausgerechnet ein mittelmaßgeschneidertes amerikanisches Lustspiel errang diesmal den Fassbinder-Preis, der eigentlich ästhetischen Wagemut auszeichnen sollte: Sandy Tungs "Confessions of a Sexist Pig" beginnt nach klassischem Komödienmuster mit einer These und endet mit deren Widerlegung samt Bekehrung der Hauptfigur. Männer, so behauptet da der Serienstar Jack eingangs, brauchten vor allem Flirts und Sex mit wechselnden Partnerinnen. Doch beim nächsten Drehtermin trifft er auf eine neue Schauspielerin, die, um ihn zu provozieren, ähnliche Maximen wie die seinen für Frauen in Anspruch nimmt, bis er sich in sie verliebt und zur exklusiven Liebe bekennt. Nur im gelegentlichen Vexierspiel zwischen Schein und Sein, zwischen Einstellungen der Soap Opera und Alltagsszenen liegt hier ein gewisser Reiz und Witz.
Läßt sich nur gefälligen Wettbewerbsbeiträgen wie den mit den Hauptpreisen bedachten Unterhaltungsfilmen "Max et Bobo" und "Confessions of a Sexist Pig" über das Festival hinaus Resonanz sichern? Der in Mannheim angebotene "Market Service", der diesmal mehr Verleiher und Fernsehredakteure denn je zum Festival lockte, will im Gegenteil gerade auch sperrige Independents auf den Bildschirm oder die Leinwand bringen. Zudem besteht grundsätzlich eine Sendegarantie des Südwestdeutschen Rundfunks für den jeweils preisgekrönten Dokumentarfilm, diesmal für Yoshihisa Shigenos psychologisch scharfsichtiges Porträt "Fatherless".
Darüber hinaus setzt die traditionsreiche Mannheimer Veranstaltung unter dem wachsenden Konkurrenzdruck ähnlicher Festivals mehr und mehr auf eine Zweigleisigkeit von Programm und Talentbörse. In diesem Jahr wurden die gutbesuchten "Coproduction Meetings", die Regisseure und Produzenten zusammenführen, erstmals vom Brüsseler "Media Program" unterstützt. Sechs der im vorigen Jahr geplanten Filme wurden oder werden inzwischen realisiert. Wieweit alle diese Initiativen tragen, wird sich erst beurteilen lassen, wenn die Filme - vielleicht nächstes Jahr in Mannheim - zu sehen sind.
Denn am Ende geht es weniger um Aktivitäten als um Qualität. Die beiden ästhetisch kühnsten Produktionen des diesjährigen Wettbewerbs waren der estnische Film "Georgica" von Sulev Keedus und das amerikanische Debüt "Brother Tied" von Derek Cianfrance, dem die Ökumenische Jury ihren Preis zuerkannte. Im Wechsel von Schwarzweißsequenzen und farbigen Rückblenden kreist "Brother Tied" subtil und intensiv um Autonomie und Abhängigkeit unter Brüdern. Als bei einer Party ein farbiger Friseur besitzergreifend die Hand auf Carls Oberarm legt, wähnt dessen großer Bruder Aaron, auf den ersten Blick gegen den neuen Freund aufgebracht, homoerotische Verführung und warnt Cal, bis die Brüder sich entzweien. Doch der Friseur, der Cal in seine Wohnung und in sein Geschäft aufnimmt, gefällt sich nur in Beschützergesten und berät Cal bei dessen Liebesgeschichte mit einer zögerlichen Schönen. Als die Brüder sich nach einjähriger Trennung endlich wieder versöhnungsbereit in die Arme fallen, muß Cal, über Aarons Schulter blickend, in dessen neuer Freundin ausgerechnet die Schöne erkennen, die ihn sitzen ließ. Cianfrances Film besticht durch genaue Choreographie der zweifachen Dreieckskrisen und durch ein Zeichensystem von Detailaufnahmen und Fragmenten, die der fatal selektiven Wahrnehmung aller Beteiligten entsprechen. Wenn der Film auf wenigen Grundmotiven beharrt, die er in leichten Variationen vorantreibt, wirkt er bisweilen wie ein visualisierter Blues.
Eine präzise dokumentarische Schulung und ein Reflex von Tarkowskis Visionen prägen in "Georgica" die Bilder des Regisseurs Sulev Keedus. Auf einer Insel, die als militärisches Sperrgebiet evakuiert wurde, lebt da als einziger Bewohner der ehemalige Missionar Jakub. Einerseits hat er jeweils auf telefonischen Befehl die Trefferquote der Bomber zu kontrollieren, andererseits widmet er sich abseits der Manöver der Bienenzucht, der Ernte und dem Fischfang, bisweilen nach Mustern seines Lieblingsbuchs, der "Georgica" Vergils, die ebenfalls die Freuden des Landlebens auf der Negativfolie des Kriegs feiern. Schritt für Schritt entfaltet sich die Spannweite von Jakubs Aktionsradius, wenn er einen Jungen vom Festland, der als Sozialfall auf die Insel abgeschoben wird, in seine Aufgaben einführt. Der Junge, vernachlässigt, verstört und verstummt, lernt auf der Insel erstmals Rituale und einleuchtend nützliche Tätigkeiten kennen. Als Jakub Opfer eines Manövers wird, lehrt die Not den Jungen wieder sprechen.
"Georgica" ist ein Film über die letzten Zipfel freier Natur am Rande von Planquadraten, mehr noch: über das intensive Leben am Rande von Katastrophen. Wenn Keedus in klugen Einstellungen Innen- und Außenwelt seiner beiden Figuren aufeinander bezieht, klären sich Spannungen und Hoffnungen des Films in der expressiven Beleuchtungsdramaturgie: Wo viel Schatten ist, ist auch Licht. EVA-MARIA LENZ
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