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1996 - Oscar: Bester fremdsprachiger Film
Prag 1988: Der regimkritische, hochbegabte Cellist Louka ( Zdenek Sverak) kämpft sich mehr schlecht als recht durch´s Leben. Um ein wenig Geld extra zu verdienen, lässt sich der eingefleischte Junggeselle dazu überreden, eine Scheinehe mir einer Russin einzugehen. Als sich diese in den Westen absetzt, lässt sie ihren kleinen Sohn Kolya zurück und Louka wird plötzlich zum Vater wider Willen. Für beide eine schwere Situation, zumal sie nicht die gleiche Sprache sprechen. Doch trotz allem entwickelt sich eine tiefe Freundschaft...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl
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Produktbeschreibung
1996 - Oscar:
Bester fremdsprachiger Film
Prag 1988: Der regimkritische, hochbegabte Cellist Louka ( Zdenek Sverak) kämpft sich mehr schlecht als recht durch´s Leben. Um ein wenig Geld extra zu verdienen, lässt sich der eingefleischte Junggeselle dazu überreden, eine Scheinehe mir einer Russin einzugehen. Als sich diese in den Westen absetzt, lässt sie ihren kleinen Sohn Kolya zurück und Louka wird plötzlich zum Vater wider Willen. Für beide eine schwere Situation, zumal sie nicht die gleiche Sprache sprechen. Doch trotz allem entwickelt sich eine tiefe Freundschaft...

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DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.07.1997

Es ist doch alles Gold in Prag
In Jan Sveráks Spielfilm "Kolya" findet ein Musiker seinen Sonnenschein

Selten hatte die Goldene Stadt auf der Leinwand eine solche Leuchtkraft. Wenn die Abendsonne hinter den Dächern versinkt, scheint die Luft angefüllt von einem flirrenden Staub, der noch in die dunkelste Ecke dringt und seinen Glanz dort verbreitet. Mitten am Tag ist das Licht greller und härter, doch wenn es durch das Fenster fällt und sich in einem Bierglas bricht, verwandelt sich das abgestandene Getränk in ein kostbares Lebenselixier. Mit einer Tinktur, die ein Vermögen kostet, zeichnet der Held des Films auf den Friedhöfen der Stadt die verwitterten goldenen Inschriften nach. Selbst im Reich der Toten setzt "Kolya" Leuchtzeichen.

"Das Märchen wird zuletzt immer golden, genug Glück ist da", schreibt Ernst Bloch und erklärt, es seien "die schon vorhandenen revolutionären Elemente, welche über die gegebenen Stränge fabeln". 1988 ist in Prag jene Revolution nicht mehr fern, die später die samtene genannt wird. Diesen Stoff haben Drehbuchautor Zdenek Sverák und Regisseur Jan Sverák, Vater und Sohn, aufgegriffen und mit goldenen Fäden durchwirkt. Frantisek Louka (gespielt von Sverák senior) wohnt im Turmgeschoß eines Hauses und hat sich dort ein kleines Luftschloß geschaffen. Weit über dem Boden der spätsozialistischen Tatsachen ist es so schön, daß auch die Tauben auf den Fenstersimsen den märchenhaften Ausblick genießen.

Früher war Frantisek Cellist an der Philharmonie, doch nachdem er bei einer offiziellen Befragung eine freche Antwort gab, wurden andere Saiten aufgezogen. Nun darf er nur noch auf Beerdigungen spielen. Wer den Bogen einmal überspannt hat, kann fortan ungeniert über die Stränge schlagen, denkt sich Frantisek. Fast sechzig und kein bißchen weise, findet Frantisek bei jeder Frau die richtige Tonlage. Das Vorspielen ist noch nicht zu Ende, da ist das Vorspiel schon im Gange.

Wie geblendet ist Frantisek, der sich in seinem beschaulichen Dasein eingerichtet hat, als er eines Tages die Tür öffnet: Strahlend weiße Kittel tragen die beiden Männer, die das Kind bei ihm abliefern. Kolya (Andrej Chalimon) ist der Sohn einer Russin, die Frantisek vor kurzem für viel Geld zum Schein geheiratet hat, um ihr tschechische Papiere zu verschaffen. Nun ist sie in den Westen verschwunden. Vater werden ist nicht schwer: Die einzige Frau, mit der Frantisek die Nacht verbracht hat, ohne mit ihr zu schlafen, hinterläßt ihm einen Sohn.

Weil Kolya kein Tschechisch spricht, ruft Frantisek eine seiner Freundinnen an, damit diese dem Jungen am Telefon ein Märchen aus der Heimat vorliest. Kolya ist so verzaubert von der Erfahrung, wie nah das Ferne rücken kann, daß er später angesichts eines Duschkopfs hofft, der Erzählfluß möge wieder strömen. Wie im Märchen befindet sich die Dingwelt in diesem Film in einem Zustand fortlaufender Metamorphose. Wenn sich selbst die Gebrauchsgegenstände weigern, in ihrer Funktion aufzugehen, kann es bis zum Umbruch nicht mehr lange dauern.

Als Frantisek seine Mutter auf dem Land besucht, läuft Kolya zu einer sowjetischen Militärkolonne, die vor dem Haus zum Stillstand gekommen ist. Die Soldaten bitten um Wasser, Frantisek erklärt, es gebe einen Rohrbruch. Kolya läuft zur Spüle und entlarvt diese Behauptung, ohne es zu wollen, im Handumdrehen als Lüge. Der Film setzt das Kind keineswegs nur ein, um vom Bonus seiner Niedlichkeit zu profitieren. Es bringt auch immer wieder die Verhärtungen zum Vorschein. Einer polizeilichen Vorladung, während deren Frantisek über seine Ehefrau Auskunft geben muß, gibt die Kamera eine noch größere Bedrohlichkeit, indem sie gelegentlich die Perspektive des Kindes einnimmt.

Zudem enthüllt in dieser Szene das Bürolicht, das den Gesichtern die Farbe nimmt, die bisherige warm-romantisierende Ausleuchtung als falschen Schein. Die märchenhafte Verklärung ist die Sicherheit, in die uns der Film wiegt, um uns ihrer jäh zu berauben. Am Ende, nach der Revolution, wird Kolya von einem auf den nächsten Tag aus Frantiseks Leben gerissen: Die Mutter holt ihren Sohn zu sich. Doch bevor Held und Film sentimental werden können, schließen sich die mechanischen Türen am Flughafen. Doch so traurig endet die Geschichte nicht. Zu lange hat man auf einen Film wie "Kolya" warten müssen, um nicht zu glauben, daß zumindest ein kleines Wunder möglich ist. LARS-OLAV BEIER

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