Selten hat mich ein Buch so berührt und mitgerissen wie „Bestie“. Schon nach wenigen Seiten war ich vollkommen in der Geschichte gefangen und von Kapitel zu Kapitel wurde die Handlung immer mitreisender. Joana Junes Sprache ist präzise, atmosphärisch und voller Zwischentöne, sodass man sich
unmittelbar in Anouks und Delias (bzw. Lillys) Welt wiederfindet. Gerüche, Geräusche, Gefühle und Gedanken…mehrSelten hat mich ein Buch so berührt und mitgerissen wie „Bestie“. Schon nach wenigen Seiten war ich vollkommen in der Geschichte gefangen und von Kapitel zu Kapitel wurde die Handlung immer mitreisender. Joana Junes Sprache ist präzise, atmosphärisch und voller Zwischentöne, sodass man sich unmittelbar in Anouks und Delias (bzw. Lillys) Welt wiederfindet. Gerüche, Geräusche, Gefühle und Gedanken sind so spürbar, dass man meint, selbst Teil der Handlung zu sein.
Was dieses Buch für mich so besonders macht, ist die enorme Vielschichtigkeit. Die Figuren sind nicht glatt oder eintönig, sondern kantig, widersprüchlich sowie echt. Sei es Lillys Drang nach Zugehörigkeit und ihre Bereitschaft, dafür Grenzen zu überschreiten oder Anouks Zerbrechlichkeit und ihre soziale Isolation - all das wird mit großer Ehrlichkeit erzählt. Ich habe mich in vielen Momenten zum Teil selbst wiedererkannt. Egal, ob es die Angst ist allein zu sein oder der Wunsch Teil von etwas zu werden. Dies sind wahrscheinlich Empfindungen, die jeder bereits erlebt hat, jedoch heben die Protagonistinnen dies nochmal auf eine andere Ebene.
Hinzu kommt eine thematische Tiefe, die weit über das Persönliche hinausgeht. Joana June wirft einen kritischen Blick auf die Fassade von Social Media ohne dabei zu moralisieren. Gleichzeitig verneigt sie sich spürbar vor der Kraft von Literatur, Theater und Sprache. Frauen stehen im Mittelpunkt, mit all ihren Stärken und Schwächen ohne dass männliche Figuren völlig außen vor bleiben. Gerade diese Balance macht den Roman so überzeugend.
Lesende sollten sich auf emotionale Achterbahnfahrten einstellen. Wendungen und Konflikte überraschen, machen wütend, traurig, aber auch nachdenklich. Besonders spannend finde ich die Interpretationsspielräume diverser Figuren und Wörter. An dieser Stelle möchte ich jedoch nicht spoilern, sondern die Tür offen halten für alle, die die Reise in Anouks und Delias Welt noch vor sich haben.
Auch das zwischenmenschliche Verhältnisse, besonders zwischen Anouk und Delia, haben mich beeindruckt. Die Art, wie beide miteinander umgehen, stellenweise zueinanderfinden, war fragil, realistisch und berührend. Es ist ein vorsichtiges Annähern auf Augenhöhe, was solidarisch, ehrlich und mit offenem Herzen stattfindet.
So vielschichtig wie die Figuren ist auch das Ende: nicht abrupt, aber schneller als erwartet. Alle wichtigen Fragen wurden geklärt, dennoch blieb in mir der Wunsch nach mehr. Manche Aspekte hätten gerne weiterentwickelt werden dürfen und das sage ich als jemand, der offene Enden sonst liebt. Ich wollte diese Welt einfach noch nicht verlassen, denn Delia/Lilly und Anouk sind mir im Laufe der Seiten tief ans Herz gewachsen.
Der Titel „Bestie“ ist so viel mehr, als er auf den ersten Blick erahnen lässt. Das Buch und die Welt ist es auf jeden Fall wert , dass man in sie eintaucht und sich in ihr verliert. „Bestie“ steht für Freundschaft, aber auch für so viel mehr.
Für mich ist „Bestie“ eines der stärksten Bücher des Jahres 2025. Ein Roman, der emotional aufwühlt, intellektuell fordert und sprachlich beeindruckt. Ich bin mir sicher, dass ich beim erneuten Lesen noch viele Nuancen und Metaphern entdecken werde. Ein Werk, das bleibt und das man gerne mehr als einmal lesen möchte.