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Die übliche Geschichte bei Philip Roth, und doch ist sie immer neu: Ein alternder Gelehrter - in diesem Fall ein amerikanisches Pendant zu Marcel Reich-Ranicki - kann es nicht lassen; immer wieder macht er sich an seine Studentinnen heran, deren jugendlichem Charme er sich nicht entziehen kann. Seine Virilität aber scheint in Kombination mit seiner intellektuellen Autorität unwiderstehlich zu wirken: Immer bekommt er was er will.
Die Katze und der Goldfisch
Auch die begehrenswerte Kubanerin Consuela Castillo vermag der routinierte Verführer in sein Bett zu locken. Doch irgendwas ist bei ihr anders als bei seinen üblichen Affären. Man bemerkt es schon zu Beginn des Romans, als er ausschweifend Consuelas Schönheit schildert. Er gerät bereits bei der Schilderung ihrer Kleidung außer Atem und bewegt sich hart am Rande des Kitsch, als die Reihe an ihrer seidenen Unterwäsche oder ihren großen Brüsten (BH-Größe D) ist. Mit Hilfe roher sexueller Brutalität gelingt es ihm im Laufe ihrer gemeinsamen Affäre, Consuelas Leidenschaft zu wecken. Doch diese ist eine gelehrige Schülerin, und so wird der sexuelle Dominator zum Dominierten: "Ich war die Katze, die den Goldfisch beobachtet. Nur dass es in diesem Fall der Goldfisch war, der die Zähne hatte."
Die pornografische Qual
Eifersucht heißt das Gift, das sie ihm einflößt, und unter dem er von nun an leiden wird: "Ein junger Mann wird sie finden und sie mir wegnehmen." Dieser junge Mann ist er selbst, nur 40 Jahr jünger. So beginnt die "pornografische Qual": "Einem anderen, der man ein einst selbst war, dabei zuzusehen." Machtlos und voll Begehren zu sehen, wie ein anderer zum Dominator der Frau wird, von der man dominiert wird. Diese Qual ist die Kristallisation des eigentlichen Problems: das Bewusstsein zu altern.
Die Memoiren eines Besessenen
In seinem Roman Das sterbende Tier ist Philip Roth am tiefen Grund der ungeschminkten Wahrheit um sexuelle Faszination und Besessenheit angelangt. Die Geschichte des telegenen Literaturkritikers scheint ihm nur dazu zu dienen, dem Leser seine Erkenntnisse über die Sexualität, das Altern und das Leben mitzuteilen. Dabei wendet sich der Ich-Erzähler manchmal auch direkt an den Leser, der fiktiv bei ihm auf der Couch sitzt und zu seinem Vertrauten wird. Roth hat hier die Memoiren eines Besessenen geschrieben. Ungeschminkt und fern jeder Illusion.
(Andreas Rötzer)
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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