Paul Richardot ist Parfumeur und versucht sich nun auch noch als Schriftsteller. Sein Debüt "Der Duft" wird beworben als Thriller. Ich weiß nicht, wer meint, dieses Werk sei ein Thriller. Dafür ist der Roman schlicht zu spannungsarm. Auch als Krimi überzeugt dieser Roman nicht, weil zu wenig
ermittelt wird.
Die Prämisse von "Der Duft" ist an sich klasse: Die Firma Fragancia (so auch der…mehrPaul Richardot ist Parfumeur und versucht sich nun auch noch als Schriftsteller. Sein Debüt "Der Duft" wird beworben als Thriller. Ich weiß nicht, wer meint, dieses Werk sei ein Thriller. Dafür ist der Roman schlicht zu spannungsarm. Auch als Krimi überzeugt dieser Roman nicht, weil zu wenig ermittelt wird.
Die Prämisse von "Der Duft" ist an sich klasse: Die Firma Fragancia (so auch der Originaltitel des Romans) stellt individuell auf seine Kund*innen zugeschnittene Düfte her, die zu therapeutischen Zwecken Erinnerungen wach rufen sollen. Der junge Mann Hélias ist mit einem großen Talent gesegnet und wird deshalb von seinem Fragancia-Mentor Alain von Le Mans zum Hauptquartier von Fragancia geschickt, um dort eine Ausbildung zu beginnen. Gleichzeitig unterstützt Nora, die rechte Hand der Fragancia-Gründerin und -Leiterin, die Polizei bei Ermittlungen in einem Vergewaltigungfall.
Sowohl die Einordnung des Romans als Thriller als auch die Titelerweiterung "Er führt dich ins Paradies. Oder in die Hölle." suggerieren ein spannendes Leseerlebnis. Leider kann von Spannung nicht die Rede sein. "Er führt dich ins Paradies" wird durchaus ausführlich im Buch thematisiert. "Er führt dich in die Hölle." wird kurz im Roman als mögliche Nebenwirkung erwähnt.
Leider blieb "Der Duft" in so gut wie allen Bereichen hinter meinen Erwartungen zurück. Paul Richardot ergeht sich in langen Beschreibungen von Duft-Zusammensetzungen. Die dürften angesichts seiner Profession Hand und Fuß haben. Leider sind sie auf Dauer furchtbar öde und nehmen insgesamt zu viel Raum ein.
Die "Ermittlungen" im Vergewaltigungsfall laufen eher am Rande. Im Prinzip geht der leitende polizeiliche "Ermittler" von einem ganz spezifischen Täter aus und will durch Frangancia lediglich eine Bestätigung per Duft-Sitzung. Ermittlungen sehen anders aus. Und leider ist es unspannend erzählt.
Hinzu kommt, dass Paul Richardot es nicht einmal schafft, die Orte, an denen der Roman spielt, zum Leben zu erwecken. Le Mans taucht als Name auf, man erfährt einen Straßennamen und das wars. Das ist mir zu wenig. Hätte Richardot seine Ausführungen zu Düften nicht so exorbitant in die Länge gezogen, hätte er ein bisschen mehr Raum für anderweitige nützliche Beschreibungen gehabt.
Zu allem Überfluss sind viele Aspekte innerhalb des Romans und insbesondere in Bezug auf das Unternehmen Fragancia nicht schlüssig. Das Unternehmen investiert unglaublich viel Geld in Entwicklung, Sicherheit, Geheimhaltung und so weiter, man wird nur Kunde, wenn man wohlhabend ist und zwei Empfehlungen durch bereits vorhandene Kund*innen vorweisen kann, muss dann aber pro Sitzung lediglich 200 Euro bezahlen, zumal es nur sehr wenige Olfakteure gibt, so dass man auch nicht auf unzählige Sitzungen kommen kann, die das Geld reinspülen. Gleichzeitig ist das Unternehmen angeblich so mächtig, dass es selbst von der Regierung bzw. Behörden "geschützt" wird. Für mich ist das nicht nachvollziehbar bzw. es wird im Roman nicht nachvollziehbar dargestellt.
Mit Hélias hat der Autor einen sympathischen Protagonisten erschaffen. So sehr ich mich über dessen Entwicklung im Roman freue, so überhastet erscheint sie mir - gerade im Vergleich zum Rest - der Handlung allerdings.
Insgesamt empfinde ich den Roman als unausgegoren: Das Erzähltempo ist meistens langatmig, teilweise werden ohne erkennbaren Grund zeitliche Sprünge gemacht, die wenig Sinn ergeben und für mich teilweise nicht nachvollziehbar waren. Immer wieder war nicht klar, ob ein Tag, mehrere Tage oder gar mehrere Wochen vergangen sind.
Inhaltlich wird der Fokus sehr stark auf Duft-Zusammensetzungen gelegt, die übrige Handlung plätschert vor sich hin. Abgesehen von Hélias macht keine der Figuren eine nennenswerte Entwicklung durch. Die Leiterin von Fragancia wird immer wieder erwähnt, taucht aber nie direkt auf, was merkwürdig ist, wenn man bedenkt, dass angeblich immer wieder Menschen mit ihr gesprochen haben (insbesondere ihre rechte Hand Nora).
Paul Richardot hat einen mittelmäßigen Roman vorgelegt. Die Einordnung seitens des Verlages als Thriller sowie die Titelerweiterung halte ich für unklug gewählt, weil sie falsche Erwartungen weckt und am Ende bei vielen Leser*innen für Enttäuschung sorgen dürfte. Das ist schade, denn die Geschichte hätte Potential gehabt.