✨ Rezension zu "Der Laden in der Mondlichtgasse" von Hiyoko Kurisu, übersetzt von Charlotte Scheurer und erschienen im Droemer Knaur Verlag. Die Autorin hat mit "The Twilight Post Office in the Night Alley" inzwischen eine Fortsetzung vorgelegt.
📖 Inhalt (spoilerfrei): In einer kleinen
japanischen Stadt gibt es einen unscheinbaren Schrein. Menschen, deren Dasein ins Wanken geraten ist, finden…mehr✨ Rezension zu "Der Laden in der Mondlichtgasse" von Hiyoko Kurisu, übersetzt von Charlotte Scheurer und erschienen im Droemer Knaur Verlag. Die Autorin hat mit "The Twilight Post Office in the Night Alley" inzwischen eine Fortsetzung vorgelegt.
📖 Inhalt (spoilerfrei): In einer kleinen japanischen Stadt gibt es einen unscheinbaren Schrein. Menschen, deren Dasein ins Wanken geraten ist, finden dort den verborgenen Zugang zur Mondlichtgasse, einem Ort zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Am Ende dieser Gasse liegt eine traditionsreiche Confiserie namens "Kohaku", geführt von Kogetsu, halb Mensch, halb Fuchsgeist. Besucher:innen können dort Süßigkeiten erwerben, die manchmal eine besondere Wirkung haben können.
✍️ Erzählstruktur und -stil: Der Roman ist in sechs eigenständige Geschichten eingeteilt, die alle nur durch Kogetsus größtenteils stille Beobachtung verbunden sind. Jedes Kapitel trägt den Namen der jeweiligen Süßigkeit, die darin verzehrt wird, und ist mit einer passenden Illustration versehen. Im Anhang findet sich zudem ein Glossar, in dem alle erwähnten Süßigkeiten, typische japanische Kleidung sowie die auftauchenden Geister, Tiere und humanoiden Fabelwesen aus dem Volksglauben erklärt werden. Jede Episode folgt einem ähnlichen Rhythmus: eine Figur in einer Krise, der Weg durch den Schrein, die Begegnung in der Confiserie, eine kleine Veränderung. Das wirkt vertraut, fast rituell, aber auch schnell repetitiv. Die Sprache ist schlicht, zugänglich und ruhig. Der Tonfall erinnert an Märchen, weniger an komplexe Prosa, und legt den Fokus klar auf Atmosphäre statt auf sprachliche Raffinesse. Das Buch lässt sich gut in eine Strömung der zeitgenössischen japanischen Unterhaltungsliteratur einordnen, die unter Begriffen wie iyashikei (癒し系, „heilend/beruhigend“) oder feel-good literature bekannt ist. Diese Texte wollen kein literarisches Gewicht entfalten, sondern ein wohliges, leicht melancholisches, letztlich beruhigendes Gefühl vermitteln. Typisch sind der episodische Aufbau, die rituelle Wiederholung ähnlicher Muster, die Vermittlung kleiner Lebensweisheiten (Ehrlichkeit, Selbstakzeptanz, Loslassen) sowie der Vorrang von Atmosphäre vor psychologischer Tiefe.
👥 Figuren: Die Figuren sind eher Typen als tief ausgearbeitete Charaktere: Menschen, die Einsamkeit, Schuld, Selbstzweifel oder Sehnsucht verkörpern. Sie stehen stellvertretend für allgemeine menschliche und emotionale Erfahrungen und entwickeln sich nur in kleinen Schritten. Kogetsu, der Fuchsgeist, bleibt geheimnisvoll und distanziert, fast wie ein melancholischer Fremder. Erst allmählich zeigt sich, wie auch er durch menschliche Begegnungen berührt wird.
🌙 Symbole: Die Menschen, die den Schrein betreten, stehen jeweils in einer Phase tiefen Kummers und innerer Zerrissenheit. Aus diesem Zustand heraus werden sie in die Mondlichtgasse geführt, an deren Ende sie die Confiserie finden. Der Schrein markiert dabei eine Schwelle, und die Gasse selbst wirkt wie ein Zwischenraum: ein stiller Ort, der Menschen im Verborgenen zu einer Begegnung mit sich selbst führt. Die Süßigkeiten sind Symbole für kleine, selbst gewählte Impulse: Sie ersetzen keine Lösung, eröffnen aber die Möglichkeit für neue Wege. Folkloristische Elemente wie der Fuchsgeist verankern das Ganze in der japanischen Sagenwelt, ohne die Geschichten zu überfrachten. Besonders hervorzuheben ist die Symbolik des Bernsteins: Der Laden trägt den Namen Kohaku, was sowohl auf den Familiennamen eines Menschen verweist, dem er gewidmet ist, als auch auf Kohakutō, eine traditionelle Süßigkeit, die „Bernsteinzucker“ bedeutet. Wörtlich übersetzt würde der Titel des Buches auf Deutsch „Der Süßigkeitenladen im Bernsteinschein der Nachtgasse“ heißen.
💭 Fazit: "Der Laden in der Mondlichtgasse" ist ein typisches Beispiel japanischer Cozy-Literatur: warm, atmosphärisch und märchenhaft. Es geht um Ehrlichkeit, Mitgefühl, Offenheit, Achtsamkeit. Themen, die einfach und kindlich-naiv vermittelt werden. Für mich persönlich war die Lektüre daher zu repetitiv, zu simpel und zu wenig fesselnd, um wirklich zu berühren. Als kleine, tröstliche Zwischendurchlektüre funktioniert das Buch jedoch gut, wie eine Süßigkeit, die man sich kurz gönnt, ohne dass sie lange vorhält.
3|5 ⭐️