Vor achtzig Jahren veröffentlichte der österreichische Schriftsteller Friedrich Torberg (1908-1979) seinen Erstlingsroman „Der Schüler Gerber“. Der damals 21jährige hatte ihn noch ganz unter dem Eindruck des eigenen, nicht bestandenen Abiturs geschrieben. Sein Freund Max Brod las das Manuskript und
war begeistert. Daraufhin übermittelte er es ohne Torbergs Wissen an den Zsolnay Verlag. Die erste…mehrVor achtzig Jahren veröffentlichte der österreichische Schriftsteller Friedrich Torberg (1908-1979) seinen Erstlingsroman „Der Schüler Gerber“. Der damals 21jährige hatte ihn noch ganz unter dem Eindruck des eigenen, nicht bestandenen Abiturs geschrieben. Sein Freund Max Brod las das Manuskript und war begeistert. Daraufhin übermittelte er es ohne Torbergs Wissen an den Zsolnay Verlag. Die erste Auflage des Romans trug den Namen „Der Schüler Gerber hat absolviert“ und wurde ein großer Erfolg. 1954 erschien dann eine Neufassung mit dem Titel „Der Schüler Gerber“.
Im letzten Jahr vor seiner Reifeprüfung sieht sich der begabte Schüler Kurt Gerber von dem tyrannischen Professor Kupfer drangsaliert. Dieser „Gott Kupfer“ lebt hemmungslos seine sadistische Neigung aus und sein ganzer Ehrgeiz besteht darin, diesen jungen Gerber fertig zu machen. Gerbers schwache Seiten in der Schule sind Mathematik und Darstellende Geometrie, gerade jene Fächer, die von Kupfer unterrichtet werden.
Zusätzlich belasten Gerber seine unglückliche Liebe zu Lisa und die schwere Herzerkran-kung seines Vaters, dem er die Schande eines schulischen Scheiterns ersparen möchte. Trotz aller Widrigkeiten besteht Kurt die schriftliche Matura, aber in der mündlichen Matura bei Kupfer stellt ihm dieser eine Prüfungsfalle. Als er anschließend von der Prüfungskommission aufgerufen wird, um sein Ergebnis zu erfahren, geht er in das Zimmer und stürzt sich aus dem Fenster auf die Straße. Er ist sofort tot. Ironie des Schicksal: Kurt war von der Prüfungskommission für reif erklärt worden.
„Der Schüler Gerber“ ist jedoch kein Schulroman. Hier wird mehr als nur die Schule kritisiert, nämlich die Gesellschaft, die Welt der Erwachsenen. Nun ist dieser stets aktuelle Roman im Deutschen Taschenbuch Verlag in der Jubiläums-Edition „Wichtige Autoren und ihre Bücher aus fünf Jahrzehnten“ erschienen.
Manfred Orlick