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Meg Wolitzers Eheroman
Erfolgsschriftsteller haben es schwer. Fortwährend jetten sie von einem Großevent zum anderen, besuchen Festivals, geben Lesungen, halten Vorträge, nehmen Preise entgegen, ertragen Lobreden, Festbankette sowie Journalisten und müssen nebenbei die Welt erklären. Denn die sinnsuchende Öffentlichkeit erwartet nichts Geringeres von ihnen, als "dass sie den Schlüssel zu allem in den Händen halten". Ob es um zwischenmenschliche Beziehungen, Holocaust oder Vietnamkrieg geht, ständig müssen sie Bedeutung produzieren und der Schlüsselattitüde gerecht werden. Das kann einem schon sehr zu schaffen machen, und so ist es hilfreich, wenn einem ein treusorgendes Wesen stets zur Seite steht. Davon erzählt dieser Roman.
Der New Yorker Schriftstellerin Meg Wolitzer, Jahrgang 1959, ist der Erfolg selbst keineswegs fremd. Von ihren bislang elf Romanen wurden etliche zu Bestsellern, wurden zwei verfilmt und fünf bislang ins Deutsche übersetzt. Für "The Wife" aber, im Original 2003 erschienen, nutzt sie die Erzählmaske einer sich aufopfernden Frau, die ganz hinter den literarischen Großtaten ihres Gatten verschwindet. Ihren einträglichen Verlagsjob und die eigenen literarischen Ambitionen hat sie in jungen Jahren aufgegeben, sich seither um die Familie gekümmert und sich ansonsten zeitlebens zurückgenommen. Doch gleich im ersten Halbsatz kündigt sie uns an, dass es damit nun ein Ende haben und sie den Ehemann verlassen werde.
Zu diesem Zeitpunkt befinden beide sich hoch über dem Atlantik in einem Flugzeug, das sie zur Verleihung eines ebenso ehrenvollen wie gutdotierten Literaturpreises nach Helsinki bringen soll. Im weiteren Verlauf verbinden sich Erinnerungen an die Höhen und Tiefen ihres Ehelebens mit den Schilderungen der Verleihungszeremonie, die sich in branchenüblicher Gediegenheit vollzieht - bis es nach dem Festakt ausgerechnet in der Hotelsauna zum Eklat und Showdown und zu einer überraschenden Enthüllung kommt.
Diese Schlusswendung gibt dem gesamten Roman einen starken Dreh. Allzu absehbar und glatt verlief er nämlich bis dahin: von Erinnerungen, wie die erlebnishungrige Studentin ihrem College-Lehrer als Liebhaberin näher kommt, wie beide gemeinsam nach New York durchbrennen, dort zunächst ein Boheme- und später ein Familienleben führen, über die unzähligen Affären, die der Erfolgsgatte pflegt, bis zu den professionellen Zudringlichkeiten, denen eine solche Ehe durch sensationslüsterne Medienleute oder Biographen ausgesetzt ist. All das wird recht flott erzählt, bleibt aber schablonenhaft. Wie schon bei den Vorgängerromanen, "Die Stellung" (2015) und "Die Interessanten" (2014), die in den letzten beiden Jahren auf Deutsch herausgekommen sind, verwechselt die Autorin oftmals populäres Schreiben mit Klischeeverbreitung. Dafür aber entschädigt hier das Ende, das einer mittelwitzigen Satire auf den Literaturbetrieb immerhin noch eine gute Pointe abgewinnt.
TOBIAS DÖRING.
Meg Wolitzer: "Die Ehefrau". Roman.
Aus dem Englischen von Stephan Kleiner.
DuMont Verlag, Köln 2016. 270 S., geb., 23,- [Euro].
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