Soeben ist Deutschland als einziges Land der Erde dabei, jene Industrie zu vernichten, die dieses Land mit aufgebaut hat. Grund genug, in die Historie einzusteigen. Sie sei eine Geschichte der Einwanderung lesen wir, die auch Friedrich I von Preußen vorantrieb. Er wollte sein durch den 30-jährigen
Krieg zerstörtes Land wieder aufbauen und benötigte dafür selbstständig denkende Unternehmer und…mehrSoeben ist Deutschland als einziges Land der Erde dabei, jene Industrie zu vernichten, die dieses Land mit aufgebaut hat. Grund genug, in die Historie einzusteigen. Sie sei eine Geschichte der Einwanderung lesen wir, die auch Friedrich I von Preußen vorantrieb. Er wollte sein durch den 30-jährigen Krieg zerstörtes Land wieder aufbauen und benötigte dafür selbstständig denkende Unternehmer und Macher. Vor allem religiös verfolgte Minderheiten kamen aus ganze Europa, Christen also mit unterschiedlichen Auslegungen der Bibel.
Erster Unternehmer einer langen Reihe von eher darbenden Handwerkern der Quandts war Emil Quandt, der durch die Heirat mit der Fabrikantentochter Hedwig Draeger zum Unternehmer aufstieg und Tuche für die Uniformen der kaiserlichen Marine produzierte. Trotz Börsenkrise in den 1870ern schaffte er es, das Unternehmen seiner Frau voranzubringen und Erfolge zu erzielen. „An der Spitze stand ein erfolgshungriger Aufsteiger, der darum kämpfte, den gerade erlangen Status nicht wieder zu verlieren.“ Unter elf Tuchfabriken in Pritzwalk überlebte nur sein Unternehmen.
Günther Quandt, der erste Sohn des Ehepaars, kam 1881 zur Welt (zum Vergleich: Konrad Adenauer wurde 1876 geboren), zwei weitere Söhne folgten und ein Mädchen. Günther wurde früh auf die Rolle des Unternehmers vorbereitet und entsprechend erzogen. Er liebte es, Firmen zu besichtigen bzw. diese einzuschätzen. Früh schon übernahm er Verantwortung und hatte Freude an seiner Tätigkeit.
Goebbels urteilte über ihn später: „Ein taktloser Flegel. Der typische Kapitalist. Ein Bürger schlimmster Sorte.“ Beide hatten die gleiche Frau, Magda Goebbels und der Propagandaminister heiratete Quandt’s Exfrau sogar im Gut des Industriekapitäns. Quandt überstand die NS Zeit gut und konnte seinen 2. Sohn Herbert auf das kommende Leben als Nachfolger vorbereiten, trotz dessen Sehschwäche. Später übernahmen dann Harald und Herbert Quandt bzw. bauten das Imperium weiter aus.
Die Äußerung von Goebbels zeigt die Stoßrichtung der damaligen nationalen Sozialisten: gegen das Bürgertum und den Kapitalismus gerichtet, obwohl sie beide dringend für die Rüstung benötigten. Sozialistisch kollektivistisch in den Untergang, das Programm der Nationalsozialisten steht den anderen kommunistischen Diktatoren in nichts nach. Bürgerlich Konservative durften mitmachen, später aber wollte man sie entsorgen.
Insgesamt ein spannendes Buch, das die Familie Quandt bis ins Heute begleitet, Leben, über die man moralisch urteilen könnte, durchaus. Das Buch aber berichtet eher als zu werten. Auch was den Sohn Harald Quandt betrifft. Er war anfänglich ein begeisterter Soldat, erkannte aber am Ende den kommenden Zusammenbruch. Goebbels und seine Mutter Magda Goebbels hatten ihn zum fanatischen Anhänger und Soldat „geschliffen“ und waren stolz auf ihn.
Insbesondere beeindruckt hat mich die Beteiligung an BMW, ein Investment, das nicht ohne Risiko von Herbert Quandt vorangetrieben wurde. Seine Kinder Susanne Klatten und Stefan Quandt sind heute die zentralen Eigentümer von BMW, die eher im Hintergrund, aber doch bestimmend arbeiten.
Eine Vielzahl von Beteiligungen werden heute von den Kindern der beiden Brüder Herbert und Harald Quandt vorangetrieben, wobei bereits die Enkelgeneration eingebunden ist. Dabei nimmt der unternehmerische Anteil tendenziell ab. Das Buch bietet einen großen Querschnitt deutscher Firmen, die gekauft, optimiert, gehalten und verkauft werden/wurden. Ein Blick hinter die Kulissen, die mich fasziniert hat.