Juno ist 50 und Performancekünstlerin. Ihre Tage verbringt sie bei Proben und Vorstellungen, dazwischen pflegt sie seit über 15 Jahren ihren Mann Jupiter (es wird nicht explizit erwähnt, aber von der Medikation ausgehend würde ich vermuten, dass er MS hat). Nachts kann sie nicht schlafen und chattet
daher im Internet mit Love-Scammern. Es macht ihr Spaß, diese zu verwirren und auflaufen zu lassen.…mehrJuno ist 50 und Performancekünstlerin. Ihre Tage verbringt sie bei Proben und Vorstellungen, dazwischen pflegt sie seit über 15 Jahren ihren Mann Jupiter (es wird nicht explizit erwähnt, aber von der Medikation ausgehend würde ich vermuten, dass er MS hat). Nachts kann sie nicht schlafen und chattet daher im Internet mit Love-Scammern. Es macht ihr Spaß, diese zu verwirren und auflaufen zu lassen. Doch dann lernt sie eines Nachts Beno kennen und dieses Mal entwickelt sich das Gespräch anders.
Ich hatte eigentlich nicht vor, „Hey guten Morgen, wie geht es dir“ von Martina Hefter zu lesen. Eine Frau mittleren Alters, die nachts mit Love-Scammern chattet, während ihr pflegebedürftiger Mann nebenan schläft, kam mir wenig reizvoll vor. Aber dann landete der Roman auf der Long- und schließlich auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024, die positiven Stimmen wurden mehr und schließlich wurde ich doch neugierig.
Eigentlich habe ich das Buch auch wirklich gerne gelesen, ich fand es unterhaltsam, an einigen Stellen hat es mich zum Nachdenken gebracht, an anderen habe ich mich an pointierte Beobachtungen Junos erfreut. Genug, um spontan die vollen fünf Sterne zu vergeben.
Aber dann habe ich mich nicht sofort an die Rezension gesetzt, ein paar Tage verstreichen lassen, und es ist das passiert, was einem wirklich guten Buch nicht passieren sollte: Es hat sich in nur wenigen Tagen fast komplett aus meinem Gedächtnis gelöscht.
Woran das gelegen hat? Ich mochte Juno als Protagonistin, ihre trockene Art, mit der sie, fast schon selbstgerecht, Scammer (oder sagen wir: potenzielle, Juno macht sich nicht wirklich die Mühe, erstmal herauszukriegen, ob ihr Verdacht berechtigt ist) auflaufen lässt. Ich fand ihre Lebensbetrachtungen nicht uninteressant. Ich fand, dass sie einige gute Themen angestoßen hat.
Aber da ist vielleicht schon einer der Knackpunkte: „angestoßen“. Denn im Rückblick weiß ich nicht so wirklich, worum es in dieser Geschichte gehen sollte. Love-Scamming? Vorurteile/Rassismus? Frauen mittleren Alters (oder auch hohen Alters, wenn man sich in der Tanzwelt bewegt)? Pflegende Angehörige? Problematik einer Beziehung mit einem schwerkranken Partner? Es ist natürlich völlig legal, mehrere Themen in einem Roman unterzubringen, aber es hilft, wenn man sie dann auch greifbar macht. Hier blieb mir alles etwas zu wabernd in der Schwebe, hatte etwas zu wenig Substanz.
(Kann mir mal bitte jemand diesen ausufernden Gebrauch an Götter-/Planetennamen erklären Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich den nicht ein wenig zu platt fand).
Das mag eine etwas dürftige Analyse sein, aber mehr präsentiert sich mir leider nicht mehr. Und trotzdem bleibt „Hey guten Morgen, wie geht es dir“ ein Buch, das ich gerne und schnell gelesen habe. Hätte ich nicht den Fehler gemacht, meine Meinung nicht sofort zu Papier zu bringen, wäre mir das Körnchen innerer Unzufriedenheit vielleicht nie aufgefallen. Es ist auf jeden Fall ein Roman, der bedeutend besser ist, als sein Cover-Text vermuten lässt und ich würde Interessierte durchaus ermutigen, ihm eine Chance zu geben.