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1 Kundenbewertung

Julia und Jacob haben sich auseinandergelebt, doch wie könnten sie sich einfach trennen, ohne dass ihre drei Söhne darunter leiden oder gar sie selbst? Immer wieder diskutieren sie alle Szenarien durch, kümmern sich aufopferungsvoll um den inkontinenten Hund und die bevorstehende Bar Mitzwa des Ältesten. Gerade als die israelische Verwandtschaft zur Familienfeier in Washington, D.C. eintrifft, ereignet sich ein katastrophales Erdbeben im Nahen Osten, das die Invasion Israels zur Folge hat - und alle Fragen stellen sich noch einmal ganz neu, auch für Jacob.

  • Format: mp3
  • Spieldauer: 717 Min.
  • FamilySharing(5)
Produktbeschreibung
Julia und Jacob haben sich auseinandergelebt, doch wie könnten sie sich einfach trennen, ohne dass ihre drei Söhne darunter leiden oder gar sie selbst? Immer wieder diskutieren sie alle Szenarien durch, kümmern sich aufopferungsvoll um den inkontinenten Hund und die bevorstehende Bar Mitzwa des Ältesten. Gerade als die israelische Verwandtschaft zur Familienfeier in Washington, D.C. eintrifft, ereignet sich ein katastrophales Erdbeben im Nahen Osten, das die Invasion Israels zur Folge hat - und alle Fragen stellen sich noch einmal ganz neu, auch für Jacob.

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Autorenporträt
Jonathan Safran Foer gehört zu den profiliertesten amerikanischen Autoren der Gegenwart. Seine Romane 'Alles ist erleuchtet', 'Extrem laut und unglaublich nah' und 'Hier bin ich' wurden mehrfach ausgezeichnet und in 36 Sprachen übersetzt. Sein Sachbuch 'Tiere essen' war ebenfalls ein internationaler Bestseller. Foer lebt in Brooklyn, New York. Henning Ahrens, geb. 1964 in Peine. Aufgewachsen als Sohn eines Landwirts in Niedersachsen. Studium von Anglistik, mittlerer und neuerer Geschichte sowie Kunstgeschichte in Göttingen, London und Kiel; Abschluss mit einer Doktorarbeit über die lebensphilosophischen Schriften des englischen Schriftstellers John Cowper Powys. Nach insgesamt 13 Jahren in Kiel lebte er 12 Jahre auf dem niedersächsischen Land, in einem Dorf in der Nähe Braunschweigs, seit 2013 in Frankfurt/M. Er hat zwei Söhne. Übersetzungen (Auswahl) - Walter Kirn, Mr. Bingham sammelt Meilen [Up in the Air] (Kiepenheuer & Witsch 2003) - Jonathan Safran Foer, Extrem laut und unglaublich nah (Kiepenheuer & Witsch 2005) - Hugo Hamilton, Die redselige Insel (Luchterhand 2007) - Sarah Shun-Lien Bynum, Madeleine schläft (S. Fischer 2007) - Sarah Shun-Lien Bynum, Komplize. Erzählung. In: Neue Rundschau (2/2007) - Hanif Kureishi, Das sag ich dir (S. Fischer 2008) - Saul Bellow, Die Abenteuer des Augie March (Kiepenheuer & Witsch 2008) - Chris Killen, Das Vogelzimmer (Kiepenheuer & Witsch 2009) - John Griesamer, Herzschlag (Arche 2009) - Thomas Mann, Essays VI, 1945-1950 (S. Fischer 2009) (Übersetzung nur auf Englisch vorhandener Reden und Briefe) - Ellen Hopkins, Crank. Versroman (Carlsen 2010) - Adam Thirlwell, Flüchtig (S. Fischer 2010) - Adam Thirlwell, Samuel Fischer in der Zukunft. Erzählung. In: Neue Rundschau (3/2011) - Hanif Kureishi, Mein Ohr an deinem Herzen (S. Fischer 2011) - Helen Cross, Ohne mich (dtv 2011) - Trent Reedy, Inshallah: Worte im Sand (Aufbau 2011) - Katherine Rundell, Zu Hause redet das Gras (Carlsen 2012) - Margaret Wild & Ron Brooks, Der Traum des Tasmanischen Tigers (Bilderbuch, Carlsen 2012) - Nick Hayes, Die Ballade von Seemann und Albatros. Graphic Novel (marebuchverlag 2012) - Agatha Christie, Nikotin (Fischer Taschenbuch Verlag 2012) - Leigh Bardugo, Grischa: Goldene Flammen (Carlsen 2012) - Leigh Bardugo, Die Hexe von Duwa (Carlsen 2012) - Patrick McGuinness, Die Abschaffung des Zufalls (Zsolnay 2012) - Peter Dickinson, Abschied von Opa (Carlsen 2012) - Chris van Allsburg, Die Geheimnisse von Harris Burdick (Bilderbuch, Carlsen 2012) - Khaled Hosseini, Traumsammler (S. Fischer 2013) - Der beste Tag aller Zeiten. Weitgereiste Gedichte (mit anderen Übersetzern; Carlsen 2013) - Alexia Casale, Die Nacht gehört dem Drachen (Carlsen 2013) - Nicola Davies, Mein erstes großes Buch von der Natur (Aladin 2013) - George MacDonald, Der goldene Schlüssel (Aladin 2014) - Katja Eichinger, Amerikanisches Solo (Metrolit 2014) - Jonathan Safran Foer, Hier bin ich (Kiepenheuer & Witsch 2016) Werke und Literaturprojekte ¿ Lieblied was kommt. Gedichte (DVA 1998) ¿ Stoppelbrand. Gedichte (DVA 2000) ¿ Lauf Jäger Lauf. Roman (S. Fischer 2002) ¿ Langsamer Walzer. Roman (S. Fischer 2004) ¿ Tiertage. Roman (S. Fischer 2007) ¿ Kein Schlaf in Sicht. Gedichte (S. Fischer 2008) ¿ Provinzlexikon. (Knaus 2009) ¿ Der Eiserne König. Roman (Fischer Jugendbuch 2011; unter dem Pseudonym 'John Henry Eagle') ¿ Robin Hood: Der Überraschungsangriff. Jugendbuch (Fischer KJB 2013) ¿ Zorro: Der Rächer der Armen. Jugendbuch (Fischer KJB 2013) Auszeichnungen 1997 Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis 2001 Friedrich-Hebbel-Preis 2002 Förderpreis des Landes Niedersachsen 2004 Jahresstipendium des Landes Niedersachsen 2009 Nicolas-Born-Preis
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Jonathan Safran Foer, das einstige Wunderkind der amerikanischen Literatur, legt mit seinem neuen Buch einen großen Krisenroman hin. Jacob und Julia, ein Paar in den Vierzigern, haben drei Söhne in die Welt gesetzt, verfügen über ein schönes Haus, einen Hund und kreative Jobs. Doch all das soll nicht von Dauer sein. Wie eine romanlange Riesenmetapher lässt der Autor eine Krise nach der anderen über Jacob hereinbrechen: Sein ältester Sohn droht kurz vor der Bar Mizwa von der Thora-Schule verwiesen zu werden, weil er schmutzige Wörter benutzt haben soll. Sein Großvater soll ins jüdische Altersheim ziehen, bringt sich aber vorher um. Derweil findet Julia ein geheimes Handy von Jacob und SMS mit explizitem sexuellem Inhalt, die an eine andere Frau gerichtet sind. Währenddessen beginnt in Israel ein großer, existenzieller Krieg, in dessen Verlauf die Klagemauer einstürzt und der Felsendom in Flammen aufgeht. Und Julia und Jacob lassen sich scheiden. Klassische Midlife-Crisis und die identitären Selbstzweifel eines intellektuellen amerikanischen Juden angesichts der kämpferischen Existenz Israels gehen in diesem Roman eine Verbindung ein. Er ist von Anfang bis Ende durchzogen von einer hemmungslosen krisenhaften Penetranz, die oft nervt, aber in genial komischen Dialogen gespiegelt wird.

© BÜCHERmagazin, Katharina Granzin (kgr)

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Eine lange Kritik, die Eva Behrendt da verfasst hat. Viel Licht wirft sie aber nicht auf diesen Roman. Vordergründig geht es um einen jüdisch-amerikanischen Schriftsteller, der mit Frau und zwei Kindern in Washington DC lebt und dessen Ehe auseinanderbricht. Und dann gehts um die Weltlage, ein Erdbeben im Nahen Osten. Beide Erzählstränge dienen, wenn man Behrendt richtig liest, vor allem dazu, die Identität des Autors zu schärfen, der ewig unentschlossen, abschweifend, kreisend eine Selbstbestimmung anstrebt. Inwiefern das gelingt, bleibt offen. Aber die totale Konzentration auf das eigene Ich, die Behrendt da beschreibt, klingt in ihrer Rezension doch sehr abtörnend.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Zauberhafte Dialoge, die extrem klug und unglaublich absurd sind. Ein todkomisches Buch.« myself
Die Zahnfee wohnt hier nicht mehr

Kernschmelze bei den Eltern - und dann? Der amerikanische Autor Jonathan Safran Foer erzählt in "Hier bin ich" eine jüdische Familiengeschichte vor dem Hintergrund der Zerstörung Israels.

Zu Beginn der Zerstörung Israels", so hebt der neue Roman von Jonathan Safran Foer an, zu Beginn der Zerstörung Israels also "überlegte Isaac Bloch, ob er sich umbringen oder ins jüdische Seniorenheim gehen sollte".

Isaac ist der Patriarch der Familie Bloch, dessen galizische Verwandtschaft von den Nationalsozialisten nahezu vollständig ausradiert wurde. Nur er und sein Bruder hatten wie durch ein Wunder überlebt. Während der Bruder nach Israel ging, verschlug es Isaac nach Washington. Und eigentlich hatte er jetzt nur noch einen Wunsch: lange genug mit dem Leben durchzuhalten, um die Barmizwa seines Urenkels noch erleben zu können. Doch die steht wenige Tage vor dem großen Ereignis ohnehin zur Disposition, noch ehe ein Erdbeben und die gesamte arabische Welt Israel in die Knie zwingen und Isaacs Pläne damit über Bord werfen werden. Denn auch in der Familie Bloch hat sich etwas zugetragen, dessen Auswirkungen Isaacs Urenkel Sam immerhin mit den Folgen der Zerstörung des japanischen Reaktors vergleicht: Sams Eltern Jacob und Julia, Isaacs Enkel, wollen sich scheiden lassen.

Von der Unvereinbarkeit der Katastrophen, einer geopolitischen und einer häuslich-privaten, handelt der explosive Roman "Hier bin ich", dessen Titel auf das Buch Genesis zurückgeht. Freilich konnte man Jonathan Safran Foer noch nie vorwerfen, als Autor großen Themen aus dem Weg zu gehen. In seinem Romandebüt "Alles ist erleuchtet" (2002, deutsch 2003) verhandelte er in experimenteller Erzählform den Holocaust, "Extrem laut und unglaublich nah" erzählte 2005 von einem Jungen, der durch den 11. September seinen Vater verlor. Mit "Hier bin ich" will der 1977 in Washington geborene Schriftsteller nach elfjähriger Romanpause nichts Geringeres als eine Great American-Jewish Novel schreiben. Daran muss er sich messen lassen.

Im Kern umkreist sein Buch die Frage, was es für amerikanische Juden heute bedeutet, jüdisch zu sein. Ist es eine Frage der Religion oder der Kultur, der Erziehung oder der Vorliebe für einen bestimmten Humor? Und natürlich steht da wie ein Elefant im Raum immer auch die Frage: Wie hältst du es mit Israel?

Dass die jährlich auch in dieser Washingtoner Familie zum Pessach-Seder-Fest ausgesprochene Formel "Nächstes Jahr in Jerusalem" zum Allgemeinplatz, das versprochene Land zur Plattitüde verblasst ist, diesen Gedanken wirft der Roman ein ums andere Mal auf. Tatsächlich bleibt die eingangs erwähnte Zerstörung Israels jedoch die folgenden dreihundert Seiten zunächst unerwähnt - denn "Hier bin ich" entpuppt sich viel mehr denn als die dystopische Ausmalung eines gar nicht so unvorstellbaren Flächenbrands im Nahen Osten als ein gerade für Foer überraschend konventionell erzählter Scheidungsroman aus dem bürgerlichen Milieu rund um den Washingtoner Cleveland Park.

Im Zentrum stehen die Eheleute Jacob und Julia sowie deren blankes Entsetzen, als sie erkennen, dass ihnen in ihrem geschmackvollen Haus in der Newark Street das Glück abhandengekommen ist. Die Lücke zum Glück sind die häusliche Routine und ein Familienalltag, der wie ein schwarzes Loch all das, was einst mit großartigem Sex und der Geburt von drei Söhnen so verheißungsvoll begann, verschluckt hat. Foer schreibt gegen Tolstois berühmten Satz an, wonach sich alle glücklichen Familien ähnelten, aber jede unglückliche Familie auf ihre besondere Art unglücklich sei. Bei ihm gleichen "alle glücklichen Morgen einander, wie auch alle unglücklichen Morgen". Weil alle Bemühungen, ihm vorzubeugen, das Gegenteil bewirkten, weil sich "das Universum aus irgendeinem rätselhaften, überflüssigen, unfairen Grund gegen die harmlose Abfolge von Kleidern, Frühstück, Zähnen und nervigen Haarwirbeln, Rucksäcken, Schuhen, Jacken und Abschieden verschworen hat".

Mit viel Detailkenntnis und furiosem Humor erfasst der selbst unlängst von der amerikanischen Autorin Nicole Krauss geschiedene Foer das Drama der Mittelklasse. Jacob, der erfolgreiche wie unablässig hadernde Autor einer Fernsehsitcom, und seine Frau Julia, die als Architektin noch nie ein Haus gebaut hat, dafür als Dekorateurin die Villen ihrer vermögenden Kundschaft einrichtet, gehören jener urbanen Spezies an, die sich aus Prinzip gegen Konventionen stemmt, um dann verblüfft festzustellen, wie konventionell sie geworden ist: Längst haben auch Jacob und Julia Zweitwagen, Steuerberater und Doppelwaschbecken. Und während sie stets wissen, was am besten ist (Miele-Staubsauger, Vitaminmixer, Misono-Messer), freudianische Mengen von Sushi verputzen und ihren zehnten Hochzeitstag mit einem Ausflug in eine Weinkellerei verbinden, die sie auf "Remodelista", der Internetseite für bewusstes Leben, gefunden haben, wissen sie der allmählichen Verfremdung nichts entgegenzusetzen. So weit, so ähnlich, Zahnfee inklusive.

Was hier beschrieben wird, die suburbia tristesse, ist weder neu noch originell. "Es hatte weder Tätlichkeiten noch Grausamkeiten gegeben, nicht einmal Gleichgültigkeit", heißt es einmal: Der Ursprung der Misere war Nähe, "die Unfähigkeit, ein Schamgefühl zu überwinden". Julia kann die Fingernägel Neugeborener mit den Zähnen stutzen, aber ihren Mann nicht mehr anfassen. Und Jacob, der den Kindern das Lesen beibringt, weiß nicht mehr, wie er seine Frau ansprechen soll.

Dabei wird in diesem Roman gesprochen, was das Zeug hält. Darin liegt seine unheimliche Rasanz. Vier Generationen Bloch reden, bis auf Isaac, unaufhörlich, siebenhundert Seiten lang. Es ist ein nicht enden wollendes, komisches, sehnsüchtiges, irrwitziges Geplapper und Gezeter, ein Streiten und Abwägen, wiedergegeben häufig in Dialogen, Monologen, Internet-Chats, Spielekommentaren und Nachrichtenabschriften, ein Tohuwabohu, in dem sich Jonathan-Franzen-Interieurs mit Woody-Allen-Figuren und der Sexbesessenheit Philip Roths verbinden. Während Jacobs Vater Irv alle Gespräche zielsicher in politische Leitartikel münden lässt, flüchten die anderen, wenn es ernst wird, in ihre Innenwelten, die sie ganz nach Gusto tapezieren können: Der sensible Sam, der so vieles begreift, noch ehe es den Erwachsenen dämmert, beschäftigt sich im virtuellen Paralleluniversum von "Other Life" lieber mit der Latina Samantha, einem weiblichen Avatar, den er geschaffen hat. Auch Jacob führt mittels seines Zweithandys im dirty talk mit einer Fernsehkollegin ein Eigenleben. Und agiert dort als jener sexbesessene Macho, der er im echten Leben nicht sein kann.

Die Diaspora, von der dieser Roman erzählt, ist nicht nur in Washington, D.C. zu verorten, sondern findet sich überall: im Internet, im Möbelhaus oder in den gedanklichen Fluchten, die Julia vor den Anforderungen als überlastete Mutter und gelangweilte Ehefrau immer wieder unternimmt. Das Hier ist dabei von zentraler Bedeutung. "Hier bin ich", antwortete Abraham, als Gott ihn rief, seinen Sohn zu opfern. Abraham sagte nicht ,Ja?", wie Sam weiß, und fragte nicht "Was willst du?", sondern war für ihn da. Sam denkt über die biblische Szene nach, weil er sich verraten fühlt.

Sams Eltern wollen ihm nicht glauben, dass der Zettel mit den Schimpfwörtern und rassistischen Ausdrücken, den sein Lehrer gefunden hat, nicht von ihm stammt. Doch selbst wenn, meint der Junge, sollten sie für ihn da, also hier sein, statt zu fragen, was er angestellt habe. "Sie hätten sich auf meine Seite stellen sollen, weil ich ihr Kind bin."

Wer sich auf wessen Seite stellt oder nicht - Eltern und Kinder, wenn der inkontinente Hund eingeschläfert werden muss, Enkel und Großväter, wenn Letztere nicht ins Altersheim wollen, amerikanische Juden und Israel, wenn es angegriffen wird -, das alles verhandelt der Roman in all der Widersprüchlichkeit und Unauflöslichkeit seiner Sujets. Da steckt rasend viel Witz und Wahrheit und Verve drin. Und dann wundert man sich, dass Foer, dessen voriges Buch "Tiere essen" von vegetarischer Lebensweise handelte, hier nicht umhinkommt, Sätze unterzubringen, die wie Kalenderweisheiten klingen. Kaum eine Seite, auf der sich nicht ein Sinnspruch finden ließe wie: "Die Suche nach dem Glück ist die Flucht vor der Zufriedenheit", was gleich mehrmals zitiert wird, "Das falsche Leben zu leben ist schlimmer, als den falschen Tod zu sterben" oder "Das Leben wird von einem Ereignis zu einem Prozess". Ja, selbst der Avatar Samantha sagt: "Was um Himmels willen musste passieren, damit ein rundum gutes menschliches Wesen gesehen wurde? Nicht bemerkt, sondern gesehen. Nicht gewürdigt, nicht geschätzt, nicht einmal geliebt. Sondern wirklich gesehen."

Die Ambivalenzen des modernen Lebens, an denen das Familienglück erstickt wie an einem vertrockneten Bagel, werden so detailliert ausgerollt, dass die eingangs angekündigte Apokalypse im Nahen Osten, die sich in der Mitte des Romans dann wirklich ereignet, nie mehr in den Vordergrund gelangt. Der Roman hat gar nicht den Anspruch, politisch zu sein. Das Krisen- und Kriegsszenario, die Millionen Flüchtlinge und Tote in Nahost, sie bleiben seltsam fern. Fast meint man, dass sie vor allem dazu dienen, Jacobs erbärmliche Ichbezogenheit, die Trivialität seiner Probleme in größtmöglichem Kontrast zu illustrieren. Es ist jedenfalls eine einseitige Sicht auf den Flächenbrand, gegen die Benjamin Netanjahu wohl nichts einzuwenden hätte, schon allein weil die Palästinenser oder das Dilemma des Staates Israel, nicht nur Zufluchtsort für Verfolgte, sondern auch Besatzer zu sein, kaum erwähnt werden.

Was den Washingtoner Blochs viel näher geht als die Zerstörung Israels, sind ihre eigenen Traumata, ein Unfall vor Jahren, bei dem Sam beinahe seinen Daumen verlor, und immer wieder die Frage, warum der Sex nicht mehr so gut sein kann wie früher. "Hier bin ich" ist ein Roman, der von der Unvereinbarkeit der großen Tragödien mit den kleinen Malaisen handelt. Dass Letztere mehr weh tun können als Erstere, das ist seine bittere Erkenntnis.

SANDRA KEGEL

Jonathan Safran Foer: "Hier bin ich". Roman.

Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016. 688 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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