Kully ist erst zehn, aber sie kennt schon Wien, Warschau, Prag und Paris, denn ihre Eltern sind auf der Flucht vor den Nazis. Kully weiß, wie schwer es ist, wenn man kein Geld, keinen Pass und kein Zuhause hat, aber sie lässt sich nicht entmutigen. Das hat sie von ihrem Vater, einem liebenswerten Luftikus, der als Schriftsteller quer durch Europa reist, um Geld für die Familie zu besorgen. Mutter und Tochter lässt er meist in Hotels zurück, wo virtuose Ausreden zu erfinden sind, wenn die Rechnungen eintreffen. Keun lässt uns nicht nur am rastlosen und tragikomischen Leben der erstaunlich…mehr
Kully ist erst zehn, aber sie kennt schon Wien, Warschau, Prag und Paris, denn ihre Eltern sind auf der Flucht vor den Nazis. Kully weiß, wie schwer es ist, wenn man kein Geld, keinen Pass und kein Zuhause hat, aber sie lässt sich nicht entmutigen. Das hat sie von ihrem Vater, einem liebenswerten Luftikus, der als Schriftsteller quer durch Europa reist, um Geld für die Familie zu besorgen. Mutter und Tochter lässt er meist in Hotels zurück, wo virtuose Ausreden zu erfinden sind, wenn die Rechnungen eintreffen. Keun lässt uns nicht nur am rastlosen und tragikomischen Leben der erstaunlich abgeklärten Kully teilhaben, sondern gibt auch tiefe Einblicke in die Situation der Emigranten in Europa. Dieses Hörbuch enthält einen Bonustrack: Volker Weidermann, Literaturkritiker, Journalist und Autor des Bestsellers »Ostende«, spricht über Irmgard Keuns Exilroman »Kind aller Länder«. In Ostende begann Irmgard Keun mit Joseph Roth eine leidenschaftliche Affäre - und diesen Roman. Ungekürzte Lesung mit Jodie Ahlborn 4 CDs ca. 5 h 16 min
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Autorenporträt
Irmgard Keun, geboren 1905 in Berlin, war Stenotypistin und Schauspielerin, bevor sie zu schreiben begann. Ihr erster Roman, Gilgi, eine von uns machte sie 1931 schlagartig berühmt. Der Verkaufserfolg von Das kunstseidene Mädchen (1932) hält bis heute an. Nach dem Verbot ihrer Bücher ging Keun ins Exil, zunächst nach Ostende, lebte und reiste zwei Jahre zusammen mit Joseph Roth. Sie konnte in der Nachkriegszeit nicht mehr an ihre Erfolge anknüpfen und zog sich zurück.
Rezensionen
buecher-magazin.deKully ist zehn Jahre alt. Sie weiß wenig über Barbarossa, aber sie kennt die Wechselkurse. Sie weiß, was ein Visum ist, wie man in Windeseile eine Fremdsprache lernt und überall Freunde gewinnt. Sie hat gelernt, mit einer Mahlzeit am Tag auszukommen und nicht zu frieren, obwohl ihr Wintermantel in Salzburg im Pfandhaus ist. Ihr Vater ist Schriftsteller und aus Deutschland geflohen. Seitdem treibt die Familie durch Europa, immer in Geldnot, immer das Ablaufdatum des aktuellen Visums im Nacken. Kully erzählt von ihrem Vater, seinem Leichtsinn, ihrer Mutter und deren Sehnsucht nach einem einfachen, sicheren Leben, und all den anderen Heimatlosen. Ihr Blick ist weit klarer als der der Erwachsenen, ihre Sprache assoziativ und schmuddelig und treffend, wie immer bei Irmgard Keun. Jodie Ahlborn gibt diesem hellsichtigen Kind eine süße, klare und so absolut passende Stimme, dass einem der Atem stockt. Keun kennt, von was sie schreibt. Nachdem die Nationalsozialisten ihre Romane "Gilgi" und "Das kunstseidene Mädchen" auf die Schwarze Liste gesetzt hatten, emigrierte sie zunächst nach Belgien, dann in die Niederlande. "Kind aller Länder" ist auch ein Porträt der deutschen Exilautorenszene.
Einen "tragikomischen Exilroman aus Kinderperspektive" hat Kritikerin Katharina Teutsch mit dieser Wiederauflage von Irmgard Keun vor sich: Kully, die zehnjährige Protagonistin, muss mit ihrer Mutter und dem zunehmend mittellos werdenden Schriftsteller-Vater aus Nazi-Deutschland fliehen, über Belgien, die Niederlande, Frankreich und Italien geht es letztlich nach New York. Dauernd ist die Suche des Vaters nach einem Geldgeber Thema, die Armut der Familie soll natürlich nicht bekannt werden - wenn die Hotelrechnungen nicht bezahlt werden können, werden Mutter und Tochter als Pfand dagelassen, mit einem "höheren Versatzwert" als Luxusgüter, erfährt Teutsch von der kecken Protagonistin. Sie macht die erschreckenden Bedingungen des Exils zum Schelmenspiel, auf das sich die Rezensentin gerne einlässt - das ist klug, heiter und regt zum Nachdenken an, schließt sie.