Mit Mann und Kind zieht die namenlose Ich-Erzählerin nach Westjütland, den Teil Dänemarks, den man vielleicht am besten mit unserem Ostfriesland vergleichen kann, Natur, Meer, bodenständige Menschen, die nicht viele Worte machen. Ihr Mann ist Lehrer an einer Internatsschule, sie selbst hat es
eigentlich nicht so eilig, eine Arbeit zu finden, aber da das für die Partner der ortsansässigen Lehrer…mehrMit Mann und Kind zieht die namenlose Ich-Erzählerin nach Westjütland, den Teil Dänemarks, den man vielleicht am besten mit unserem Ostfriesland vergleichen kann, Natur, Meer, bodenständige Menschen, die nicht viele Worte machen. Ihr Mann ist Lehrer an einer Internatsschule, sie selbst hat es eigentlich nicht so eilig, eine Arbeit zu finden, aber da das für die Partner der ortsansässigen Lehrer nicht üblich ist, wird ihr schnell der Posten einer Kummerkastentante für die lokale Zeitung zugewiesen. Und so beginnt sie ihr neues Leben zwischen Kleinkind, Führerschein und Briefen, eckt mit ihrer direkten, auch mal Tabu überschreitenden und chaotischen Art immer wieder an, erhält aber auch viel Unterstützung und Rückendeckung von den pragmatischen Dorfbewohnern.
Und das ist eigentlich schon alles, was man über den Inhalt von „Meter pro Sekunde“ von Stine Pilgaard sagen kann, eine richtige Geschichte mit dramaturgischen Spannungsbogen gibt es nicht. Wir folgen der Protagonistin durch ihre alltäglichen Probleme wie das Zahnen ihres Sohnes, Schlafprobleme und die x. Fahrstunde, und haben Teil an ihrer Kummerkastenkorrespondenz. Auch diese beinhalten Allerweltssorgen, die vermutlich jeder von uns kennt. Und die Ich-Erzählerin beantwortet sie konsequent mit Anekdoten aus ihrem eigenen Leben, die nicht zwangsläufig etwas mit dem eigentlichen Problem zu tun zu haben scheinen, um am Ende dann in einer hübsch verpackten Moral zu enden. Zusätzlich werden uns noch selbstverfasste Liedtexte geboten, gesungen auf bekannte Melodien (der Übersetzer hat sich hier bemüht, dem deutschen Leser bekannte Stücke zu finden, damit einem munteren Mitsingen nichts im Weg steht).
Und das alles ist nett. Die Ich-Erzählerin ist nett, ihr Freund ist nett, ihre Freunde sind nett, alle Dorfbewohner sind nett, die Natur ist nett, die Begebenheiten sind nett, der Schreibstil ist nett. So nett, dass mich nach gut einem Drittel des Buches Gleichgültigkeit und nach einem weiteren eine lähmende Langeweile überfiel. Ich bin mir bewusst (weil es dick auf dem Cover steht), dass dieser Roman der erfolgreichste der letzten Jahre in Dänemark ist. Und ich denke, ich verstehe, warum. Er bietet pures Identifikationsmaterial, fast jeder von uns wird sich irgendwo wiederfinden (junge Mütter noch eher, als andere), und sicher ist es schön, den Stress des eigenen Alltags in amüsanter Verpackung wiederzufinden, an die humorvolle Seite des Lebens erinnert zu werden. Pilgaard schreibt auch nicht schlecht, man kann über das, was sie sagt, nachdenken. Oder es auch einfach schön finden, wie sie es formuliert. Nett sozusagen.
Also, ja, ich verstehe, dass man dieses Buch lieben kann, aber für mich blieb es zu oberflächlich. Denn auch unter dem eigenen Alltag liegen mehr Schichten, und gerade die sind es, die das Leben interessant machen. Oder eben einen guten Roman.