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Spurensuche: Amelie Frieds Familiengeschichte
Jedesmal, wenn in Amelie Frieds Elternhaus von der Nazizeit gesprochen wurde, verließ der Vater, Zeitungsverleger und Theaterkritiker in Ulm, den Raum. Seine Kinder wagten nicht zu fragen, wie er als Sohn eines jüdischen Kaufmanns die zwölf Jahre des Dritten Reichs überstanden hatte. An den Großvater erinnerten sie sich kaum.
Durch Zufall erfuhr Amelie Fried von näheren Familienangehörigen, die in Auschwitz ermordet wurden: Ihr Mann, der Drehbuchautor Peter Probst, stieß auf ihre Namen. Erschrocken, auch beschämt, entschloss sie sich, nicht länger wegzusehen, sondern die Geschichte ihrer Familie zu erforschen. Sie suchte nach amtlichen Schreiben, Briefen, Ausweisen, machte aber auch Ulmer Mitbürger ausfindig, die ihre Familie verfolgt und verstoßen hatten, in ihrem Buch ist sogar ein Foto des Polizeidirektors, der verantwortlich war für die Ausschreitungen gegen die Großeltern und ihr Schuhgeschäft - der Großvater hatte sich vergeblich dagegen gewehrt. Nur wenige Freunde hielten zu den Frieds. Nach dem Krieg lebten die meisten Deutschen weiter, als sei nichts geschehen. In dieser Umgebung ist Amelie Frieds Vater aufgewachsen. Sie hat ihn geprägt und zu einem verschlossenen Menschen gemacht, der auch zu seinen Kindern auf Distanz ging.
Frieds Spurensuche stützt sich auf Beweise, auf Gespräche mit Freunden der Eltern, mit Verwandten, die sie in Amerika traf, aber auch mit einer Tante in einem bayerischen Altenheim. "Ich möcht' nimmer darüber reden", sagte sie, ehe sie zu erzählen begann, wie es damals war. "Es ist nie vorbei", glaubt Fried, "und es darf niemals vergessen werden. Und das bedeutet: Wir müssen fragen." Sie hat das auf überzeugende Weise getan.
MARIA FRISÉ
Amelie Fried: "Schuhhaus Pallas". Wie meine Familie sich gegen die Nazis wehrte. Hanser Verlag, München 2008. 186 S., geb. 14,90 [Euro]. Ab 12 J.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
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