Es vergeht kein Tag, an dem ich kein amerikanisches Fernsehen schaue. Mitte Mai sah ich einen Beitrag dazu, dass Bill Clinton einen Thriller geschrieben hat. Noch bevor ich wusste, wie das Buch heißt, war mir klar, dass ich es unbedingt lesen möchte. Zwei Mal hat sich eine große Vorfreunde auf ein
Buch für mich sehr gelohnt: bei dem letzten Buch von Hillary und dem aktuellen Buch von Bill Clinton.…mehrEs vergeht kein Tag, an dem ich kein amerikanisches Fernsehen schaue. Mitte Mai sah ich einen Beitrag dazu, dass Bill Clinton einen Thriller geschrieben hat. Noch bevor ich wusste, wie das Buch heißt, war mir klar, dass ich es unbedingt lesen möchte. Zwei Mal hat sich eine große Vorfreunde auf ein Buch für mich sehr gelohnt: bei dem letzten Buch von Hillary und dem aktuellen Buch von Bill Clinton. Wenn das kein Zeichen ist.
Von James Patterson habe ich bislang noch kein Buch gelesen. Ich wusste also nicht, welche Art von Thriller und Schreibstil mich erwarten würde. Doch alleine die Verarbeitung des Insiderwissens eines ehemaligen Präsidenten machte das Buch wahnsinnig interessant für mich. Nicht, dass ich anderen Autoren eine schlechte Recherche unterstellen würde. Aber zu wissen, dass jede Ecke des Weißen Hauses und jeder Aspekt der Regierungsarbeit "the real deal" ist, machte die Lektüre für mich zu etwas Besonderem.
Während ich die Realitätsnähe bei diesen Aspekten durchweg positiv fand, konnte ich hier und da einen komischen Beigeschmack aber nicht ignorieren. Vor allem dann, wenn Präsident Duncan seine inneren Monologe pflegte. Immer wieder beschlich mich das Gefühl, dass die Gedanken des fiktiven Präsidenten, die Gedanken des echten Bill Clinton sind. Einige Seiten lasen sich für mich wie ein Pamphlet zur gegenwärtigen Regierung der USA, das es nicht erwarten konnte, ausgesprochen zu werden. Wie ein Schwelbrand, der seit einiger Zeit unter Bill Clintons Haut existierte und nun endlich mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden konnte, um zu einem eigenständigen, lodernden Feuer zu werden. Und das, ohne dass ihn andere der Brandstiftung beschuldigen könnten. Grundsätzlich ist dies nichts Negatives, es hat jedoch meinen Lesefluss beeinträchtigt. Ich empfand jene Passagen als ein brüskes Umschweifen von Fiktion zu Realität.
Auch sehr persönliche Umstände, die Bill Clinton während seiner Präsidentschaft durchleben musste, fand ich in "The President is missing" wieder. Manchmal gänzlich ungeschminkt.
Viele erinnern sich an die berühmten Worte Clintons, die er vor dem amerikanischen Kongress mit Nachdruck ins Mikrofon sprach, um eine sexuelle Beziehung zu Monica Lewinsky von sich zu weisen. Mit dem gleichen Pathos, und dem gleichen rhetorischen Habitus, beginnt das Buch beispielsweise. Dies hat mein Lesevergnügen nicht gemindert, doch holten mich jene Passagen ebenfalls aus der Fiktion in die Realität zurück. Das Verschwimmen dieser Grenzen zog sich für mich wie ein roter Faden durch das Buch.
Als Thriller ist "The President is missing" meines Erachtens nach fabelhaft. James Patterson ist ein Meister seiner Klasse. Wie ich mittlerweile gelernt habe, ist dies für viele Thriller-Fans nichts Neues. Für mich ist er jedoch eine tolle Entdeckung.
Ich applaudiere dem gesamten Team hinter diesem Buch dafür, dass es sich nicht hat einschüchtern lassen. Das Vorwort zu diesem Buch ist unmissverständlich darin zu erklären, dass viele ranghohe Politiker und Berater nicht erfreut darüber waren, dass Clinton den Vorhang des Weißen Hauses weiter lüften will, als es ihnen recht ist.
Bill Clinton hätte ohne James Patterson keinen so guten Thriller schreiben können. James Patterson hätte ohne Bill Clinton keinen so nuancierten und realitätsnahen Thriller schreiben können. Dieses Duo ist wahrlich präsidentiell.