Der linke Vollblutpolitiker Gregor Gysi untersucht in seinem neuesten Buch gewohnt eloquent und scharfzüngig die politische Rhetorik. Von den Anfängen in der griechischen Antike bis in die Gegenwart spürt er Eigenheiten, wie die Demagogie und die Kunst des Nichtsagens, und Unterschiede, wie z. B.
den Wandel von der Debattenkultur zur digitalen Selbstinszenierung, innerhalb des Politikersprechs…mehrDer linke Vollblutpolitiker Gregor Gysi untersucht in seinem neuesten Buch gewohnt eloquent und scharfzüngig die politische Rhetorik. Von den Anfängen in der griechischen Antike bis in die Gegenwart spürt er Eigenheiten, wie die Demagogie und die Kunst des Nichtsagens, und Unterschiede, wie z. B. den Wandel von der Debattenkultur zur digitalen Selbstinszenierung, innerhalb des Politikersprechs auf.
Für sprachaffine wie politikinteressierte Leser bietet dieses Büchlein vergnügliche Lesestunden. Wer allerdings die in den letzten Jahren erschienenen Bücher von Gregor Gysi (vgl. Ein Leben ist zu wenig, Marx & wir, Gysi vs. Sonneborn) kennt, wird einige Wiederholungen ausmachen und nicht viel Neues erfahren. Gleichwohl ist und bleibt Gysi ein brillanter Rhetoriker und launiger Erzähler, der sich gern auch mal selbst beweihräuchert, indem er diese Lektüre mit ausgewählten, einst gehaltenen Reden über Afghanistan und Edward Snowden abschließt.
Ich finde dieses Buch wichtig, weil es zeigt, dass die heutigen Politiker mehr und mehr am Volk vorbei argumentieren und lieber schweigen als anzuecken. Die Kunst der Rede beherrschen nur wenige von ihnen, auch weil es gerade einmal einen einzigen Lehrstuhl für Rhetorik in Deutschland gibt. Gregor Gysi gibt aber auch Verbesserungstipps. So sollten Politiker auch etwas zu sagen haben, wenn sie ans Rednerpult treten und nicht nur hohle Phrasen dreschen. Das Kämpferische und die Verständlichkeit vermisse ich am meisten. Lieber tummeln sich die Politiker in Talk-Shows und steigern so ihre Popularität und ihren Geldbeutel.
Sympathisch war mir Gysi immer dann, wenn es persönlich wurde und er gegen den Genderwahn oder die Deklarierung der DDR als Unrechtsstaat wetterte. Als studierter Rechtsanwalt wagt er stets den Blick aufs große Ganze und hat noch dazu immer eine eigene Meinung.
FAZIT
Ein typisches Gysi-Buch, das streitbar, anekdotenreich und aufrüttelnd zugleich ist.