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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.04.2001

Die Lust am Aktiengrusel
Günter Oggers schaurige Mär vom großen Börsenschwindel

Günter Ogger: Der Börsenschwindel. Wie Aktionäre und Anleger für dumm verkauft werden. Bertelsmann Verlag, München 2001, 319 Seiten, 44 DM.

Warum lesen wir so gerne Geschichten über Gaunereien? Weil wir uns wappnen wollen gegen Betrügereien? Weil wir uns freuen, daß es uns nicht erwischt hat? Oder einfach, weil wir uns ein wenig gruseln wollen? Warum das breite Publikum solche Geschichten gerne liest, spielt für Günter Ogger keine Rolle, er bedient nur die ohne Zweifel vorhandene Nachfrage nach ihnen: Ogger schreibt vom großen Börsenschwindel, dem großangelegten Betrug der Finanzbranche an den Anlegern, um seine Leser zu unterhalten.

Um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen: Auf den Aktienmärkten, vor allem auch auf dem Neuen Markt, ist in den vergangenen anderthalb Jahren viel passiert, was der Branche nicht zum Ruhm gereicht: Geschäftsberichte wurden beschönigt, Insiderhandel betrieben, Unternehmen wurden an die Börse gebracht, die dafür oft noch nicht reif waren, und nicht jeder Analyst mag eine weiße Weste haben. Viel Geld wurde verloren und floß auch in Taschen, wo es rechtlich oder zumindest moralisch nicht hingehört hätte. Ogger benennt und beschreibt viele dieser Fälle und kommentiert sie teils zornig - aber auch zu Recht.

Dennoch: Bei der Lektüre des Buches bleibt ein fader Nachgeschmack zurück. Zu einseitig und undifferenziert kommt das Buch daher; anekdotisch wirkende Fälle werden erzählt und aneinandergereiht, die alle nur eine Aussage zulassen: Wohin man auch am Kapitalmarkt geht, man wird übers Ohr gehauen.

Er wolle die Aktie nicht verteufeln, schreibt Ogger im Vorspann, doch nach der Lektüre des Buches fragt man sich, warum man überhaupt Geld auf dem Aktienmarkt anlegen soll. Zwar finden sich am Ende des Buches Hinweise für Anleger, die aber dem Anspruch des Autors, das Geld der Leser vor dem Zugriff der "dreisten Finanzprofis" retten zu wollen, nicht gerecht werden. Zudem wirken diese Tips im Kontext des Buches aufgesetzt und unpassend, so als sei Ogger auf den letzten Metern eingefallen, daß man dem Leser noch etwas journalistischen Nutzwert vermitteln könne. Die Behauptung des Klappentexts, daß Oggers "schonungslose Börsenbilanz" zeige, "wie man dennoch mit Aktien Geld verdienen kann", ist aus der Lektüre des Textes schwerlich nachvollziehbar.

Das Thema wäre ergiebig gewesen: Was kann, was müssen die Politik und die Justiz tun? Welche Befugnisse brauchen die Aufsichtsbehörden? Wie ist die Rechtslage, und wie müßte sie verändert werden? Wie kann man sich als Anleger schützen? All diese Fragen bleiben unbeantwortet. Ogger beschränkt sich darauf, dem Leser einen angenehmen (?) Schauer auf den Rücken zu schreiben. Wer in den vergangenen Monaten nicht investiert hat, kann sich bei der Lektüre im glücklichen Gefühl wiegen, davongekommen zu sein oder recht behalten zu haben. Wer Geld verloren hat, kann sich hier den Trost holen, daß es nicht seine Schuld war - und sich schwören, daß ihm so etwas nie wieder passiert. Bis zur nächsten Hausse.

HANNO BECK

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