Müssen Frauen im Alter Kompromisse machen? Haben sie sich nach den geltenden Konventionen zu richten, in unglücklichen Beziehungen auszuharren und ihr Leben nach den (Wert-) Vorstellungen von Dritten zu gestalten? Oder dürfen sie sich selbst verwirklichen, ihr Glück (ver-)suchen und sich ihre
(Lebens-) Träume erfüllen, mit einem jüngeren Partner an ihrer Seite? Diesen Fragen spürt die…mehrMüssen Frauen im Alter Kompromisse machen? Haben sie sich nach den geltenden Konventionen zu richten, in unglücklichen Beziehungen auszuharren und ihr Leben nach den (Wert-) Vorstellungen von Dritten zu gestalten? Oder dürfen sie sich selbst verwirklichen, ihr Glück (ver-)suchen und sich ihre (Lebens-) Träume erfüllen, mit einem jüngeren Partner an ihrer Seite? Diesen Fragen spürt die Bestseller-Autorin Ellen Berg in ihrem charmanten, humorvollen Roman "Jünger geht immer" nach, der von Anne, einer gestandenen Frau in der Mitte des Lebens erzählt, die sich in den vergangenen Wochen darauf konzentriert hat, die Goldene Hochzeit ihrer Eltern auszurichten. Zu ihrem Entsetzen verkündet ihre Mutter auf diesem Event die bevorstehende Trennung von ihrem Ehemann - und präsentiert ihren neuen Lebensgefährten, der deutlich jünger ist als sie selbst.
Das Geschehen spielt in der aktuellen Gegenwart, es wird ausschließlich aus der Ich-Perspektive von Anne vermittelt. Sie ist eine sympathische Protagonistin, mit der man/frau sich leicht identifizieren kann. . Nach dem ersten Schock und einem kurzen Gespräch mit einem anderen Gast auf der geplatzten Goldenen Hochzeit kommt sie ins Grübeln. In der Mitte des Lebens muss sie eine ernüchternde Bilanz ziehen. Unterm Strich gesehen, ist sie in eine Sackgasse geraten. Nach ihrem Jura-Studium arbeitet sie als Anwalts- und Notargehilfin in einem winzigen Büro in der Kanzlei ihres Mannes, schlecht bezahlt, in der internen Hierarchie klein gehalten, aber mit schwierigen Fällen betraut. Das Zweite Juristische Staatsexamen hat sie nicht mehr abgelegt, sondern sich auf ihre häuslichen Aufgaben als Mutter von zwei Kindern konzentriert. Beruflich und privat hat sie ihre Wünsche zurückgestellt und ihrem Mann Karsten den Rücken frei gehalten, was er ihr mit arroganter Macho-Attitüde und chronischer Untreue dankt.
Im Laufe der Zeit durchläuft Anne eine bemerkenswerte Entwicklung. Nach und nach verabschiedet sie sich von dem klassischen weiblichen Rollenbild, das von ihren scheinheiligen "Freund*innen" auf Social Media als non plus ultra gepriesen und verkauft wird. Viel zu lange ist sie unsichtbar gewesen, nun erwacht sie zu neuem Leben. Sie entwickelt sich von einem angepassten, braven Hausmütterchen zur modernen, selbstbewussten Frau, die ihre Rechte kennt und sich gegenüber Dritten durchsetzt. Folgerichtig zieht sie einen Schlussstrich unter ihre unglückliche Ehe (mit ausdrücklicher Billigung ihrer Kinder, die sich mit ihr solidarisch erklären), folgt dem Beispiel ihrer Mutter und wagt einen Neustart mit Tom, einem aufstrebenden Gastronomen, der wesentlich jünger ist als sie selbst, aber ihre Vorstellungen von einer gleichberechtigten Partnerschaft teilt.
Was für eine mitreißende Lektüre! Mit Situationskomik und Wortwitz skizziert Ellen Berg die Lebenssituation von Frauen, die in toxischen Beziehungen gefangen sind, aus dem grauen Alltag ausbrechen und sich selbst (und andere!) neu entdecken möchten. Es ist eine leicht und locker geschriebene, humorvolle Geschichte mit liebevoll ausgearbeiteten (nicht zwingend liebenswerten) literarischen Figuren, die nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zum Nachdenken über ernste Themen anregt. Dieser Roman ist ein echtes Lese-Highlight, das bestes Lese-Vergnügen garantiert. Man kann es gar nicht mehr aus den Händen legen. Sehr empfehlenswert!