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Rau, zärtlich, knallhart!Nini und Jameelah leben in derselben Siedlung und sind mit ihren vierzehn Jahren so gut wie erwachsen, finden sie. Deswegen mischen sie auf dem Schulklo Mariacron und Maracujasaft und lassen sich durch einen hitzeflirrenden Sommer treiben, der ihr letzter gemeinsamer sein könnte. Sie feiern Bahnpartys, rauchen Ott in Telefonzellen und schleppen auf der Kurfürsten Typen ab, um für den »Richtigen« zu üben. Nini und Jameelah erschaffen sich eine Welt mit eigenen Gesetzen: sie überziehen den Staub der Straße mit Glamour und die Innigkeit ihrer Freundschaft ist…mehr

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Produktbeschreibung
Rau, zärtlich, knallhart!Nini und Jameelah leben in derselben Siedlung und sind mit ihren vierzehn Jahren so gut wie erwachsen, finden sie. Deswegen mischen sie auf dem Schulklo Mariacron und Maracujasaft und lassen sich durch einen hitzeflirrenden Sommer treiben, der ihr letzter gemeinsamer sein könnte. Sie feiern Bahnpartys, rauchen Ott in Telefonzellen und schleppen auf der Kurfürsten Typen ab, um für den »Richtigen« zu üben. Nini und Jameelah erschaffen sich eine Welt mit eigenen Gesetzen: sie überziehen den Staub der Straße mit Glamour und die Innigkeit ihrer Freundschaft ist Familienersatz. Doch dann werden sie Zeugen, wie ein Konflikt in der Familie ihres Freundes Amir eskaliert. Und alles droht zu zerbrechen. Inka Löwendorfs frische Stimme und ihr perfektes Timing geben der toughen Ich-Erzählerin Nini einen unwiderstehlichen Drive.
Autorenporträt
Velasco, Stefanie de
Stefanie de Velasco, geboren 1978 in Oberhausen, studierte Europäische Ethnologie und Politikwissenschaft in Bonn, Berlin und Warschau. 2011 erhielt sie für den Anfang ihres Debütromans den Literaturpreis Prenzlauer Berg und war unter anderem Stipendiatin der Schreibwerkstatt der Jürgen-Ponto Stiftung. Derzeit lebt und arbeitet sie in Berlin.

Löwendorf, Inka
Inka Löwendorf arbeitete unter anderem am Schauspielhaus Wien, Staatstheater Mainz sowie am Berliner Ensemble und ist seit 2007 festes Ensemblemitglied der Volksbühne Berlin. Im gleichen Jahr gründete sie den Heimathafen Neukölln, wo sie seither in der künstlerischen Leitung tätig ist - wenn sie nicht gerade in Stücken wie "Die Rixdorfer Perlen" oder "ArabQueen" selbst auf der Bühne steht.
Trackliste
CD 1
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2Tigermilch00:04:47
3Tigermilch00:04:35
4Tigermilch00:03:07
5Tigermilch00:02:59
6Tigermilch00:04:55
7Tigermilch00:04:06
8Tigermilch00:04:53
9Tigermilch00:05:25
10Tigermilch00:03:43
11Tigermilch00:05:20
12Tigermilch00:04:16
13Tigermilch00:03:48
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CD 2
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2Tigermilch00:05:20
3Tigermilch00:05:51
4Tigermilch00:03:31
5Tigermilch00:05:40
6Tigermilch00:04:42
7Tigermilch00:04:08
8Tigermilch00:05:12
9Tigermilch00:04:50
10Tigermilch00:04:26
11Tigermilch00:03:34
12Tigermilch00:04:51
13Tigermilch00:05:47
CD 3
1Tigermilch00:04:29
2Tigermilch00:03:26
3Tigermilch00:04:03
4Tigermilch00:05:09
5Tigermilch00:04:13
6Tigermilch00:05:44
7Tigermilch00:04:47
8Tigermilch00:04:13
9Tigermilch00:05:25
10Tigermilch00:05:14
11Tigermilch00:05:38
12Tigermilch00:04:51
13Tigermilch00:05:27
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2013

Wenn dir jemand etwas Böses will
Stefanie de Velascos Debüt "Tigermilch" erzählt eine Mädchengeschichte zwischen Spielplatz und Drogenstrich

Während die Prostitution auf der einen Seite aus der feministisch gedrosselten Zivilisation verbannt werden soll, kehrt sie von der anderen als Teil der Jugendkultur schon wieder zurück. Könnte man zumindest meinen, wenn man den vielbeachteten Debütroman von Stefanie de Velasco liest. Da geht es um Nini und Jameelah, zwei vierzehnjährige Mädchen, die sich nach der Schule aufreizend anziehen (Ringelstrümpfe nach Kinderschändergeschmack) und alkoholisch enthemmen, um dann auf dem Berliner Kurfürstenstraßenstrich die Hürchen zu mimen. Das wirkt so plausibel, als wollten Jungs im Schützengraben Soldat spielen. Und so grenzt das Spiel hier denn auch nahtlos an den Ernstfall.

Wie Jodie Foster in "Taxi Driver" lehnen sich Nini und Jameelah in die Autofenster der Freier. Sie lassen sich Scheine zustecken, steigen ein und spielen mit den Männern in deren Wohnungen oder Hotelzimmern garstige Spiele, wobei sie es als clevere Mädels nicht zum Letzten kommen lassen. Entjungferung soll bis auf weiteres nur geprobt werden. "Wir müssen üben, für später, für das echte Leben, irgendwann müssen wir ja wissen, wie alles geht." Ist das nun einfach fahrlässiger Blödsinn, mitsamt dem pseudopoetischen Geraune vom "echten Leben"? Die Frage drängt nicht nach einer Antwort, denn der helle, melancholische Ton, den Stefanie de Velasco für ihre Mädchengeschichte zwischen Spielplatz und Drogenstrich, Kindheit und Adoleszenz gefunden hat, zieht zunächst in den Bann. Man fühlt mit ihren beiden Heldinnen, die auf den Spuren Tom Sawyers und Huckleberry Finns mit der wieder einmal sehr fadenscheinigen Erwachsenenwelt hadern. Sie sind im prekären Charlottenburger Milieu zu Hause und haben ausgerechnet die Fußgängerzone der Wilmersdorfer Straße mit ihrem Kugelbrunnen zum Treffpunkt erkoren. Müllermilch ist ihre Droge, auf dem Schulklo gemixt mit Marajucasaft und "ordentlich Mariacron". Außerdem eignen sich die Becher gut für kleine Raubzüge in den Arkaden: Man lässt Schmuckstücke und Haarspangen unauffällig ins Milchgetränk fallen, ganz "cool und pomade".

Bald wird allerdings deutlich, dass Nini das Suchtverhalten ihrer Herkunftswelt reproduziert. Die Mutter liegt die meiste Zeit als schlafendes Alkoholwrack auf dem Sofa, die kleine Schwester nascht bereits regelmäßig am Eierlikör, wenn sie nicht gerade mit länglichen Gemüsesorten Pornofilme nachspielt, die der Freund der Mutter nur schlecht versteckt. Ninis Vater hält sich fern und simuliert womöglich ein Funkloch, als die Tochter ihn ein einziges Mal auf dem Handy anruft. In den Familien ihres Freundeskreises werden die Kernproblematiken von Migranten und Flüchtlingen möglichst vollständig durchdekliniert: schwere Kriegstraumatisierungen, Angst vor Abschiebung, ethnische Konflikte, Ressentiments gegenüber deutschen "Kartoffeln". Jameelah allerdings plant für den Tag ihrer Einbürgerung eine knollenfrohe Party mit Kartoffelgerichten: endlich vollgültig deutsch. Aber man ahnt, dass sie mit ihrer Mutter, die doch bereits Arbeit in einer Klinik gefunden hat, zurückgeschickt werden wird in ein Land, "wo sie die Häuser aus Kamelscheiße bauen". Denn für die Behörde ist der Irak-Krieg längst beendet.

Der Verdacht, dass die 1978 geborene Autorin ihrem erzählerischen Können selbst nicht wirklich vertraut und deshalb thematisch zu sehr aufrüstet, erhärtet sich, wenn dann auch noch der stereotype Ernstfall des Migrantenmilieu-Thrillers droht: der Ehrenmord. Ninis Freundin Jasna, mit ihrer muslimischen Familie in den neunziger Jahren aus Bosnien geflohen, hat sich in einen jungen Serben verliebt. Ihr Bruder Tarik, dem die Serben in der frühen Kindheit das Bein zerschossen haben, ist nicht bereit, diese Beziehung zu dulden. Er ersticht Jasna bei Nacht auf dem Spielplatz, vor den Augen von Nini und Jamaleeh, in Kino-Zeitlupe. Da die Polizei einen Unschuldigen verdächtigt, verfügen die beiden Mädchen nun über heikles Täterwissen (Indianer-Joe und Muff Potter aus "Tom Sawyer" lassen grüßen), wissen aber nicht, wie sie damit umgehen sollen. Erst einmal gehen sie jedenfalls nicht zur Polizei, sondern treiben das Projekt Entjungferung auf der Kurfürstenstraße voran. Nini hat ihren ersten richtigen Sex mit einem doppelt beinamputierten Afghanistan-Kämpfer, dessen bestes Stück glücklicherweise nicht vom "friendly fire" erwischt wurde. Bei dieser Gelegenheit erfährt man, dass es eigentlich gar nicht so furchtbar ist, derart verstümmelt zu werden: "Na ja, ist nicht der Schmerz, der schlimm ist oder das appe Bein ... Gewalt ist, wenn dir jemand was Böses will, nicht der Schmerz an sich, sondern die Absicht", meint der Veteran jovial. Die Autorin ist von diesem weltkennerischen Geistesblitz so beeindruckt, dass sie ihn an späterer Stelle noch einmal wiederholt.

Beim Entwerfen einer Erzählhandlung muss man nicht Wahrscheinlichkeitsrechnung betreiben, und seit Mark Twain lebt der Pubertätsroman von moralischen Grenzüberschreitungen und den Berührungen mit der außerbürgerlichen Welt. Aber Stefanie de Velasco kann nur krass und drastisch. Es fehlen die Zwischentöne. Durch die hektische Problemballung wirkt das wie eine Vorabendserien-Dramaturgie. Wenn Nini später ihren ersten liebevollen Sex hat, dann natürlich nicht an einem beschaulichen Ort, sondern im Krankenhaus, wo im Nachbarbett ein schwer verbranntes Mädchen liegt. Sie selbst ist frisch operiert und blutet oben aus der Kieferwunde, während unten das Laken getränkt wird von reichlich Entjungferungsblut, das aus unerfindlichen Gründen zuvor beim akrobatischen Akt mit dem Afghanistan-Veteranen nicht geflossen ist.

Dieser Roman blutet in zu viele Richtungen. Am Ende wirkt er deshalb wie eine aus Krassheiten, klischeehafter sozialer Anklage, lebensphilosophischen Plattheiten und Boulevardjournalismus zusammengebraute Kunstwelt, dargeboten in einer Jugendsprache, die sichtlich die Nähe zum Authentizitätston von Wolfgangs Herrndorfs "Tschick" sucht - einem Buch, das allerdings ganz ohne solche thematischen Forciertheiten auskam. Vielleicht sollte Stefanie de Velasco es noch einmal lesen. Damit ihr nächster Roman mehr wird als eine aufgebrezelte Talentprobe.

WOLFGANG SCHNEIDER

Stefanie de Velasco: "Tigermilch". Roman.

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013. 288 S., geb., 16,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für Wolfgang Schneider ist dieses Debüt eine "aufgebrezelte Talentprobe". Allerdings scheint er sich durchaus vorstellen zu können, dass Stefanie de Velasco irgendwann mehr zustande bringen wird als diesen Pubertätsroman mit hektischer Problemballung, der den Jugendsprech von Herrndorfs "Tschick" kopiert, ohne allerdings über dessen Gelassenheit zu verfügen. Für Schneider ist das alles viel zu viel. Zu viele weltkennerische Geistesblitze, zu viel krasse Drastik. Ein paar Zwischentöne in der Geschichte um die beiden Berliner Lolitas Nini und Jameelah, in der von Nymphchen-Sex bis Ehrenmord wirklich alles vorkommt, was der Migrantenmilieu-Thriller braucht (oder auch nicht), hätten Schneider milder gestimmt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der Roman überzeugt als lebhafte und gut beobachtete Milieustudie, die auch vor dem brisanten Thema ethnischer Rivalitäten nicht zurückschreckt.« Nadine Hemgesberg Die Welt 20130826