Kann aus dem unterkühlten und geruhsamen Norwegen eigentlich überhaupt irgendeine Form von gutem Jazz kommen, oder braucht es dazu einfach eine hektische urbane Atmosphäre, wie man sie in den USA und in nur wenigen europäischen Metropolen findet? Die CD „Darkness out of blue“, besungen von Silje
Nergaard, gibt darauf eine eindeutige Antwort, nämlich ein „Ja“ zu Jazz „made in Norway“, das keinen…mehrKann aus dem unterkühlten und geruhsamen Norwegen eigentlich überhaupt irgendeine Form von gutem Jazz kommen, oder braucht es dazu einfach eine hektische urbane Atmosphäre, wie man sie in den USA und in nur wenigen europäischen Metropolen findet? Die CD „Darkness out of blue“, besungen von Silje Nergaard, gibt darauf eine eindeutige Antwort, nämlich ein „Ja“ zu Jazz „made in Norway“, das keinen Platz für Zweifel lässt. Eigentlich hatte sich die Nergaard schon eine gewisse Bekanntheit als Popsängerin erarbeitet, aber gottlob hat sie den Sprung ins Jazz-Metier gewagt, wo sie sich bitte auch noch schön lange aufhalten soll, denn ihr Jazz-Erstling kann kaum gelungener ausfallen. Sie reiht sich damit ein in eine Gruppe von Landsfrauen wie Sidsel Endresen oder auch Torun Eriksen. Ein norwegisches Fräuleinwunder? Das möchte man vom ersten Song auf der CD an gerne glauben. „Paper boats“ beginnt unglaublich zart und atmosphärisch. Schon die ersten gesungenen Zeilen weisen die Stimme Nergaard als glockenhell und gleichzeitig sonorig fundiert aus. Das macht ihr in dieser speziellen Art und Weise derzeit wohl kaum eine Sängerin nach. Dabei geling ihr zudem eine feine Balance zwischen Stimme und Instrumentalbegleitung, die man so erst einmal hinbekommen muss. Der nächste Titel, „Darkness out of blue“, ist fein, ja geradezu originell rhythmisiert. Da liebt jemand die Musik, die er macht. Vor allem bei „The diner“ ist es anzuraten, sich kurz einmal der Verzauberung durch Nergaards Stimme zu entziehen (auch wenn’s schwerfällt…) und auf den einfühlsamen Songtext zu lauschen. Der ist, wie die meisten anderen Titel auf der CD auch, von hoher poetischer Qualität. So ganz nebenbei entpuppt sich die Nergaard also auch als Liedermacherin, auch wenn dieses Etikett keineswegs ausreicht, um ihr künstlerisches Potential zu charakterisieren. Das warmherzige „The beachcomber“ wiederum ist ein richtiges Lied zum Eintauchen und sich fallen lassen an langen Herbstabenden, wie übrigens auch „Who goes there“ und „Before you called me yours“. Und hört man bei „How are you gonna deal with it“ nicht eine Spur Gospel heraus? Das Sahnehäubchen „Let me be troubled“ ist mit seinen leichten Jazzpiano-Anschlägen ein schöner Abschluss einer tollen CD. Warum hört man dieses Kunststück eigentlich nicht in den Hitparaden? Wirklich gute Musik muss man leider fast immer erst einmal ausdauernd suchen, aber wenn man so eine Entdeckung wie diese Scheibe macht, dann ist man umso erfüllter. Im Radio öfter mal einen Song der Nergaard hören, das würde die Menschen vielleicht mehr freuen als irgendein lieblos zusammengeflickter Pseudo-Hit aus einer melodischen Massenproduktion, vorgetragen von uninspirierten Frontleuten. Also lautet mein Rat: Die CD kaufen, sich hineinhören und eine wunderschöne musikalische Reise antreten, von der man hofft, dass sie so schnell nicht endet…