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Trackliste
CD
1Home00:05:05
2My Big Nurse00:03:19
3I Feel My Stuff00:06:24
4Everything That Happens00:03:43
5Life Is Long00:03:42
6The River00:02:26
7Strange Overtones00:04:16
8Wanted For Life00:05:06
9One Fine Day00:04:53
10Poor Boy00:04:16
11The Lighthouse00:03:46
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2009

Eine herrliche Ruhe ist das
Byrne und Eno geben sich wohltuend unaffektiert

Knapp zwanzig Minuten dauert es, bis man "Everything That Happens Will Happen Today" auf dem Rohling notieren kann, um dann sogleich von der fröstelig-flachbrüstigen Beschallung des Laptops in lauschigere audiophile Umarmungen zu flüchten. Da vom Zücken der Kreditkarte bis zum Herunterladen der elf Stücke von www.everythingthathappens.com so viel kreative Eigenleistung in die Anbahnung eines möglichen Musikgenusses für 8,99 Dollar eingeflossen ist, kann man ruhig so frech sein, ein Fragezeichen hinter den Titel des ersten Albums von David Byrne und Brian Eno seit einem Vierteljahrhundert zu machen. Schließlich kennen der krakeelende Frontmann der Talking Heads und dessen klangkundiger Katapulteur in den Weltruhm nun sogar den Mädchennamen meiner Mutter, gehören somit quasi zur Familie und müssen fürderhin auch mal mit kritischen Fragen rechnen. Denn was soll das heißen: "Alles, was geschieht, wird heute geschehen?"

Sollten derart intime Beziehungen zu den Künstlern unerwünscht sein, kann man sich das Werk nun allerdings auch in Echtzeit über die Ladentheke reichen lassen, was auf Grund des von Stefan Sagmeister gestalteten Booklets lohnt: Detailansichten einer hyperrealistisch-anwesenden Backsteinvilla, die, von wilder und geometrisierter Natur umringt, in einen Blick fällt, der eher jener treudoof ins Geröll glubschender Marssonden ist. Was aber haben diese so posthistorischen wie willkürlichen Veduten damit zu tun, dass ein Heute, das sich das All der Ereignisse soll einverleibt haben, zu jeder Mitternacht vom Minutenzeiger falsifiziert wird?

Die Talking Heads haben früher oft als wuselige Recycling-Musik drapierte Subtextcollagen gemacht, die primär Körper und Geist ansprachen und nur vermittels einer Art retardierenden Wirkung, wie man sie etwa von Tabletten, Kapseln und Zäpfchen kennt, die Seele. Auf "Everything That Happens" ist das nicht anders, geschieht nun aber wohltuend unaffektiert. Man folgt Byrne gern in eschatologische Betrachtungen und Rollenspiele, die vom zwielichtigen Drama der Konkretisierung des Guten in der materiellen Alltagswelt handeln und sich gar zur "Compassion for things I'll never know" aufschwingen können.

Mit brillant instrumentierten, mal folktronisch-schunkelnden ("Home"), bald psychogrammatisch-bohrenden ("I feel My Stuff"), dann auch jenseitig-jauchzenden Stücken ("Everything that Happens") ist Byrne und Eno eine ganz herausragende Platte gelungen. In gottlosen Gewerbegebieten, die sich in saftige, von Windkraftanlagen observierte Landschaften fressen, klingt sie besonders gut und gerät dem hörenden Ohr zu einer Art Requiem. Denn tausend Jahre sind vor ihm wie der Tag, der gestern vergangen ist.

ALESSANDRO TOPA

David Byrne & Brian Eno, Everything That Happens Will Happen Today. Essential 919162 (Indigo)

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