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Trackliste
CD
1GOOD TIMES ARE BACK
2BRING THE BULL DOWN
3NOT IN MY NAME
4SMALL REWARDS
5SECOND CLASS CITIZENS
6YOU SAVED MY LIFE THEN RUINED IT
7GHOST OF WESTMINSTER
8ES STÖRT MICH NICHT
9CARRYING ON
10Ghost Of Westminster00:03:50
11Es Stört Mich Nicht00:03:19
12Carrying On00:04:05
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2006

Wir haben sie gehaßt
TV Smith hat den Punk überlebt und spielt ihn immer noch

Mit den "Adverts" hat er Geschichte geschrieben. "Gary Gilmore's Eyes" ist ein Stück, das ewig leben wird und dementsprechend auch auf einhundertundeiner Punk-Compilation zu finden ist. Seit einigen Jahren kommt immerhin die Hälfte der Tantiemen auch beim Schöpfer des Songs an. Dafür mußte TV Smith lange kämpfen. Über der juristischen Auseinandersetzung hat er aber nie vergessen, was seine eigentliche Aufgabe ist: Musik zu machen. Wolfgang Rohde, der ehemalige Schlagzeuger der "Toten Hosen", kennt dessen Qualitäten und hat deshalb TV Smiths jüngstes Album auf seinem eigenen Label "Goldene Zeiten" veröffentlicht. Die "Hosen"-Connection geht sogar noch weiter: Vom Ritchie, der aktuelle Schlagzeuger der Band, spielt auf Smiths Platte, "Hosen"-Produzent Jon Caffery hat die Platte gemischt, Sänger Campino findet warme Worte: "TV Smith gehört zu den besten Songwritern der Musikszene."

Wahre Worte, für die die CD "Misinformation Overload" den Beweis liefert. Die Songs haben es in sich. Ein weiterer prominenter Düsseldorfer findet sich, gut versteckt, auf dem elften von zwölf Songs, "Es stört mich nicht": Peter Hein, Sänger der "Fehlfarben", steuert kernigen Hintergrundgesang bei. "Vom (Ritchie) kannte jemanden von den ,Fehlfarben', und da es mein erstes deutsches Lied war, wollte ich gern einen deutschen Backgroundsänger haben", erzählt TV Smith. "Peter Hein ist ein toller Sänger. Er ist gekommen und hat mich gleich eingeladen, backing vocals für eine Neueinspielung von ,Es geht voran', dem absoluten Klassiker der ,Fehlfarben', zu machen. ,Es stört mich nicht' habe ich auf deutsch geschrieben. Wenn ich hier bin, fange ich an, in deutsch zu denken. Es gibt keine gute Übersetzung für ,Es stört mich nicht', also habe ich es so gelassen. Aber ich habe mich lange nicht getraut, es für eine Platte einzuspielen."

Experiment gelungen, muß man konstatieren. Wir treffen TV Smith in der Düsseldorfer Matisse-Ausstellung, und der Kunstfreund verfällt auch gleich ins Fachsimpeln. Hier sein Redeschwall: "Matisse variiert immer dieselben Themen, und das kann ich gut nachvollziehen - manche Lieder von mir haben die gleichen Themen wie vor zwanzig Jahren", sagt er grinsend. "Aber Matisse hat sich nicht sehr engagiert für das, was in der Welt vorgeht, das stört mich ein bißchen, er war immer nur in seiner eigenen Kunst-Welt. Meiner Meinung nach muß die Kunst auch immer was mit der Welt zu tun haben - aber natürlich ist er einer der ganz Großen!" TV Smith kam über den Umweg der Worte zur Musik. "Ich habe schon in der Schule angefangen, Texte oder Poesie zu schreiben."

"Irgendwann habe ich gemerkt, daß es Songs waren, und da ich die damalige Popmusik schlecht fand, hatte ich das Gefühl, ich kann bessere Songs schreiben. Aber ich war ein miserabler Gitarrist, vor allem live. Mir war es lieber, bei den ,Adverts' nur zu singen. Erst seit fünfzehn Jahren habe ich das Gefühl, ein einigermaßen passabler Gitarrist zu sein. Aber ich bin immer noch stolz auf die Songs, die die ,Adverts' gemacht haben." Mit "The Clash" und den "Sex Pistols" gehörten die "Adverts" zur Speerspitze der Punkbewegung, weshalb TV Smith der nachträglichen Glorifizierung und Geschichtsfälschung auch wenig abgewinnen kann.

Die Behauptung, daß Punk sich schlichtweg gegen alles gerichtet habe, läßt er nicht gelten. ",Pink Floyd' habe ich jedenfalls nicht gehaßt", greift TV Smith eine beliebte Legende auf, "aber ,Emerson, Lake & Palmer' und dieses ganze Chinn/Chapman-Zeug: ,The Sweet' und so was. Die waren jede Woche auf Top of the Pops, und ihre Texte waren schlecht. Die hatten nichts zu sagen. Daß ,Teenage Rampage' ein toller Song ist, habe ich erst später gemerkt. Punk war am Anfang gar nicht gegen alles. Das war nur ein Image. Wir wollten gute Musik machen mit Texten, die was zu sagen hatten. ,Emerson, Lake & Palmer' hatten mir nichts zu sagen, zwanzigminütige Schlagzeugsoli hatten mir nichts zu sagen. Dagegen waren ,Pink Floyd' eine Punkband. Ich hatte nie etwas gegen ,Pink Floyd'."

Dann wäre das ja endlich geklärt. Mit "Pink Floyd" hat der energetische Punkrock, den TV Smith zur Zeit auf einer Tournee quer durch Deutschland präsentiert, aber nach wie vor überhaupt nichts zu tun. Aber sich einzumischen, darum geht es ihm nach wie vor. "Wichtig ist die gute Idee", hält TV Smith immer noch das alte Punk-Ethos hoch. "Und zwar ist sie wichtiger als die Tatsache, ein guter Musiker zu sein. Das stört mich heute noch, wenn etwas zu perfekt produziert ist. Gute Musik sollte immer rauh klingen. Ich will Musik machen wegen der Ideen, die ich habe, und nicht, weil ich denke, ein toller Gitarrist zu sein."

ROLF THOMAS.

TV Smith, Misinformation Overload. Goldene Zeiten 0162184GZR (Edel)

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