
Autor im Porträt
Bernhard Schlink
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Das späte Leben
Broschiertes Buch
Martin, sechsundsiebzig, wird von einer ärztlichen Diagnose erschreckt: Ihm bleiben nur noch wenige Monate. Sein Leben und seine Liebe gehören seiner jungen Frau und seinem sechsjährigen Sohn. Was kann er noch für sie tun? Was kann er ihnen geben, was ihnen hinterlassen? Martin möchte alles richtig machen. Doch auch für das späte Leben gilt: Es steckt voller Überraschungen und Herausforderungen, denen er sich stellen muss.…mehr
Statt 26,00 €****
15,00 €
Der Vorleser
Gebundenes Buch
Sie ist reizbar, rätselhaft und viel älter als er - und sie wird seine erste Leidenschaft. Sie hütet verzweifelt ein Geheimnis. Eines Tages ist sie spurlos verschwunden. Erst Jahre später sieht er sie wieder. Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängenden Vergangenheit.…mehr
19,00 €
Bernhard Schlink
Bernhard Schlink, geb. 1944 in Bielefeld, aufgewachsen in Heidelberg. Jurastudium dort und in Berlin, danach wissenschaftlicher Assistent. Erste Professur für VerfR und VerwR in Bonn, dann in Frankfurt. 1988 Richter des VerfGH für das Land NRW. Nach der Wende 1989 in Berlin tätig. Heute Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Humboldt-Universität in Berlin und Richter am LVerfGH in Münster. Zunächst Fachbuch-, dann Romanveröffentlichungen; Auszeichnungen.Kundenbewertungen
Das späte Leben
Einfühlsam und universell;
Obwohl Martin im Buch ein älterer Mann mit junger Frau und kleinem Kind ist, so wird doch seine Situation universell beschrieben. Es hätte jeder sein können, der eine dramatische Diagnose bekommt und sich Gedanken um seine letzten Wochen und die zukünftigen Hinterbliebenen macht. Das macht für mich die Stärke des Buches aus, da der Fokus nicht auf Martins Alter liegt, sondern darauf, welche Gedanken ihm durch den Kopf gehen und was er tun will oder meint, noch organisieren zu müssen. Natürlich ist das Alter auch Thema, aber diese Situation der tödlichen Diagnose wird sehr einfühlsam und nachvollziehbar beschrieben. Der Schreibstil ist einfach nur schön: Ausdrucksstark, emotional, gehoben ohne zu anspruchsvoll zu sein. Ein wichtiges Thema, dass Bernhard Schlink hier sehr gekonnt und trotz aller Ernsthaftigkeit unterhaltsam behandelt.
Das späte Leben
“Das späte Leben” von Bernhard Schlink, gesprochen von Ulrich Noethen zeigt uns einen Roman, über die Vergänglichkeit im Leben. Würdevoll, ruhig und doch emotional aufwühlend schreibt der Autor in seinem Spätwerk.
Martin, ein pensionierter Professor Mitte siebzig erhält die ärztliche Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ihm bleiben realistisch gesehen nur noch wenige Monate. Wie möchte er diese kostbare Zeit nutzen? Mit seiner jungen Frau Ulla in Urlaub fahren? Zeit mit seinem kleinen Sohn David verbringen, um ihm eine Erinnerung zu schenken.
Martin verbringt viel Zeit im Garten, spielt mit seinem Sohn und legt mit ihm einen Komposthaufen an, um den sich David später alleine kümmern darf. Er war als Kind begeistert von dieser Arbeit und versucht auch David mitzureißen und ihm seine Erfahrung und Werte weiterzugeben.
Er versucht David in einem Brief Ratschläge für die Zukunft zu geben , seine Werte und Vorstellungen zu vermitteln und doch kann er wenig zu den wichtigen Themen beitragen; wie man sich rasiert findet Martin als Hinterlassenschaft unpassend, auch wenn Ulla dies in einem Film gesehen und vorgeschlagen hatte.
In diesem Gedankenkarussell gefangen und in den alltäglichen Pflichten festgefahren, wollte Martin seine geliebte Ulla in ihrem Atelier überraschen und wurde selbst überrascht. Ulla hat eine Affäre und Martin versucht heimlich, mehr über den Mann zu erfahren.
Seine Ehe möchte er jedoch in der kurzen, verbleibenden Zeit nicht gefährden und schweigt gegenüber Ulla. Ein durchdachter und gangbarer Weg für Martin und seine begrenzte Zeit.
Und doch verbunden mit Ängsten und Hoffnungen.
Kann der unbekannte Mann ihn ersetzen? Und möchte er dies?
Wäre der Liebhaber ein Ersatzvater für David? Liebt Ulla diesen Mann oder liebt sie beide Männer?
Martin stellen sich viele Fragen, wie seine restlichen Tage aussehen, was der Nachwelt, seinem Sohn und Ulla seiner geliebten, jungen Frau von ihm in Erinnerung bleiben wird?
Was kann er seinem Sohn vermitteln. Was ist wichtig?
Martin lebt im Alltag, begleitet seinen Sohn in den Kindergarten, versucht Zeit mit ihm und Ulla zu verbringen. Würdevoll versucht der Protagonisten in seinem hohen Alter seine letzten Wochen intensiv zu verbringen.
Der Autor versteht es gut, den Leser einfühlsam, in die Gedanken eines sterbenden, alten, kranken Mannes mitzunehmen .
Schlicht und einfach zeichnet der Autor ein nüchternes Bild über den unausweichlichen Tod.
Der Protagonist wird einfühlsam beschrieben, es gibt kein Drama um seine Krankheit , er nimmt die Diagnose an und handelt besonnen und ruhig. So ist es seine Art….!
Seine letzten Stunden beschließt Martin - ohne eine Belastung für Frau und Sohn - in einem Hospiz zu verbringen.
Er hat in den letzten Wochen versucht, alles zu bedenken, für alles zu sorgen und das Beste für Sohn und Frau zu organisieren.
Doch Martin kam das Leben und schlussendlich der Tod dazwischen.
Bernhard Schlink zeichnet sich durch seine schlichten, intensiven Worte und das hochinteressante Thema aus.
Der Autor versteht seine Arbeit und schenkt uns ein Meisterwerk .
Der Sprecher Ulrich Noethen hat die Intensität der Erzählung meisterhaft wiedergegeben. Sein Ausdruck, seine einfühlsame, ruhige Stimmlage waren perfekt geeignet.
Ein Hörbuch, welches ich von Herzen empfehlen kann.
Die Enkelin (eBook, ePUB)
„Die Enkelin“ ist ein weiterer Roman aus der Feder Bernhard Schlinks. Die Geschichte beginnt mit einer jungen Frau namens Birgit, die in der DDR lebt. Sie verliebt sich in einen westdeutschen Studenten und flieht mit ihm aus ihrer Heimat. Beide heiraten und sind mehr oder weniger zufrieden. Welche Schuld sie mit sich herumträgt und warum sie so war, wie sie war, das erschließt sich dem Ehemann erst, als sie stirbt. Er begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit, um seine Zukunft lebenswerter zu machen.
Das war mein erstes Buch dieses Autors und ich bin beeindruckt. Diese bemerkenswerte Sprache und sein Wissen um Dinge, über die er schreibt, ist bestechend. Nicht nur die Reise von Birgit mit all ihrer Schuld, wühlte mich auf. Auch die Schilderung der Völkischen Gemeinschaft, erschreckend. So klar wurde mir das noch nie geschildert. Wie die Zusammenhänge sind, was dieses Netzwerk mit den Familien, und speziell ihren Kindern macht.
Es ist zwar ein Roman, aber nah an der Wirklichkeit. Wie oft lese ich in Zeitungen über Feste der „Völkischen“. Das tolle Zusammengehörigkeitsgefühl und wie stolz sie alle sind, Teil Deutschlands zu sein. Geflüchtete oder Menschen anderer Staatsangehörigkeit und/oder Religion, haben hier nichts zu lachen. Sie werden zuweilen sogar verfolgt und immer verachtet. „Die Enkelin“ sollte in meinen Augen Pflichtlektüre für junge Menschen sein.
Die Enkelin (eBook, ePUB)
Erst nach dem Tod seiner Frau Birgit erfährt Kaspar aus ihren Unterlagen, dass Birgit eine Tochter hat. Sie hatte sie weggeben und wollte eigentlich nach ihr suchen. Doch dazu ist es nie gekommen. So macht sich Kaspar auf die Suche, um den Wunsch seiner Frau zu erfüllen. Er findet die Tochter. Sie lebt in einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land und hat auch eine Tochter. Kaspar mag das Mädchen von Anfang an und sie betrachtet ihn als Großvater. Doch ihre Welten könnten nicht unterschiedlicher sein. Aber Kaspar gibt nicht auf und versucht eine Annährung zu finden.
Mich hat die Geschichte vom ersten Moment an gepackt. Birgit hat für Kaspar einiges aufgegeben, was sie nicht thematisiert hatte und wovon Kaspar keine Ahnung hatte. Doch nach dem Tod von Birgit lernt er seine Frau erst richtig kennen. Dazu trägt natürlich die Suche bei, die ihn in ein Umfeld führt, das ihm fremd ist, welches seiner Weltanschauung nicht entspricht und dem er sich Sigruns willen doch annähern muss. Immer wieder stößt Kaspar dabei an Grenzen, doch er gibt nicht auf.
Die Charaktere wurden gut dargestellt, so dass ich mich hineinversetzen konnte. Der Schreibstil des Autors lässt sich leicht und flüssig lesen.
Es ist eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und dazu, sich mehr mit der Geschichte zu beschäftigen. Die Vereinigung hat für viele Brüche gesorgt und nicht jeder ist damit zurechtgekommen. Birgits Tochter hat ihren Weg bei den Rechten gesucht und ihrem Kind daher keine Wahl gelassen. Sigrun kennt es nicht anders und verteidigt ihr Leben und ihre Auffassung. Werden Kaspar und Sigrun eine gemeinsame Basis finden?
Es war für mich manchmal sehr schwer, die Aussagen von Sigrun zu ertragen. Aber Kaspar findet einen Weg, ihr Informationen zu geben, ohne das Mädchen zu bedrängen.
Es ist ein beeindruckender und intensiver Roman.
Olga
Dieses Buch ist eine Bereichung. Bernhard Schlink hat mit "Olga" eine schöne, interessante und mitreißende Geschichte verfasst.
Der Schreibstil des Autors ist dabei schön flüssig. Mit der detaillierten Beschreibung der Charaktere, der Umgebung und den Geschehnissen fällt es leicht, sich in die Charaktere einzufühlen und deren Handeln zu verstehen. Besonders Olga, wie aus dem Titel natürlich hervorgeht, ist ein ganz besonderer Charakter. Ihre Geschichte ist interessant, spannend und unheimlich authentisch. Besonders schön finde ich, dass die Charaktere trotz ihrer besonderen Eigenschaften so menschlich sind. Sie haben ihre Fehler. Olga zum Beispiel, die starke, liebenswürdige und moderne Frau, die sich nicht mit dem Status der Frauen sowie Ärmeren zufrieden geben möchte, aber doch nicht immer das sagt, was sie denkt - ich finde, das passt zur Zeit, zu ihrem Leben und hilft, sich mit ihr zu identifizieren. Gleichzeitig ist die erzählweise beinahe sachlich, was aber einen positiven Effekt erzielt und zur Rolle des Erzählers passt. Vor allem gelingt es Schlink dabei dennoch, Gefühle beim Lesen des Buches zu wecken.
Dadurch, dass man sich als Leser schnell in die Charaktere einfühlt, ist eine Spannung ständig gegeben. Was als nächstes kommt, ist nicht vorhersehbar und man möchte es unbedingt wissen, hofft, dass alles gut geht. Auch die Zeitsprünge und der damit geänderte Ort des Geschehens halten die Spannung aufrecht.
Ich wünsche mir mehr Charaktere wie Olga, mehrere Geschichten, die so geschickt aufgebaut sind wie diese. Die Thematik des Buches mag ich sehr gerne, vor allem ist es kein Buch, das so leicht zu vergessen ist. In Gedanken hänge ich der Geschichte immer noch nach. Das beweist für mich, wie brillant "Olga" von Bernhard Schlink ist. Eine große Empfehlung für jeden - ich wage zu behaupten, dass dieses Buch selbst für jene etwas wäre, die sonst weniger mit dieser Thematik anfangen können.
Das späte Leben
Martin ist 71 als er von seinem Arzt erfährt, dass er nur noch wenige Wochen zu leben hat. Einige davon werden auch noch gut sein, bevor er immer schwächer wird und die Schmerzen kommen.
Gemeinsam mit seiner deutlich jüngeren Frau überlegt er, was er seinem kleinen Sohn noch mitgeben möchte, denn er wird nicht erleben, wie dieser erwachsen wird. Er leidet sehr darunter und versucht ihm noch ein paar schöne Erinnerungen zu bescheren. Gleichzeit weiß er, dass er vielleicht keine bleibenden Eindrücke hinterlassen wird, denn sein Sohn ist noch nicht mal sechs. Also schreibt er einen Brief.
Auch für seine Frau möchte er noch etwas tun und kommt so auf die Idee, ihren verschwundenen Vater für sie zu suchen. Diese letzte Abenteuer führt ihn zu einer letzten Erkenntnis und so verbringt er die letzten guten Wochen mit seiner Familie am Meer, ruht viel, genießt die Zeit die ihm bleibt und beginnt sich zu verabschieden.
Ein schwieriges Thema, dem sich Bernhard Schlink hier widmet. Einerseits ist es ein Geschenk, wenn man den Tod kommen sieht und seine Angelegenheiten noch regeln kann, andererseits ist es eine Aufgabe, der sich kaum einer gewachsen fühlt. Zum Glück gibt es hier diesen großen Altersunterschied, denn auch Martin hat sein Leben geführt und wird nicht all zu früh daraus entrissen. Das hat der Autor sehr geschickt eingefädelt. Er ist nicht mehr jung, hat aber trotzdem viel zu verlieren, weil sein Sohn noch so klein ist. So ist das Buch sehr traurig, aber es ist nicht so brutal. Der Fokus liegt dadurch mehr darauf, was man noch alles tun kann und welche Erkenntnisse man weitergeben kann und nicht auf dem Schmerz des frühen Verlustes.
Für mich als Leserin macht das einen großen Unterschied. So konnte ich die Zeilen, die Martin für seinen Sohn hinterlässt wesentlich mehr genießen. Die philosophischen Gedanken, die er an den Jungen weitergeben möchte, sind wirklich schön zu lesen. Menschen haben etwas zu sagen, am Ende ihrer Tage!
Die Enkelin (eBook, ePUB)
Bewertung von Der Blaue Mond am 01.11.2021
Eine ausgezeichnete Erzählung, ganz wie man es von Herrn Schlink gewohnt ist. Inhaltlich umfasst es das Leben als junger Student in Ost und West (Berlin), das Aufwachsen, aber auch das Schicksal und vor allem Familie.
Gekonnt gespickt mit Informationen, die man aus den Medien kennt, aber vergessen hat. Wie zum Beispiel die Ausbreitung sogenannter völkischer Dörfer im ländlichen Ostdeutschland.
Der Roman ist außerdem ein Spiel mit Kontrasten, schwarz und weiß. Ein Versuch zu erklären, wie rechtes Gedankengut vererbt wird und wie man in so einem Dunstkreis überhaupt lebt. Daneben der Großvater, ein gebildeter Buchhändler, Musikliebhaber aber einsam im Alter. Die Rebellion gegen die eigenen Eltern, Mutlosigkeit und Angst.
Und natürlich gibt es auch überraschende und traurige Momente. Viel Emotionen bei klarem Schreibstil. Alles für mich nah an der Realität, einfach gut.
Das späte Leben
Nehmen Sie es als Hörbuch. Es ist großartig gelesen.Ein zweites Kunstwerk, wie der Roman selbst.
Die Enkelin (eBook, ePUB)
Bewertung von brauneye29 am 10.11.2021
Zum Inhalt:
Um bei Kaspar zu sein ist Birgit seinerzeit aus dem Osten in den westen geflohen und sie hat dafür einiges auf sich genommen. Was alles, wir Kaspar allerdings erst nach ihrem Tod bewusst. In ihrer Beziehung hatte sich eine schwere Depression und Alkoholsucht bei Birgit entwickelt. Hat das alles mit Birgits Vergangenheit zu tun? Er macht sich auf die Suche.
Meine Meinung:
Ich bin immer wieder erstaunt, was für hochklassige Literatur Diogenes herausbringt. Auch dieses Werk zeichnet sich durch eine sehr vielschichtige und auch tiefgründige Geschichte aus, die zu dem auch noch gut erzählt wurde. Die Geschichte ist außerdem sehr berührend und zeigt, was Menschen alles auf sich nehmen, aber manchmal genau damit so überhaupt nicht mehr zurecht kommen. Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen und auch der Schreibstil war richtig gut.
Fazit:
Beeindruckende Geschichte
Die Enkelin (eBook, ePUB)
Bewertung von LaberLili am 08.11.2021
„Die Enkelin“ beginnt langsam. Seeeeehr langsam. Langsamer als ich es nach dem Lesen der ersten zehn Seiten erwartet hatte. Gleich eingangs entdeckt man an der Seite des 70jährigen Kaspars die Leiche seiner Frau, die, man weiß es nicht genau, entweder den Freitod gewählt oder betrunken verunfallt ist, um daraufhin mit ihm herauszufinden, dass Birgit ihm doch weniger vertraut als angenommen war und Geheimnisse mit sich getragen hatte, die er nur zum Teil, und selbst das teils nur fragmentarisch, enthüllen kann. Briefe, Tagebucheinträge, Aufzeichnungen…, häufig unvollständig, lassen ihn eine ganz andere Frau erkennen als Diejenige, die einst zu ihm in den Westen geflohen ist, für ihn, seinetwegen.
Relativ weitschweifig wird hier rückblickend erzählt, wie genau Kaspar und Birgit sich dereinst kennengelernt hatten, wie ihre Flucht aus der DDR heraus verlief…, und das alles bleibt doch relativ unpersönlich. Birgit ist tot, Kaspar strahlte nun auch keine auffällige Trauer aus, die augenscheinlich doch so große Liebe wirkte eher gemütlich als von überbordenden Gefühlen geprägt; ich konnte die Beiden kaum als Paar, schon gar nicht als glückliche Eheleute, wahrnehmen, sondern sie erweckten auf mich in ihrer Darstellung eher den Eindruck einer Zweckgemeinschaft, in der sich in erster Linie Kaspar um die verloren wirkende Birgit sorgte.
Diese hatte mit der Flucht tatsächlich ihr bisheriges Leben verworfen, war in eine quasi völlig neue Umwelt, eine andere Kultur, hineingeworfen worden, aber diese Zerrissenheit hätte sie selbst wohl deutlicher machen können als Kaspar, der immer neue Facetten seiner Frau aufdeckte und oftmals auch nur mutmaßen konnte. Mir blieb das alles zu distanziert, zu unpersönlich – bis Kaspar sich dann zu den Orten aus Birgits DDR-Vergangenheit aufmacht, Plätze besucht, Menschen aufsucht und sich plötzlich mit einer Familie in einer völkischen Siedlung konfrontiert sieht, die völlig andere Werte vertritt als er.
Aber bis es zu diesem Aufeinandertreffen kommt und die titelgebende „Enkelin“ zum ersten Mal auf der Bildfläche erscheint, sind doch schon so einige Buchseiten vergangen/gelesen.
Aber hier gelingt Schlink das Kunststück, auch die Figur der Birgit plötzlich nahbarer zu machen; in ihrer früheren Umgebung spiegeln sich ihre DDR-Erfahrungen wider und auch die ihrer Kaspar bis kurz zuvor unbekannten Tochter. Erst hier wurden für mich die Unterschiede DDR/BRD richtig deutlich und Erfahrungswerte persönlicher vermittelt, wobei ich behaupten möchte, dass das nun wiederum daran liegt, dass die Menschen hier noch quicklebendig sind, während die tote Birgit zuvor eher wie eine Schattenfigur gewirkt hat.
Kaspar, der ältliche Mann, der seinen Buchladen sicherlich in den nächsten Jahren aufgeben wird, und Sigrun, die 14Jährige, die in den nächsten Jahren erst volljährig werden wird, sind an sich schon komplett gegensätzliche Menschen, die noch dazu besonders auffallen, da das Mädchen völkisch-nationalistische Ideologien vertritt, während der lang Erwachsene eine eher aufgeschlossene und interessierte Persönlichkeit hat; nicht, dass er allzu progressiv wirkt, aber er ist doch sehr reflektiert.
Ich fand es sehr spannend, wie er versucht hat, sich auf Sigrun und ihr Weltbild einzulassen, in dem sie beispielsweise Irma Grese zu einer Ikone stilisiert und Anne Franks Tagebuch als infame Fälschung ansieht, und ihr zugleich eine völlig andere Weltanschauung zu vermitteln, ohne allzu belehrend wirken zu wollen. Der beiläufige Einblick in die völkische Gemeinschaft war für mich sehr erschreckend; zugleich wurde aber auch verständlich dargestellt, wieso sich Sigruns Mutter ihr im Laufe ihres Lebens angeschlossen hat, was den Schreck doch auch noch vergrößerte, denn ihr Anschluss und ihr Verharren war eben nachvollziehbar und machte sehr deutlich, worin der Reiz dieser völkischen Gemeinden auch heute noch leicht liegen kann.
Das Ende des Buchs hat mich zugleich enttäuscht und mir gefallen; einerseits hoffte ich die ganze Ze
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