
Autor im Porträt
Ralf Rothmann
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Museum der Einsamkeit
Buch mit Leinen-Einband
Um Würde oder ihr Fehlen geht es in diesen neun Erzählungen, in denen die Menschen sich bemühen, dem Ideal eines halbwegs gelungenen Lebens etwas näher zu kommen - oder doch am Ende nicht allzu zerknirscht dazustehen. Vom Alleinsein versehrt sind manche, »Engel auf Krücken«, die ahnen, dass es nicht unbedingt Flügel braucht, um über sich und die Umstände hinauszugelangen; Liebe würde schon genügen.
»Jede wahre, jede leuchtende Kurzgeschichte hat einen romanlangen Schatten«, schrieb Ralf Rothmann einmal und stellt es mit Museum der Einsamkeit erneut unter Beweis. Ob er von dem »Budenzauber« eines kleinen Jungen erzählt, der während der Abwesenheit der Eltern den weinenden Bruder tröstet, oder von einer Dozentin, die ihre Mutter in ein Seniorenheim mit seltsamen Kratzspuren an den Türen gibt, ob er einen Handlanger an der Seelenkälte der Maurer oder einen Pfarrer, dessen Tochter stirbt, an Gott verzweifeln lässt - immer offenbart sich uns eine »Wahrheit hinter der Wahrheit«, was nicht zuletzt an der Spannkraft und der magischen Genauigkeit von Ralf Rothmanns Sprache liegt.
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»Jede wahre, jede leuchtende Kurzgeschichte hat einen romanlangen Schatten«, schrieb Ralf Rothmann einmal und stellt es mit Museum der Einsamkeit erneut unter Beweis. Ob er von dem »Budenzauber« eines kleinen Jungen erzählt, der während der Abwesenheit der Eltern den weinenden Bruder tröstet, oder von einer Dozentin, die ihre Mutter in ein Seniorenheim mit seltsamen Kratzspuren an den Türen gibt, ob er einen Handlanger an der Seelenkälte der Maurer oder einen Pfarrer, dessen Tochter stirbt, an Gott verzweifeln lässt - immer offenbart sich uns eine »Wahrheit hinter der Wahrheit«, was nicht zuletzt an der Spannkraft und der magischen Genauigkeit von Ralf Rothmanns Sprache liegt.
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25,00 €
Die Nacht unterm Schnee
Broschiertes Buch
Winter 1945: Verwundet liegt die sechzehnjährige Elisabeth, ein Landarbeiterkind, in einem Bunker unter der Erde und wird von einem russischen Deserteur gepflegt. Durch das Ofenloch hört sie Schritte im Schnee, und fiebernd stellt sie sich vor, dass dort oben nicht nur alle, die sie kennt und mag, ihre Eltern und Brüder, die Oma aus Danzig, sondern auch ihr künftiger Mann und die ungeborenen Kinder nach ihr suchen und sich über die Trümmer entfernen, ohne zu ahnen, dass sie darunter liegt. Und plötzlich denkt die Vergewaltigte, dass es gut so ist, dass sie nie mehr hinaufwill zu ihnen, zu allem, und für immer in dieser Nacht, diesem Frieden unter dem Schnee bleiben möchte. Aber sie muss ihr Leben zu Ende leben.
In einem atemberaubend geschriebenen Panorama der frühen Nachkriegsjahre zeichnet Ralf Rothmann das Portrait einer Frau, der stets die Angst im Weg steht, während ihr das Durchlittene jedes Gefühl dafür nimmt, welches Leid sie anderen zufügt; einer lebenslang hart arbeitenden Frau und Mutter, die von einem Rummel zum anderen tanzt, um nicht mehr zur Besinnung zu kommen, und vor der man sich doch verneigen muss: weil sich in ihrer Verzweiflung der Wille zur Liebe ausdrückt.
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In einem atemberaubend geschriebenen Panorama der frühen Nachkriegsjahre zeichnet Ralf Rothmann das Portrait einer Frau, der stets die Angst im Weg steht, während ihr das Durchlittene jedes Gefühl dafür nimmt, welches Leid sie anderen zufügt; einer lebenslang hart arbeitenden Frau und Mutter, die von einem Rummel zum anderen tanzt, um nicht mehr zur Besinnung zu kommen, und vor der man sich doch verneigen muss: weil sich in ihrer Verzweiflung der Wille zur Liebe ausdrückt.
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13,00 €

© Franka Bruns/Suhrkamp Verlag
Ralf Rothmann
Rothmann, RalfRalf Rothmann wurde am 10. Mai 1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Er lebt seit 1976 in Berlin.Kundenbewertungen
Hotel der Schlaflosen
Bewertung von Circlestonesbooks.blog am 14.10.2020
Elf Erzählungen und elf Entscheidungen
„Aber am besten verstehen wir es, feine Klingen zu machen, schön graviert. Manche Messer, die man im Ärmel trägt, sind schmal wie Bleistifte und so unglaublich spitz und scharf: Man spürt sie erst kaum, hat nur ein kleines unbehagliches Gefühl.“ (Zitat aus „Der Dicke Schmitt“, Seite 88)
Inhalt und Thema
Dieser Erzählband umfasst elf Geschichten, in denen es um Menschen und jenen kleinen Augenblick geht, in dem eine Entscheidung gefällt wird. Diesem Moment ordnen sich alle nachfolgenden Ereignisse unter. Es sind gefährliche Situationen, plötzliche Ereignisse, in denen das Handeln Mut erfordert, oder scheinbar ausweglose Momente, und immer besteht eine Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten.
Handlung und Schreibstil
Der Autor lässt in einer klaren, verständlichen, aber niemals überflüssig erklärenden Sprache seinen Figuren immer die freie Wahl der Entscheidung und des Handelns. Einige der Geschichten sind beklemmend und düster, doch auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten, selbst ein Kind nach einer harten Kindheit im Elend könnte es im Erwachsenenleben anders machen und ein Genosse Major kann umdenken, auch wenn er riskiert, dann vom Täter selbst zum Opfer zu werden. Es sind Erzählungen über mutiges und weniger mutiges Verhalten und darüber, sich bietende Chancen zu ergreifen. Eine Geigerin vor dem Konzert, deren Problem nicht nur eine gerissene Seite und die Ersatzseiten im Hotel sind, fragt sich bei der Fahrt durch die Gegend, wo sie aufgewachsen ist „Wie viele Erinnerungen haben zwischen zwei Herzschlägen Platz?“ (Seite 16) und in der letzten Geschichte stellt der Protagonist mit Erstaunen fest, dass die Erinnerungen im Alter zu einer eigenen, völlig neuen Realität werden können.
Fazit
Elf Erzählungen, elf Situationen und elf Entscheidungen, die uns beim Lesen nachdenklich stimmen, noch lange nachklingen mit der Frage, was wir in einem ähnlichen Fall tun würden oder vielleicht getan hätten.
Im Frühling sterben
Deutschland, Frühling 1945, das Ende des Krieges ist bereits zu ahnen. Doch die Waffen-SS rekrutiert gnadenlos jeden, dessen sie habhaft werden kann. So müssen die beiden 17jährigen Melker Walter und Fiete, beste Freunde, in die Kommandantur in Hamburg-Langenhorn einrücken, von wo aus sie nach drei Wochen Ausbildung nach Ungarn abkommandiert werden. Walter, der einer der Wenigen mit Führerschein ist, landet als Fahrer bei einer Versorgungseinheit der Waffen-SS, während es Fiete an die Front verschlägt.
Der Inhalt dieses Buches ist so grauenvoll, dass es mir nicht möglich war, mehr als 40 bis 50 Seiten am Stück zu lesen; danach musste das Gelesene erst mal verdaut werden. Das bedeutet nicht, dass hier die Grausamkeiten des Krieges bis ins kleinste Detail beschrieben werden - es existieren Krimis, die wesentlich blutrünstiger und brutaler sind. Es ist eher das Gegenteil: Fast schon poetisch (Ist das nicht ein Widerspruch? Kann man Entsetzliches poetisch erzählen?) wird Walters Leben in dieser Kriegszeit geschildert, so präzise und sorgfältig, als würde man neben ihm stehen. Gefühle oder Stimmungen werden ausgespart, was keinen Mangel darstellt, denn der Autor verfügt über eine derart ausdrucksstarke Sprache, dass es keine zusätzlichen Beschreibungen braucht, um zu wissen, wie es in Walter aussieht. Rothmann nutzt eigene Wortkreationen (‚Überdunkelt von seiner Vergangenheit, …‘) und Begriffe, die so selten genutzt werden, dass sie wohl nur den Wenigsten geläufig sein dürften, dafür aber umso präziser sind (beispielsweise Vulkanfiber = Werkstoff, der auch beim Schild der Mützen der Waffen-SS zum Einsatz kam; oder Kalvarienhügel = religiöse Andachtsstätten der Katholiken, die umfangreiche Nachbildungen der Kreuzigung Christi und seines Leidensweges darstellen.).
Ein wirklich grandioses Buch, das den Krieg in all seiner Schrecklichkeit zeigt, ohne dass dazu in irgendeiner Form irgendwelche Extreme genutzt werden mussten.
Museum der Einsamkeit
Im „Museum der Einsamkeit“ findet der Leser neun „Ausstellungsstücke“, die dem Leser unterschiedliche Menschen zeigen: Alte, Junge, Männer, Frauen, Berufstätige, Lehrlinge, Rentner, Gesunde, Kranke, Alleinlebende und Paare. Alle Portraits – um im Bild des Museums zu bleiben - sind durch das Thema der Einsamkeit miteinander verbunden.
Es sind alltägliche Menschen, denen der Leser begegnet, und es sind meistens auch alltägliche Situationen, in denen sich aber für den Protagonisten sein Leben entscheidend ändert. Alle Geschichten hallen im Leser nach. Das gilt auch für die Geschichten, die mich nicht zufrieden zurückgelassen haben. Da ist die Geschichte des einsamen und pflegebedürftigen Rentners, der mit seiner albanischen Pflegerin zusammenlebt, Eines Tages tauchen die Söhne seiner Geliebten auf und erfüllen mit Goldkettchen, teuren Autos, Erpressung und ihrem Macho-Gehabe alle mafiös-kriminellen Klischees. Ähnlich verhält es sich in der letzten Geschichte, in der der Lagerleiter des Durchgangslagers Westerbork seine Grausamkeiten und die seiner Geliebten in altbekannter Schönfärberei weinerlich verteidigt. Die Geschichte lässt Subtilität und Hintersinn vermissen, es gibt nichts zu entdecken. Außer vielleicht die Figur der Etty, die sich an die historische Etty Hillesum anlehnt, die von Westerbork aus nach Auschwitz deportiert wurde.
Andere Geschichten dagegen sind inhaltlich anrührend. Ob das der Pfarrer ist, der seiner sterbenden Tochter keine Hilfe ist, sondern sich selber mit Witzen und platten Sprüchen belügt, oder der Junge, der seinen ungeliebten und behinderten Bruder beaufsichtigen muss und sich aufopfernd eine Nacht um die Ohren schlägt. Oder der alternde Ben, der eine Jugendsünde bereinigen will und damit erst neues Unglück heraufbeschwört. Sehr schön die titelgebende Geschichte „Abschied von Baden-Baden“: Mutter und Tochter, die sich gegenseitig quälen und beherrschen wollen. Die Mutter verkauft ihr Haus, das „Museum der Einsamkeit“, wie es die Tochter scharfzüngig nennt. Sie will in eine Seniorenresidenz am Meer ziehen und der Einsamkeit entfliehen, aber sie kommt vom Regen in die Traufe.
Das alles erzählt Rothmann in einer gewohnt unprätentiösen Sprache, immer treffend und kurz.
Ein Museum soll nicht nur zeigen, sondern auch verstehen lassen. Das musss nun der Leser selber entscheiden, ob Rothmanns „Museum“ ihm hilft, die Realität der Einsamkeit besser zu verstehen.
Fazit: Eine Sammlung von neun Geschichten, die dem Leser nachgehen und ihn nachdenklich zurücklassen. Trotz der genannten Einschränkungen: absolute Lese-Empfehlung!
Hotel der Schlaflosen
Diese Geschichten lassen den Leser nicht kalt. Sie gehen unter die Haut, gerade weil wohl jeder das Gefühl der Angst kennt, ob aus Kindertagen oder aus Ausnahmesituationen im Erwachsenenleben. Rothmann gelingt es, elf verschiedene Ängste so zu beschreiben, dass sofort spürbar ist, was die betroffenen Personen durchmachen. Dabei spannt er den Bogen von der Stalinzeit in der besonders erschütternden Titelgeschichte bis zur Jetztzeit.
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