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Bewertungen
Insgesamt 96 BewertungenBewertung vom 13.04.2025 | ||
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Bilkaus neuer Roman ist in leisen Tönen erzählt. Auf einer Halbinsel in Nordfriesland begegnen sich Annett und Linn, Mutter und Tochter, und müssen einander ganz neu kennenlernen. Linn hatte gerade erst einen Schwächeanfall während ihres Vortrags auf einer Klimatagung und zieht für eine Woche zu Annett, in das Haus ihrer Kindheit. Doch aus einer Woche werden schnell mehrere und dann ist plötzlich nicht mehr Mai, sondern September. Längst fragt sich Annett, was mit ihrer sonst so zielstrebigen Tochter passiert ist, die schon während der Schulzeit wusste, dass Klima- und Naturschutz ihr ganzer Lebensinhalt sein soll, und die nun Tag um Tag mit Kopfhörern auf den Ohren im Bett verbringt. Linn wiederum fragt sich, warum der 20 Jahre zurückliegende Tod ihres Vaters nie von Annett aufgearbeitet wurde, der Standardsatz noch immer einfach nur ein "Johan ist nicht vom Laufen zurückgekehrt" ist. |
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Bewertung vom 13.04.2025 | ||
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Wir schreiben das Jahr 1918. Pearly Everlasting wächst in einem Holzfällercamp in den Wäldern Kanadas auf, umgeben von rauer Natur, den Männern, die tagein, tagaus ihren Lebensunterhalt mit harter Arbeit verdienen, und den Geräuschen und Gerüchen des Camps. Viel lieber noch als mit ihrer Schwester verbringt Pearly Zeit mit ihrem Bruder Bruno, den ihr Vater im Jahr ihrer Geburt im verschneiten Winterwald gefunden hat und der gemeinsam mit ihr von der Mutter gesäugt wurde – Bruno, der gar kein Menschenkind ist, sondern ein kleiner Bär. Gemeinsam streifen sie durch die Wälder und entdecken das Leben in einer Welt, die ebenso frei und wunderschön ist wie hart und unerbittlich. Als eines Tages der Vorarbeiter tot aufgefunden wird, gerät bald Bruno in Verdacht, ihn getötet zu haben. |
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Bewertung vom 26.03.2025 | ||
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Greta und Valdin sind Geschwister und führen ein mehr oder weniger normales Leben in Auckland. Sie teilen sich eine Wohnung, beide sind in ihren 20ern, queer und unglücklich in ihren Nicht-Beziehungen: Während Valdin seine Angststörungen in den Griff zu bekommen versucht und seinem deutlich älteren Freund Xabi nachtrauert, der die Flucht ergriffen hat und nach Argentinien gezogen ist, himmelt Greta aus der Ferne ihre Kollegin Holly an und fragt sich, ob es nicht vielleicht einfacher wäre, es doch nochmal mit Männern zu probieren. Die Perspektive wechselt mit jedem Kapitel zwischen den beiden Geschwistern. |
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Bewertung vom 24.03.2025 | ||
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Hals über Kopf flüchtet Franka in ihr Heimatdorf in der fränkischen Povinz, nachdem sie mit ihrer Klasse in München eine Gerichtsverhandlung des NSU-Prozesses besucht hat. Viele Jahre war sie nicht mehr hier, hat die Ereignisse ihrer Jugend verdrängt, deretwegen sie sich schon einmal in einem Gerichtssaal wiedergefunden und ihre Mutter sie auf ein Internat geschickt hat. Nun kommt alles wieder hoch: Die Sommertage mit Leon am Weiher, während die halbe Welt im WM-Taumel ist. Die Treffen der NPD in der örtlichen Dorfkneipe, von denen jeder weiß, aber jeder so tut, als wisse er nichts. Patrick und Janna, die ein paar Jahre älter sind und eine merkwürdige Anziehung auf die fünfzehnjährige Franka ausüben, weil sie kein Blatt vor den Mund nehmen. Weil sie rebellieren. Weil sie auch mal handeln und nicht bloß immer nur reden. |
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Bewertung vom 01.03.2025 | ||
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Die 102-jährige Margrit lebt in einer Seniorenresidenz nahe der Elbe. Im Römischen Garten, in den sie sich jeden Tag von ihrem Fahrer Arthur bringen lässt, erinnert sie sich mit Blick auf den Fluss zurück an ihre Jugend und Kindheit, die Kriegsjahre und die Beziehung ihrer Mutter Johanne zu einer anderen Frau. Manchmal denkt sie auch nach über Arthur, der mehr oder weniger heimlich mit einer Metallsonde das Flussufer abläuft, während er auf Margrit wartet, oder über ihre Enkelin Luzie, die gerade die Schule kurz vor dem Abitur abgebrochen hat und Tätowiererin werden möchte. Beide scheinen, genau wie Margrit, ihre eigenen Geheimnisse zu haben und ihre eigenen Traumata zu verarbeiten. |
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Bewertung vom 14.02.2025 | ||
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Es scheint ein ganz gewöhnlicher Frühsommertag wie jeder andere zu sein, und doch hat sich rückblickend etwas Entscheidendes ereignet an jenem 6. Juni: Die Zeit ist stehengeblieben. Oder besser: Die Zeit schreitet weiter voran, jedoch nicht für die Menschen. Während Pflanzen und Tiere nach wie vor geboren werden, wachsen und sterben, scheint der Mensch kein Teil der Natur mehr zu sein: Embryos, Neugeborene und überhaupt alle Menschen verbleiben in exakt jenem Entwicklungszustand, in dem sie sich in der Sekunde dieses mysteriösen Ereignisses befanden. Niemand wird mehr geboren und niemand stirbt. Schwangere bleiben schwanger, Krebspatient*innen und eigentlich tödlich Verwundete sterben doch nicht, Rentner*innen blühen angesichts der geschenkten Lebenszeit neu auf, während Entbindungsstationen und Bestattungsinstitute ihre Türen schließen und Beatmungsgeräte ebenso überflüssig werden wie die Nahrungsaufnahme. |
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Bewertung vom 14.02.2025 | ||
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Hannes und Polina, Polina und Hannes. Von kleinauf sind sie unzertrenntlich, durchstreifen gemeinsam das Moor, nehmen sich vor morschen Birken in Acht, lungern im Sommer auf der Vortreppe der alten Moorvilla mit Blick auf den Rhabarber herum und lauschen den Klängen des Klaviers, die durch die endlosen Gänge hallen. Auf Außenstehende mag es irritierend wirken, wie sie aufwachsen; sie, die Kinder alleinerziehender Mütter, die in ihren Putzjobs kaum genug verdienen, um über die Runden zu kommen; sie, die eine Kindheit fernab des nächsten Dorfes in den heruntergekommenen Gemäuern und der Obhut des etwas exzentrischen Heinrich Hildebrands führen und barfuß die Gegend durchstreifen. Und doch: Ihnen gehört die Welt. Ihr Leben ist Freiheit. |
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Bewertung vom 08.12.2024 | ||
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Autismus wird gerade bei Frauen immer noch viel zu häufig nicht erkannt. Das liegt nicht nur daran, dass generell wenige Psycholog*innen auf das Thema spezialisiert sind, sondern vor allem auch daran, dass die Diagnosekriterien noch immer stark auf männlichen Autismus zugeschnitten sind. Inselbegabung, Beziehungsunfähigkeit, keinen Blickkontakt halten und keinen Smalltalk führen können, sich für Informatik, Technik und Züge begeistern - zack, fertig ist der stereotypische Autist. Dass es so einfach nicht sein kann, dürfte uns allen spätestens nach einer Sekunde des Nachdenkens klar werden. |
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Bewertung vom 25.11.2024 | ||
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Als wir im Schnee Blumen pflückten Biera und Mariddja leben allein in einer Hütte hoch oben im Norden Schwedens. Beide sind sie alt, und Mariddja hat gerade erst erfahren, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Vor Biera will sie das jedoch geheimhalten, da er längst dement ist und sie ihm nicht auch noch ihre eigene Krankheit zumuten kann. Hilfe wollen die beiden auf keinen Fall - sie werden bleiben, wo sie immer waren. Und sie kommen ja auch gut zurecht, findet Mariddja. Trotzdem freut sie sich sehr, als sie eines Tages in der Telofonistin in Bieras Smartphone eine etwas freche, aber sehr nette Gesprächspartnerin entdeckt. Mariddja beginnt, fast täglich mit Siré (in der der*die Leser*in unschwer "Siri" erkennen wird) zu telefonieren, und es kommt zu einigen sehr skurrilen Situationen. Für Mariddja wird Siré schnell zur Komplizin, denn bevor sie stirbt, hat Mariddja noch einen letzten, großen Wunsch: Sie will ihren Neffen wiederfinden, der als kleiner Junge lange bei ihr und Biera aufgewachsen ist und dann abrupt aus ihrem Leben verschwand. Parallel gibt es einen zweiten Erzählstrang, in dem ein junges Paar ins Dorf zieht, das fortan in der Gesundheitszentrale arbeiten wird, und das bald auch auf die schwierige Lage von Mariddja und Biera aufmerksam wird. |
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Bewertung vom 19.09.2024 | ||
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Der Wald ist ein Ort der Zuflucht. Er ist wild und unbezwingbar, gefährlich und wunderschön. Er ist ursprünglich und erinnert uns an das, was wir mal waren und was wir sind. In ihm können wir, fernab der Zivilisation, Ruhe und vielleicht auch uns selbst finden. Nicht verwunderlich also, dass der Wald für so viele ein Sehnsuchtsort ist und dass die Flucht in ihn auch in der Literatur wiederkehrendes Motiv ist. |
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