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Bücherfreundin

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Insgesamt 349 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2025
Sudoku 2026
Werft, Rätsel

Sudoku 2026


ausgezeichnet

Liebevoll gestalteter Sudoku-Kalender für 2026
Die Rätsel Werft hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Kreuzworträtsel und Sudokus die geistige Fitness aller Menschen zu unterstützen und zu fördern. Rechtzeitig zum Jahresende ist daher der Sudoku-Kalender für 2026 erschienen. Auf 120 schwarz-weißen Seiten enthält er für das kommende Jahr 365 Sudokus in drei verschiedenen, sich abwechselnden Schwierigkeitsstufen (leicht, mittel und schwer). Jedes Sudoku ist wie ein Kalenderblatt gestaltet, pro Seite gibt es vier Sudokus.

Der Kalender im DIN-A-4-Format hat ein Softcover, das in schönen Farben die vier Jahreszeiten darstellt. Das weiße Papier ist schön dick, die Druckqualität einwandfrei. Ganz vorn finden wir die Sudoku-Regeln, auf den letzten Seiten befinden sich die Lösungen.

Der Sudoku-Kalender ist sehr liebevoll gestaltet, bietet Tüftelspaß und Gehirnjogging für ein ganzes Jahr und eignet sich auch hervorragend als Geschenk.

Bewertung vom 12.11.2025
Drei kleine Buchläden am Ende der Welt
Shaw, Ruth

Drei kleine Buchläden am Ende der Welt


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung von Ruth Shaws Lebensgeschichte
Nach dem großen Erfolg ihres Buches "Der Buchladen am Ende der Welt", das in 12 Sprachen übersetzt wurde, hat die Neuseeländerin Ruth Shaw nun mit "Drei kleine Buchläden am Ende der Welt" die von vielen Lesern ersehnte Fortsetzung veröffentlicht.

Acht Jahre ist es her, dass Ruth im Alter von 70 Jahren ihre beiden kleinen Buchläden in Manapōuri im Süden des Landes eröffnete. Mittlerweile betreibt sie mit viel Wärme und Liebe drei Buchläden, die von Ende September bis Mitte April geöffnet sind und sich großer Beliebtheit bei Jung und Alt erfreuen.

In 25 Kapiteln erzählt uns die Autorin abwechselnd Geschichten aus ihrem Leben und unterhaltsame Episoden aus den Buchläden über interessante und berührende Begegnungen mit ihren Kunden. Während das erste Buch Ruths bewegende Lebensgeschichte bis zum Wiedersehen mit ihrem Sohn Andrew im Jahr 1985 beinhaltet, setzt die Handlung des zweiten Buches im gleichen Jahr an und endet im Hier und Jetzt.
Ruths Leben läuft inzwischen in etwas ruhigeren Bahnen, dennoch hält es immer wieder Überraschungen für sie bereit. Neben einer gefährlichen Segelregatta erlebt sie weitere Abenteuer auf verschiedenen Seefahrten. Mit Lance, der großen Liebe ihres Lebens, bereist sie Nationalparks in Südafrika und ist überwältigt von Afrikas Tierwelt. Der Schutz der Umwelt ist ihr wichtig, sie und Lance setzen sich für den Erhalt von Bäumen ein und engagieren sich mit großer Leidenschaft für den Klima- und Artenschutz.

Das Buch ist in klarer Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Mit großer Offenheit beschreibt Ruth Shaw die Höhen und Tiefen ihres Lebens, schöne und dunkle Momente sowie gesundheitliche Herausforderungen. Als sie 42 Jahre alt ist, lösen in der Vergangenheit erlittene Traumata eine psychische Krise aus, die ihre Ehe gefährdet. Wegen akuter Suizidgefahr begibt sie sich in eine Klinik, und endlich gelingt es ihr, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und ihren Seelenfrieden wiederzufinden.

Ich habe Ruths Geschichte sehr gern gelesen, sie hat mich gefesselt und bewegt. Besonders berührend fand ich die Kapitel über die späte Hochzeit, die liebevolle Begleitung von Ruths Tante Aunty und die Zeit mit dem drogensüchtigen Jacob, der bei Ruth und Lance für eine Weile wohnen darf. Sehr interessant und spannend waren neben den abenteuerlichen Treffen mit Dmitri auch die Beschreibungen über die mir bislang unbekannte Fischerei mit kilometerlangen Treibnetzen und verschiedene Aktionen zur Rettung von Tieren. Das fast 30 Seiten umfassende Kapitel über Ruths Tiere langweilte mich hingegen recht schnell.

Leseempfehlung für Buchliebhaber und alle, die sich für außergewöhnliche Lebensgeschichten interessieren!

Bewertung vom 08.11.2025
Warten auf Susy
Karrer, Cristina

Warten auf Susy


ausgezeichnet

Fesselndes Buch über ein Leben in Afrika
Die Schweizer Fernsehjournalistin und Autorin Cristina Karrer ist seit 2001 als Afrikakorrespondentin für das Schweizer Fernsehen und als freie Dokumentarfilmerin tätig. Über ihre ereignisreichen Jahre in Südafrika hat sie mit "Warten auf Susy" ein spannendes und interessantes Buch geschrieben.

Die Ich-Erzählerin Cristina hört zum ersten Mal von der titelgebenden Susy, als ihr Gärtner Nelson von seiner Freundin erzählt. Er wartet sehnsüchtig auf die junge Frau und möchte sie heiraten. Wir schreiben das Jahr 2001, und es wird noch Jahre bzw. bis zur Seite 171 des Buches dauern, bis Susy tatsächlich in Erscheinung tritt.
Seinerzeit ist Cristina mit dem Kameramann Emmanuel verheiratet, einem Afrikakenner. Die Ehe ist nicht glücklich, ihr Mann ist Alkoholiker und liebt sie nicht, sie sei nicht sein Typ. Er betrügt Cristina, und er ist gewalttätig. Das Paar wird 2004 geschieden. Auch die neue Beziehung mit dem 15 Jahre jüngeren Amos steht unter keinem guten Stern. Amos trinkt zu viel Alkohol, und Cristina greift zu Kokain. Eines Tages wird sie beim Kauf der Drogen erwischt und inhaftiert ....

Das Buch ist in sehr schöner Sprache geschrieben, es ist spannend und liest sich sehr flüssig. Die Autorin nimmt den Leser mit nach Südafrika, dem Land, das sie so sehr liebt. Mit großer Offenheit erzählt sie aus ihrem Leben, von ihren Beziehungen und Freundschaften. Ihre Kindheit war ein einziges Trauma, sie wurde herumgeschoben zwischen Pflegeeltern und kam schließlich in ein Kinderheim. Sie erinnert sich daran, dass sie immer auf ihre Eltern und deren Liebe gewartet hat. Auch ihre körperlichen Einschränkungen und Unfälle nach einem erlittenen Hirnschlag sind Thema des Buches.

Cristina hat ein großes Herz und ein Helfersyndrom, sie hilft, wo sie kann und unterstützt nicht nur Freunde und Bekannte, sondern auch oft deren Verwandte, solange ihre finanziellen Möglichkeiten es zulassen. Sie und Amos nehmen sogar dessen vierjährigen Neffen Siya auf, weil seine Eltern es sich nicht leisten können, ihn in einem Kinderhort unterzubringen. Als Susy als Haushälterin in ihr Haus kommt, nimmt Cristina auch sie und ihre Tochter Susy mit offenen Armen auf.

Ich habe Cristina Karrers Geschichte über ihr Leben in Südafrika sehr gern gelesen, sie hat mich gefesselt und berührt. In dem Buch geht es neben den wichtigen Themen Apartheid, dem Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Andersartigkeit auch um Alkohol- und Drogensucht sowie um die Folgen außer Acht gelassener persönlicher Abgrenzung. Es war erschütternd zu lesen, dass es in Südafrika infolge der extremen Armut so viele HIV-Infizierte gibt. Wegen ihrer physischen Probleme und unglücklichen Partnerwahl hat Cristina mir oft leidgetan, und ich war schockiert über die Gewalttaten, die in Südafrika leider keine Seltenheit sind.

Gut gefallen haben mir auch die Passagen über Cristinas berufliche Tätigkeit. Besonders spannend fand ich ihre Beschreibung über die Dokumentation "Hidden Heart" bezüglich der weltweit ersten Herztransplantation durch Prof. Christiaan Barnard im Jahr 1967, für die sie 2008 mit dem Züricher Filmpreis ausgezeichnet wurde. Auch ihren Bericht zum Tod des großen Nelson Mandela im Dezember 2013 fand ich sehr interessant.

Absolute Leseempfehlung für dieses großartige und lesenswerte Buch!

Bewertung vom 03.11.2025
Jetzt gerade ist alles gut
Schäfer, Stephan

Jetzt gerade ist alles gut


ausgezeichnet

Wunderbares Buch der leisen Töne
Nach seinem erfolgreichen Debütroman "25 letzte Sommer" erzählt Stephan Schäfer in "Jetzt gerade ist alles gut" die Geschichte eines etwa 50-jährigen Mannes, der nach einer Grenzerfahrung sein bisheriges Leben auf den Prüfstand stellt und beginnt, die schönen Momente seines Lebens zu sammeln.
 
Der namenlose Ich-Erzähler freut sich auf drei Wochen Sommerferien mit seiner Frau und den beiden Kindern am Meer. Als er dabei ist, das Gepäck ins Auto zu laden, befällt ihn ein plötzliches Unwohlsein. Innerhalb kurzer Zeit verschlechtert sich sein Zustand rapide. Ursache ist eine kleine Schnittwunde am rechten Mittelfinger, die er sich vor zwei Tagen zugezogen hat. Die Wunde hat sich entzündet und zu einer lebensbedrohlichen Sepsis geführt, der Protagonist wird noch in der Nacht notoperiert.
 
Drei Wochen später, der Ich-Erzähler muss weiterhin täglich zur Nachbehandlung ins Krankenhaus, trifft er in einem Literaturcafé zufällig Barbara, die ihm in der Nacht seiner Krankenhauseinweisung als Nachtschwester zur Seite gestanden hatte. Sie erzählt ihm von Patienten, die nach Grenzerfahrungen neue Perspektiven suchen und ein neues, ein anderes Leben führen. Zum Abschied schenkt sie ihm einen Gedichtband von Rainer Maria Rilke. Der Ich-Erzähler beginnt, das Leben mit anderen Augen zu sehen und beschließt, die schönen und kostbaren Momente des Lebens festzuhalten, sie zu sammeln. 
 
Die schöne Sprache und der wunderbare Erzählstil des Autors haben mich wie schon im Vorgängerbuch begeistert. Ich mochte die mit viel Wärme erzählten kleinen Episoden, in denen es um Erinnerungen und bedeutsame Begegnungen geht. Besonders berührend fand ich die Geschichte über das ungewöhnliche Treffen mit der Schwiegermutter, das Gespräch mit dem alten Herrn, dem nach dem Tod seiner Frau die Arbeit im Restaurant Kraft gibt, und die traurige Geschichte über den Geburtstag des verlorenen Freundes. Sehr gut gefallen haben mir auch die Episoden über den verliebten Patensohn, die Begegnung mit dem jungen Bäcker und die Auszeit auf der griechischen Insel. 
 
Ich habe das ruhig geschriebene Buch, in dem es um Liebe und Freundschaft geht und das, was im Leben wirklich wichtig ist, mit sehr viel Freude gelesen. Hervorheben möchte ich, dass - wie schon bei "25 letzte Sommer" - nicht nur der Schutzumschlag, sondern auch der Einband des Buches in wunderschönen Farben kunstvoll und liebevoll gestaltet ist.
 
Absolute Leseempfehlung für diesen besonderen, nachdenklich machenden Roman, der zum Innehalten einlädt! 

Bewertung vom 01.11.2025
Wenn die Sonne untergeht
Illies, Florian

Wenn die Sonne untergeht


ausgezeichnet

Großartige Erzählkunst
In seinem neuen Buch "Wenn die Sonne untergeht" beschreibt Florian Illies, Autor und Herausgeber der "ZEIT", aus Anlass des 150. Geburtstags von Thomas Mann das Leben der Familie Mann während der heißen Sommermonate des Jahres 1933 in ihrem Exil in Südfrankreich.

Am 11. Februar 1933, dem 28. Hochzeitstag von Thomas und Katia Mann, bereiten sich die Eheleute auf Thomas' Vortragsreise vor, die sie nach Amsterdam, Brüssel und Paris führen wird. Anschließend ist ein dreiwöchiger Erholungsurlaub in Arosa geplant. Da Thomas Mann wegen eines "verunglimpfenden" Vortrags über Richard Wagner bei den Nazis in Ungnade gefallen ist, raten ihm sein Verleger und seine Kinder Erika und Klaus dringend, vorerst in Arosa zu bleiben. Hinzu kommt, dass seine Schwiegereltern und somit auch Katia und die sechs Kinder jüdische Wurzeln haben und sich im "Deutschen Reich" nicht mehr sicher fühlen können. Thomas und Katia beschließen, ihren Aufenthaltsort nach Sanary-sur-Mer zu verlegen. Dort leben sie im Hotel, bevor sie ein geräumiges Haus beziehen, das Platz für die ganze Familie bietet. Auch Thomas' Bruder Heinrich sucht Zuflucht in Sanary, nachdem er Berlin aus politischen Gründen fluchtartig verlassen hat.

Florian Illies ist ein begnadeter Erzähler, dem es mit seinem Buch ganz hervorragend gelungen ist, das private Leben von Thomas Mann und seiner Familie mit der Zeitgeschichte zu verknüpfen. Die Charaktere zeichnet er ganz wunderbar und authentisch, insbesondere den Patriarchen Thomas, der nur seiner Lieblingstochter Medi Zuneigung entgegenbringt, während die anderen Kinder die gemeinsamen Mittagsmahlzeiten fürchten und meist von ihm mit Gleichgültigkeit behandelt werden. Katia managt ihren Mann, organisiert sein Leben und kümmert sich um alles.

Das Buch beschreibt unterhaltsam und mit ein wenig Ironie den Alltag der Familie im Exil. Die Tage sind im Sinne des Familienvaters fest strukturiert, die Eheleute gehen gern spazieren, baden im Meer und treffen sich mit Freunden. Ein besonderes Highlight sind die Lesungen in den Gärten der Schriftsteller, zu denen neben Thomas und Heinrich Mann auch Arnold Zweig und der im Buch eine wichtige Rolle spielende Lion Feuchtwanger gehören. Der Zauberer, wie die Mann-Kinder ihren Vater bezeichnen, ist ein ausgezeichneter Vorleser, der seine Zuhörer fesselt.

Thomas Mann ist ein egozentrischer und wenig sympathischer Zeitgenosse, der von seiner Familie viel Rücksicht verlangt und sich gern in den eigenen Befindlichkeiten verliert. Der geniale Schriftsteller hat als Vater gewaltige Defizite, innerhalb der Familie umgibt ihn Kälte, Wärme und Empathie vermag er nicht zu geben. Seine Kinder - bis auf Medi - kämpfen ein Leben lang um die Liebe und Anerkennung ihres Vaters. Für Golo und Erika, denen es gelingt, neben den Tagebüchern des Vaters auch eine hohe Geldsumme und viele Wertgegenstände aus dem Münchner Haus in Sicherheit zu bringen, findet er keine Worte der Dankbarkeit. Klaus, der eine Exilzeitschrift gründet, hofft vergeblich darauf, dass sein Vater endlich seine Stimme erhebt und ein öffentliches Bekenntnis gegen den Nationalsozialismus abgibt. Seinen Sohn Bibi lehnt Thomas Mann ab, der Junge fühlt sich nicht erwünscht, nur durch sein Geigenspiel verspürt er endlich Anerkennung durch den Vater. Monika lebt mit der Überzeugung, ein ungeliebtes Kind zu sein.

Es geht in dem Buch nicht nur um den Alltag der Familie Mann in Sanary, sondern auch um Heimat und Verlorenheit, um Depressionen und Drogensucht sowie um die politische Situation in Deutschland. Thomas Mann gilt als politischer Flüchtling, der Rotary Club verstößt ihn, und in München gibt es einen Protest gegen ihn. Seine Konten werden gesperrt, die Villa und der Fuhrpark beschlagnahmt, es werden ein Haftbefehl gegen ihn erlassen und 100.000 Reichsmark Reichsfluchtsteuer gefordert.

Auf den letzten 13 Seiten erfahren wir, wie es nach dem Sommer 1933 mit den einzelnen Protagonisten weitergegangen ist, auch dieses Kapitel fand ich sehr lesenswert und äußerst interessant. Der Familienstammbaum am Ende des Buches ermöglicht es, jederzeit die Familienstruktur der Manns nachvollziehen zu können, auch die Übersicht mit den Namen der Sommergäste fand ich sehr hilfreich.

Ich habe das fesselnde Buch, das bereits jetzt für mich eines meiner Jahreshighlights ist, mit sehr viel Freude und großem Interesse gelesen und war fasziniert vom Leben der Familie Mann, die von heute auf morgen ihre Heimat verlor und sich ein völlig neues Leben aufbauen musste. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt, häufig geschmunzelt und mich bestens unterhalten gefühlt.

Absolute Leseempfehlung für das großartig geschriebene Werk über eine der interessantesten und außergewöhnlichsten Familien des 20. Jahrhunderts!

Bewertung vom 26.10.2025
Der Plattenspieler unter der Dachschräge
Dutzler, Herbert

Der Plattenspieler unter der Dachschräge


ausgezeichnet

Unterhaltsame Zeitreise in die turbulenten Siebziger
"Der Plattenspieler unter der Dachschräge", der neue Roman des österreichischen Schriftstellers Herbert Dutzler, spielt auf zwei Zeitebenen. Jedes der 11 Kapitel beginnt (in Kursivschrift sehr gut erkennbar) damit, dass der erwachsene Siegfried Niedermayr im Hier und Jetzt die Diasammlung seiner verstorbenen Mutter sichtet und digitalisiert. Seit 1972 hatte sie das Familienleben anhand von Dias, die in Siegfried nun viele Erinnerungen wecken, akribisch dokumentiert.

Auf der Vergangenheitsebene führt uns der Autor ins Österreich der siebziger Jahre, genauer gesagt ins Jahr 1974. Der Ich-Erzähler Sigi ist 16 Jahre alt und lebt mit seinen Eltern Edeltraud und Adolf sowie seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Uschi und der immer vergesslicher werdenden Großmutter in einem alten Bauernhaus auf dem Land. Er ist musikbegeistert, liebt die Literatur und träumt von einer Stereoanlage nebst Plattenspieler, außerdem kocht er leidenschaftlich gern und findet das andere Geschlecht sehr aufregend.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt und begeistert. Herbert Dutzler erzählt Sigis Geschichte mit ganz viel Herz, österreichischem Charme und viel Humor. Nicht nur Sigi als Hauptfigur, auch sämtliche Nebenfiguren sind bildhaft und authentisch beschrieben. Es hat mir sehr viel Lesefreude bereitet, den sympathischen Sigi für die Dauer eines ereignisreichen halben Jahres zu begleiten. Er erfüllt sich seinen Traum von der Stereoanlage und dem Plattenspieler, indem er während der Sommerferien in einer Möbelfirma und der Frühstückspension seiner Tante jobbt. Nun kann er in seinem Zimmer unter der Dachschräge seine Lieblingsmusik hören und dabei die Zeit - und auch seine Sorgen - vergessen, denn in der Ehe seiner Eltern kriselt es gewaltig.

Ich mochte den pfiffigen Sigi, der bei seinen Lehrern immer mal aneckt, in seine Klassenkameradin Rita verliebt ist und den es überrascht, zum Klassensprecher gewählt zu werden. Seine erste Tanzstunde trieb mir Lachtränen in die Augen, ich habe wegen seines brisanten Artikels in der Schülerzeitung mit ihm gebangt und ihn wegen seiner familiären Situation bedauert.

Es war so schön, durch Sigi wieder in die mir vertraute Welt der Siebziger einzutauchen, ich bin dabei auch immer wieder in meine eigenen Erinnerungen versunken.

"Der Plattenspieler unter der Dachschräge" ist nach "Die Welt war eine Murmel" , "Die Welt war voller Fragen" und "Wenn die Welt nach Sommer riecht" bereits der vierte Band um Sigi Niedermayr. Die Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden, da in jedem Buch die familiären Strukturen gut beschrieben werden. Ich kenne alle Bände der Reihe und fand sie ganz großartig und äußerst unterhaltsam.

Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 18.10.2025
Wilder Honig
Lewis, Caryl

Wilder Honig


gut

Drei Frauen auf neuen Wegen
"Wilder Honig", der neue Roman der walisischen Autorin, Dramaturgin und Drehbuchautorin Caryl Lewis, spielt in Berllan Deg, einem kleinen Dorf in Wales. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen mit Hannah, Sadie und Megan drei Frauen, wie sie unterschiedlicher kaum sein können.

Die 70-jährige Hannah ist in tiefer Trauer, ihr Ehemann John, der Imker und Schriftsteller war, ist nach 50 Ehejahren infolge einer schweren Krankheit verstorben. Ihre sechs Jahre jüngere Schwester Sadie reist an, um sie zu unterstützen. Die Schwestern haben sich seit vielen Jahren nicht gesehen und sind sich fremd geworden. Während Hannah ihr ganzes Leben im Elternhaus geblieben ist, ist Sadie früh ausgezogen, um eigene Wege zu gehen. In Johns Unterlagen findet Sadie außer einem Testament 11 Briefe, die John kurz vor seinem Tod an Hannah geschrieben hat. Darin zieht er nicht nur Parallelen zwischen dem Leben der Bienen und seiner Beziehung zu Hannah, sondern beichtet seiner Frau ein lange gehütetes Geheimnis ...

Das Buch ist in ganz wunderbarer und poetischer Sprache geschrieben, auch der ruhige Erzählstil begeisterte mich sofort. Die interessanten und sympathischen Charaktere sind mit Empathie und Liebe beschrieben. Es geht in dem Buch neben Trauer und Verlust auch um Liebe und Neubeginn. Wir begleiten Hannah, Sadie und Megan über den Zeitraum eines Jahres und erleben, wie sie sich behutsam einander annähern. Meine Lieblingsfigur war Hannah, die nicht nur Johns Tod verarbeiten muss, sondern auch sein schockierendes Geständnis, das sie zutiefst verletzt hat. Im Laufe der Zeit gelingt es ihr, aus der Planung und Neugestaltung ihres Obstgartens neue Kraft und Zuversicht zu schöpfen.

Die Briefe, die John seiner Frau hinterlassen hat, stellen für mich das Highlight des Buches dar. Wir lernen John mit jedem Brief etwas besser kennen und können auch seine Handlungsweisen immer besser nachvollziehen. Er reflektiert nicht nur die gemeinsame Zeit mit Hannah, sondern übt in seinen Briefen auch Selbstkritik. Ich fand es sehr interessant und faszinierend, Einblicke in die mir bisher nur oberflächlich bekannte Bienenwelt zu bekommen. Im Laufe der Handlung widmet sich die Autorin immer intensiver der Bienenzucht, es wurde mir zu viel mit dem Bienenthema, zumal auch die bis zu einem gewissen Grad durchaus interessant geschilderte Gestaltung des Obstgartens immer mehr Raum einnimmt. Die Natur steht mir zu sehr im Vordergrund, ich hätte gern mehr über die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistinnen gelesen.

Das erste Drittel des Buches hat mir sehr gut gefallen, danach bahnte sich eine vorhersehbare, unrealistische und kitschige Liebesgeschichte an, auf die ich gut hätte verzichten können. Sprache und Erzählstil fand ich ganz wunderbar, allerdings hatte ich insgesamt mehr von der Geschichte erwartet - sie hat mich leider nicht überzeugen können.

Trotz meiner Kritikpunkte vergebe ich 3 Sterne und empfehle den Roman allen Lesern, die gern Bücher mit intensiven und schönen Naturbeschreibungen lesen.

Bewertung vom 11.10.2025
9 Jahre Wahn
Stehfest, Eric

9 Jahre Wahn


ausgezeichnet

Aufwühlende und erschütternde Lebensgeschichte
Der Schauspieler und Autor Eric Stehfest, der einem breiten Publikum durch seine Rolle in einer Vorabendserie sowie verschiedene andere Fernsehformate bekannt sein dürfte, thematisiert in seinem autofiktionalen Buch "9 Jahre Wahn", das im ZS Verlag erschienen ist, seine paranoide Schizophrenie.

Eric und Edith Stehfest sind seit 4 Jahren verheiratet und haben zwei Kinder, als Eric die Kontrolle über sein Leben verliert. Er ist unsicher und steckt voller Selbstzweifel und Ängste. Edith, selbst schwer traumatisiert, kann ihm nicht helfen. Als Eric seine Frau regungslos neben sich auf dem Boden liegen sieht, kann er sich nicht erklären, was passiert ist. Er zieht die Notbremse und begibt sich unverzüglich in eine psychiatrische Tagesklinik, um sich helfen zu lassen. In intensiven Gesprächen öffnet er sich seiner Psychologin, redet über seine Wahnvorstellungen, seine Ängste und inneren Kämpfe. In der Klinik wird er einer Gruppe mit 6 weiteren Patienten zugeteilt. Es fällt ihm anfangs schwer, sich in die Gruppe einzufinden, doch im Laufe der Zeit gelingt es ihm sogar, Freundschaften zu knüpfen.

Das fesselnde Buch ist in klarer Sprache in der dritten Person geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die Gespräche, die Eric mit seiner Psychologin führt, sind drehbuchartig dargestellt. Mit schonungsloser Offenheit beschreibt er seine schwierige Kindheit, den erlittenen Missbrauch und seine Drogenabhängigkeit. Inzwischen ist er clean, kämpft aber nach wie vor jeden Tag mit der Drogensucht.
Es geht unter die Haut, wenn Eric seine Wahnvorstellungen beschreibt, wie es ist, wenn "der Andere", wie er die dunkle Kraft in sich nennt, die Kontrolle über sein Inneres übernimmt. Dann ist er eine vollkommen andere Person, arrogant und provokant, während er normalerweise ein feinfühliger Mensch ist. Auch in den Gesprächen mit der Psychologin drängt sich "der Andere" in ihm immer wieder in den Vordergrund.

In dem aufwühlenden Buch geht es nicht nur um Erics Krankheit, es geht auch um seine Ehe und seine Familie, um Freundschaft und existenzielle Sorgen. Er geht mit sich selbst hart ins Gericht und verschweigt auch seinen Egoismus nicht. Vaterlos aufgewachsen, fällt es ihm schwer, Nähe zuzulassen. Ich habe mich für ihn gefreut, dass er in der Klinik Freunde gefunden hat, die ihn verstehen, akzeptieren und für ihn auch außerhalb der Klinik da sind. Der Zusammenhalt der Gruppe hat mich sehr berührt, ebenso die Schicksale der einzelnen Gruppenmitglieder.

Eric lässt den Leser tief in seine Seele blicken, beschreibt seine inneren Kämpfe und Qualen. Seine Geschichte hat mich nicht nur erschüttert und zutiefst berührt, sie lässt mich auch betroffen zurück.
Der Autor weist darauf hin, dass die Biografie eine stark verfremdete und teilweise fiktionalisierte Lebensgeschichte darstellt.

"9 Jahre Wahn" spricht vielleicht in erster Linie Fans des Schauspielers Eric Stehfest an, ich empfehle das Buch aber auch all denen, die sich über das Krankheitsbild der paranoiden Schizophrenie und das Leben damit informieren möchten!

Bewertung vom 11.10.2025
Tanzende Spiegel
Byford, Annette

Tanzende Spiegel


ausgezeichnet

Beeindruckender Debütroman mit psychologischem Tiefgang
In ihrem autofiktionalen Debütroman "Tanzende Spiegel" verwebt die Psychotherapeutin Annette Byford, die in Deutschland aufgewachsen ist und seit 40 Jahren in Großbritannien lebt, die Lebensgeschichte ihrer Mutter mit ihrer eigenen.

Die namenlose Mutter ist Anfang zwanzig und lebt in Wiesbaden. Sie ist mit dem Medizinstudenten Walter verlobt, den sie an der Universität Münster kennenlernte. Die junge Frau fühlte sich sehr schnell durch die Verbindung eingeengt und verließ nach dem ersten Semester die Stadt. Sie hat sich ein kleines Dachzimmer gemietet und eine Bürotätigkeit angenommen. Walter wird bald eine eigene Praxis bekommen, doch die Mutter der Autorin ist noch nicht bereit zu heiraten, nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren ist sie lebenshungrig und genießt es, ins Kino zu gehen und sich mit ihren Kollegen zu treffen. Ihr Vorgesetzter bemüht sich intensiv um sie, und sie beginnen ein heimliches Verhältnis, das nicht folgenlos bleibt.

Im Hier und Jetzt lernen wir die Anfang der fünfziger Jahre geborene Ich-Erzählerin kennen, die als Psychotherapeutin arbeitet und seit zwei Jahren verwitwet ist. Sie hat viele Freunde und ein funktionierendes soziales Netzwerk. Eine junge Patientin weckt intensive Gefühle in ihr, sie denkt ständig an sie, und in ihren Tagträumen sind sie und die Cellistin ein Paar. Die Psychotherapeutin wünscht sich immer öfter, die junge Frau auch außerhalb der Praxis zu treffen. Sie gerät in einen tiefen Gewissenskonflikt, überschreitet bereits Grenzen und wird bald eine Entscheidung treffen müssen.

Die Handlung ist auf zwei Zeitebenen erzählt, auf der ersten begleiten wir die Mutter der Autorin ab einem Alter von etwa 22 Jahren, auf der zweiten Zeitebene erleben wir den Alltag der Psychotherapeutin und folgen ihren Erinnerungen an ihre Mutter. Die Geschichte wechselt ständig von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück. Durch die Kursivschrift sind die Zeitsprünge sehr gut erkennbar.

"Tanzende Spiegel" ist ein ganz wunderbares, ein kluges und berührendes Buch. Die schöne Sprache und der ruhige Erzählstil der Autorin haben mich von Beginn an begeistert. Die Autorin beschreibt ihre Mutter mit viel Liebe und Empathie. Es hat mir sehr viel Lesefreude bereitet, in die Lebensgeschichten der beiden Frauen einzutauchen. Ich mochte die junge Frau, die im Nachkriegsdeutschland die Liebe sucht, ihre Freiheit schätzt und selbstbestimmt leben möchte. Sie kann sich noch nicht mit der damaligen Rollenzuweisung als Mutter und Hausfrau identifizieren, und doch zwingen die Umstände sie zu einer lebenswichtigen Entscheidung. Ein halbes Jahrhundert später muss ihre Tochter feststellen, dass ihr Leben immer mehr zum Spiegelbild des Lebens der Mutter geworden ist, und auch sie muss eine wichtige Entscheidung treffen.

Ich habe das Buch, in dem es neben Liebe, Schuld und dem Schweigen über die Vergangenheit auch um eine Mutter-Tochter-Beziehung und ein Familiengeheimnis geht, sehr gern gelesen, es hat mich gefesselt und zutiefst berührt.
Am Ende des Romans weist die Autorin darauf hin, dass es sich um ein fiktives Werk handelt. Lediglich die Geschichte der Mutter beruht auf wahren Begebenheiten, die Abschnitte, die sich mit der Therapie befassen, sind fiktiv.

Absolute Leseempfehlung für alle, die gern anspruchsvolle Romane mit psychologischem Tiefgang lesen!

Bewertung vom 01.10.2025
Ein Winter in Schweden - Weihnachten in Småland
Schaps, Miriam

Ein Winter in Schweden - Weihnachten in Småland


ausgezeichnet

Großartiges und sehr liebevoll gestaltetes Kinderbuch
Der Verlag Biber & Butzemann hat mit "Ein Winter in Schweden" Miriam Schaps' Fortsetzung von "Ein Sommer in Schweden" veröffentlicht. In dem ganz wunderbar gestalteten und sehr hochwertigen Kinderbuch dreht sich wieder alles um Ole, Lotta und Alfred, die mit ihren Eltern die Winterferien im Gästehaus der Johanssons verbringen. Sie freuen sich sehr darauf, ihre Freunde Alva und William wiederzusehen. Es werden ereignisreiche Ferien, denn die Kinder lernen nicht nur schwedische Weihnachtstraditionen kennen, sondern erleben auch wieder spannende Abenteuer. Ole ist nicht erfreut darüber, dass Finn, der anscheinend ein Freund von Alva ist, nun ständig dabei ist. Als ein Nikolausstiefel und die Satellitenschüssel verschwinden und sogar ein Autoreifen zerstochen wird, gerät Alfreds Wichtelfreund Nisse unter Verdacht. Die Vasa-Elche beschließen, in der Sache zu ermitteln ....

Das Buch mit dem liebevoll gestalteten Cover ist in 17 Kapitel auf 119 Seiten unterteilt und hat ein praktisches Lesebändchen. Es richtet sich an Kinder ab etwa 8 Jahren und ist in altersgerechter Sprache erzählt. Die Texte der Autorin sind durch eine Vielzahl zauberhafter und farbenfroher Illustrationen von Uta Polster ergänzt.
Ich fand es für den Einstieg sehr hilfreich, dass auf den ersten beiden Seiten alle Mitglieder der Familien Sander und Johansson vorgestellt werden. Ganz am Ende befindet sich ein kleines Verzeichnis mit schwedischen, weihnachtstypischen Wörtern nebst deutscher Übersetzung - eine gute Idee!

Es hat mir sehr gut gefallen, dass die Autorin eine packend aufgebaute Detektivgeschichte erzählt und dabei den Aufenthalt in Schweden mit den schwedischen Sitten und Bräuchen zur Weihnachtszeit verknüpft. Ole, Lotta und Alfred essen nicht nur die hier bereits als Zimtschnecken bekannten Kanelbullar, sie lernen auch Lussekatter und Pepparkakor kennen. Der Julkalender im Fernsehen ist fesselnd, sie feiern das Lucia-Fest, genießen das tolle Weihnachtsbuffet, freuen sich über ihre Geschenke und toben im Schnee.
Die Kinder und die übrigen Familienmitglieder sind sehr sympathisch dargestellt, ganz besonders der kleine Alfred, den ich sofort in mein Herz geschlossen habe. Es hat mir gut gefallen, dass die Kapitel eher kurz gehalten sind, die Geschichte eignet sich dadurch auch sehr gut zum Vorlesen.

Absolute Leseempfehlung für dieses wunderschöne Kinderbuch über Familie und Freundschaft, das Lust auf Weihnachten - und auch auf einen Urlaub im winterlichen Schweden - macht!