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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
lemano
Wohnort: 
Göttingen

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 04.06.2025
Hello Baby
Eui-kyung, Kim

Hello Baby


ausgezeichnet

Die geheime Welt der unerfüllten Kinderwünsche


In „Hello Baby“ entführt uns Kim Eui-kyung einfühlsam in die Welt der Frauen, die sich nichts sehnlicher wünschen als ein eigenes Kind – und dafür den Weg in eine Kinderwunschklinik antreten. Mit großer Sensibilität schildert die Autorin das Leid, die Hoffnung und die emotionale Achterbahn, die mit jeder neuen Behandlung einhergeht.

Was den Roman besonders berührend macht, ist seine außergewöhnliche Authentizität. Die Autorin kennt sich mit der Thematik sehr gut aus, was sich in der Tiefe und Glaubwürdigkeit ihrer Schilderungen deutlich widerspiegelt.

Obwohl es sich um einen Roman handelt, vermittelt das Buch viel Wissen über den medizinischen Ablauf einer IVF - informativ und gleichzeitig niemals belehrend. Dabei steht jedoch stets das Menschliche im Vordergrund: die inneren Kämpfe, die stille Verzweiflung und auch die solidarische Verbundenheit unter den Frauen, die sich gegenseitig Halt geben, aber auch der Neid, der oft ungewollt aufkommt.

Hello Baby ist ein bewegendes, aufrüttelndes und aufklärendes Werk über ein Thema, das viele betrifft, aber oft im Stillen bleibt. Ein leises Meisterwerk mit großer Wirkung.

Bewertung vom 27.05.2025
Wut und Liebe
Suter, Martin

Wut und Liebe


ausgezeichnet

Ein typischer Suter

Mit "Wut und Liebe" liefert Martin Suter einmal mehr einen Roman, der ganz seinem Stil entspricht: eine fesselnde Geschichte, eigenwillige Charaktere und überraschende Wendungen. Das Buch bietet beste Unterhaltung. Man hat einfach eine gute Zeit beim Lesen.

Die Geschichte dreht sich um Noah, einen erfolglosen Künstler, und seine Freundin Camilla, eine Buchhalterin, die mit ihrem Job unzufrieden ist und sich nach einem anderen Leben sehnt. Weil sie Noah finanziell unterstützen muss, möchte sie sich von ihm trennen und ihr Leben ändern, so lange sie noch jung und schön ist. Währenddessen tritt Betty, eine ältere Dame, in Noahs Leben – und damit nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Martin Suter versteht es meisterhaft, Spannung aufzubauen und die Leser dazu zu bringen, ständig verschiedene Möglichkeiten abzuwägen. Dennoch gelingt es ihm immer wieder, zu überraschen – mit unerwarteten Wendungen und spannenden Charakterentwicklungen.

Ich bin restlos begeistert von diesem Buch!

Bewertung vom 04.05.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


ausgezeichnet

Eine bewegende Geschichte

In ihrem Roman "Die Summe unserer Teile" erzählt Paola Lopez die bewegende Geschichte dreier Frauen aus drei Generationen – Großmutter, Mutter und Tochter. Was sie verbindet, ist ihre Leidenschaft für die Wissenschaft: Die eine arbeitet in der Chemie, die andere in der Medizin, die dritte in der Informatik. Doch trotz dieser Gemeinsamkeit sind ihre Lebenswege geprägt von Brüchen, Konflikten und tiefgreifenden Unterschieden.

Der Roman beleuchtet Themen wie Flucht, familiäre Entfremdung und die Herausforderungen weiblicher Biografien im Spannungsfeld gesellschaftlicher Erwartungen. Die Handlung springt zwischen den Jahren 1944 und 2014, wodurch die Erfahrungen der Frauen im jeweiligen historischen Kontext sichtbar werden. Schritt für Schritt wird deutlich, welche Verletzungen, Entscheidungen und Missverständnisse zum Kontaktabbruch zwischen Müttern und Töchtern geführt haben. Dabei gelingt es der Autorin, hinter die Fassade ihrer Figuren zu blicken und deren Handeln nachvollziehbar zu machen.

Am Ende fügen sich die Geschichten der drei Frauen zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen. Der Roman überzeugt durch seine Vielschichtigkeit und emotionale Tiefe – auch wenn an einigen Stellen eine noch intensivere Auseinandersetzung mit den inneren Welten der Figuren wünschenswert gewesen wäre.

Insgesamt ein sehr gelungener und lesenswerter Roman über familiäre Bindungen, Generationenkonflikte und weibliche Stärke im Wandel der Zeit.

Bewertung vom 31.03.2025
Wenn wir lächeln
Unterlehberg, Mascha

Wenn wir lächeln


ausgezeichnet

Ein einzigartiger Roman, der nachhallt

Mascha Unterlehberg hat mit ihrem Roman „Wenn wir lächeln“ ein wahrhaft außergewöhnliches Werk erschaffen.

„Sie grinst mich an, und alles, was sie davor gesagt hat, verliert plötzlich an Bedeutung. Es ist die Art, wie sie mich ansieht. Als wäre ich insgeheim das Beste für sie auf der ganzen Welt. In diesem Moment weiß ich, dass es genau so ist, auch wenn sie es nicht immer zeigen kann.“

Die Geschichte dreht sich um Jara und Anto und ihre außergewöhnliche, tiefgründige Freundschaft, die von Liebe, Wut und vielen weiteren komplexen Gefühlen geprägt ist. Im Zentrum steht die Gewalt, die von Männern ausgeht, und ihre tiefgreifenden Auswirkungen auf weibliche Personen, beginnend bereits in der Kindheit. Es wird gezeigt, was diese Gewalt in den Frauen auslöst und welche Konsequenzen entstehen, wenn sich die Wut darüber in ihnen anstaut.

Der Roman ist bemerkenswert sensibel geschrieben und entfaltet sich durch eine eindrucksvoll einfühlsame und intensive Sprache, die die Leser*innen auf eine ganz besondere Weise umhüllt. Die kurzen, fast poetischen Sätze enden häufig abrupt und es gibt keine Anführungszeichen, was die Erzählweise noch eindringlicher macht.

Die Beziehung zwischen den beiden jungen Frauen wird auf faszinierende Weise dargestellt, und die Entwicklung ihrer Figuren ist tiefgründig und packend. Immer wieder gibt es Rückblenden zu einem Sprung von einer Brücke, und lange bleibt der Ausgang dieses Ereignisses im Unklaren.

„Wenn wir lächeln“ ist ein literarischer Paukenschlag, der nachhallt und noch lange im Gedächtnis bleibt.

Bewertung vom 18.03.2025
Halbe Leben
Gregor, Susanne

Halbe Leben


ausgezeichnet

Eindrückliche Gesellschaftskritik

Susanne Gregors Roman Halbe Leben zieht einen von der ersten Seite an in seinen Bann und regt intensiv zum Nachdenken an. Die Geschichte dreht sich um Paulína, eine slowakische Pflegekraft, die in eine wohlhabende österreichische Familie kommt, um sich um die 70-jährige Irene zu kümmern. Nach einem Schlaganfall ist Irene auf Hilfe angewiesen, doch ihre Tochter Klara – eine ehrgeizige Karrierefrau – möchte die Pflege nicht selbst übernehmen. Sie lebt mit ihrem Mann Jakob und der zehnjährigen Tochter Ada im selben Haus.

Paulína wird schnell zur unverzichtbaren Stütze der Familie, doch ihre Hilfsbereitschaft wird zunehmend ausgenutzt. Während sie sich immer stärker für Irene, Klara und Jakob aufopfert, entfremdet sie sich von ihrer eigenen Familie in der Slowakei. Der wachsende innere Konflikt und das Gefühl, zwischen zwei Welten zerrissen zu sein, stauen sich in ihr auf – bis die Wut überhandnimmt.

Besonders eindrücklich gelingt es Susanne Gregor, Paulínas Erleben und ihre zunehmende Verzweiflung darzustellen. Auch die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Lebenswelten von Klara und Paulína ist äußerst gelungen und eröffnet spannende Perspektiven auf Themen wie Verantwortung, soziale Ungleichheit und familiäre Erwartungen.

Mit ihrer intensiv-einfühlsamen Sprache schafft Gregor eine Atmosphäre, die tief berührt und zum Nachdenken anregt. Halbe Leben ist ein Roman, der lange nachwirkt und eine außergewöhnliche Leseerfahrung bietet.

Bewertung vom 22.02.2025
Dancing Queen (eBook, ePUB)
Fabbri, Camila

Dancing Queen (eBook, ePUB)


sehr gut

Überraschend und verwirrend zugleich

Der Roman „Dancing Queen“ von Camila Fabbri hinterlässt bei mir einige Fragezeichen. Die Hauptfigur weist einen faszinierenden Charakter auf, der erfrischend wirkt. An manchen Stellen überrascht die Geschichte auf unerwartete Weise. Besonders eine Szene, die einen sexuellen Übergriff thematisiert, empfand ich als sehr authentisch in der Darstellung der emotionalen Reaktionen der betroffenen Person. An anderen Stellen hingegen wirkt der Roman weniger glaubwürdig. Obwohl ich das Buch insgesamt interessant fand, war ich an einigen Passagen eher verwirrt und unsicher, wie ich sie einordnen soll.

Die Themen Sexualität, Trennung und Freundschaft werden im Roman teils befremdlich, teils aber auch sehr nachvollziehbar behandelt. Die Zeitsprünge, die der Roman beinhaltet, sorgen zwar für Spannung, erfordern jedoch auch eine gewisse Aufmerksamkeit, um ihnen folgen zu können. Insgesamt bleibt „Dancing Queen“ ein fesselnder Roman, ist aber keine leichte Lektüre, die stellenweise durchaus verwirrend sein kann.

Bewertung vom 22.01.2025
Ginsterburg
Frank, Arno

Ginsterburg


sehr gut

Anspruchsvoll

In "Ginsterburg" schildert Arno Frank das Leben verschiedener Charaktere in den Jahren 1935, 1940 und 1945. Der Roman zeigt eindringlich, wie Menschen in Deutschland mit den Herausforderungen dieser Zeit umgehen – zwischen Machtmissbrauch, Mitläufertum und moralischen Konflikten.

Der Aufbau ist anfangs verwirrend, da viele Handlungen nur fragmentarisch erzählt werden. Doch durch die Einbindung von Zeitdokumenten entsteht nach und nach ein beeindruckendes Gesamtbild. Problematisch fand ich die Vermischung von Fiktion und realen Personen ohne klare Hinweise sowie einige kleinere historische Ungenauigkeiten.

Die Figuren blieben mir insgesamt etwas fremd, was möglicherweise an ihrer Vielzahl oder fehlender Tiefe lag. Auch der Schreibstil mit Fragmenten, Zeitsprüngen und langen Sätzen war fordernd.

Fazit: Ein anspruchsvolles Werk, das Geduld erfordert, aber nachhaltig beeindruckt. Keine leichte Kost, doch absolut lesenswert.

Bewertung vom 05.01.2025
White Lives Matter
Kuhnke, Jasmina

White Lives Matter


ausgezeichnet

Umgekehrte Perspektive

Jasmina Kuhne hält der weißen Mehrheitsgesellschaft mit ihrem neuen Roman den Spiegel vor - und das gekonnt! Das Buch regt zum Nachdenken an, lässt einen lernen und sensibler werden für die Perspektive der schwarzen Gesellschaft. Mir fiel es beim Lesen oft schwer, mir die weißen, im Roman von Rassismus betroffenen Menschen auch weiß vorzustellen, weil die Realität eine andere ist und man für diese anhand der Dystopie in dem Roman sensibilisiert wird. Die Beispiele von Menschen aus der Geschichte, welche wirklich schwere Kost sind, bringt Jasmina Kuhnke seht gut in den Roman mit ein und somit bekommt man noch einen historischen Hintergrund. Ich fand das Buch interessant und konnte einiges daraus mitnehmen. Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen.

Bewertung vom 28.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


sehr gut

Schwestern, Schicksale, Leben

„Ihr seid Teil voneinander, von Anfang an. Nimm eine Nabelschnur - dick, sehnig, unansehnlich und doch lebensnotwendig - und vergleiche sie mit einem Freundschaftsbändchen aus buntem Garn. Das ist der Unterschied zwischen Schwester und Freundin“.
Drei Schwestern, wo einst vier waren, davon handelt der neue Roman von Coco Mellors. Die Geschichte der Blue-Schwestern ist voller Schicksale, Suchterfahrungen und Schmerz. Sie geht ans Herz und ist mit den verschiedenen Charakteren der Schwestern authentisch und besonders. Das Buch lässt sich, wie auch Mellors‘ erster Roman sehr schön lesen. Einige Stellen sind mir jedoch etwas zu langatmig gehalten und ziehen sich. Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits wäre die übersetzte Sprache an einigen Stellen. „Swoooooosh“, „Fizz pop bang“, „…“. Diese Stellen klangen für mich einfach wie gewollt coole Jugendsprache und nicht authentisch, ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, oder aus der Originalversion so übernommen wurde, jedoch bin ich drüber gestolpert und fand es nicht stimmig.
Das Ende des Buches fand ich etwas überzogen und unrealistisch harmonisch.
Insgesamt habe ich das Buch sehr gerne gelesen, hatte mir an der einen oder anderen Stelle jedoch etwas mehr erhofft.

Bewertung vom 05.09.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Aufwühlend, emotional, exzellent geschrieben

»Alle sieben Jahre sind wir neu, sagt man. Alle Zellen erneuert. Aber die Narbenzelle erneuert sich wieder in eine Narbenzelle. Vererbt die Wunde. Vergisst nicht. Das Gedächtnis des Traumas liegt in der Wunde selbst.«

Der Roman »Als wir Schwäne waren« ist ein eine tief berührende Geschichte eines Jungen mit iranischer Migrationsgeschichte, welcher im Ruhrpott aufwächst. Seine Jugend ist geprägt von Gewalt, Kriminalität und Alltagsrassismus.
Die Geschichte handelt von Erinnerungen aus seiner Heimat, Ansichten in seiner Familie, was die neue Heimat mit ihm macht, obwohl er eigentlich heimatlos ist. Von alltäglichen Erfahrungen immigrierter Menschen, für die wir anderen oft so blind sind, oder vielleicht auch blind sein wollen?
Behzad Karim Khan hat hier ein wahnsinnig wichtiges Werk geschaffen, welches man unbedingt lesen sollte.
Die poetische Sprache ist so besonders, dass einen das Buch verzaubert und die Wut und den Schmerz so authentisch darstellt, dass es mitten ins Herz geht.