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Miro76
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 150 Bewertungen
Bewertung vom 18.08.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


ausgezeichnet

Oscar sitzt endlich in seiner ersten Vorlesung für sein Mathematik Studium. Er ist zwar grade mal 17 Jahre alt, hat aber schon sein Abi in der Tasche und ist regulär zugelassen. Er scheint eine Inselbegabung zu haben und die Zahlen geben ihm Sicherheit, denn der Alltag überfordert ihn manchmal ziemlich. Er hat eine autistische Persönlichkeit, die ihn meistens zwingt die Wahrheit zu sagen, auch wenn das gerade nicht passend ist.

Da quetscht sich Moni zu ihm auf die Bank. Er ist sich ziemlich sicher, dass sie sich verlaufen hat, denn sie kann ja wohl nur die Putzfrau sein. Sie ist ziemlich bunt angezogen und sehr alt, über 50, und wohl kaum intelligent genug für diese Studium. Spätestens nach den ersten Ausleseprüfungen wird sie wohl mit dem Großteil der Studierenden wieder weg sein.

Gezwungenermaßen bildet er mit ihr eine Arbeitsgruppe für die Hausübungen und verbringt schnell auch die Mittagspausen mit ihr, denn alle anderen Kommilitonen überfordern ihn sowieso und außerdem bringt sie immer ein leckeres Pausenbrot. Seine speziellen Nahrungsrichtlinien wirft er mit Moni rasch über Bord.

Doch auch Moni birgt eine Überraschung. Schnell erkennen wir als Leser*innen, wie die Autorin mit den Klischees spielt, denn Moni ist wesentlich klüger als sie vorzugeben scheint. Ihre prekäre Situation lässt sie zwar nicht zur Höchstform auflaufen, aber sie zeigt rasch ihr Potential.

So treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten und fordern sich gegenseitig ihre Grenzen auszuweiten und über ihre Tellerränder zu blicken. Wie üblich zeichnet Alina Bronsky ihre Figuren mit ausgesprochener Liebenswürdigkeit, auch wenn klar ist, dass sie nicht immer leicht zu ertragen sind. Sie haben ihre Ecken und Kanten, werden dafür aber nie verurteilt.

Besonders gut gefallen hat mir außerdem, dass das Buch aus Oscars Sicht der Welt erzählt wird, die doch manchmal etwas anders anmutet, als Durchschnittsbürger die Welt beurteilen. Das ist meistens ganz amüsant und manchmal auch etwas anstrengend, denn seine Sicht ist häufig sehr urteilend. Gleichzeitig hat man das Gefühl alles mit einem Augenzwinkern erzählt zu bekommen.

Mir hat dieser Ausflug in die Welt der Mathematik ausgesprochen gut gefallen. Die Charaktere der zwei Protagonisten sind wirklich spannend gezeichnet! Nur leider war diese Geschichte viel zu kurz! Ich wäre gerne noch ein paar Seiten länger an Oscar's und Moni's Seite geblieben.

Bewertung vom 16.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

Hanna, Zeyna und Cem waren beste Freunde. Sie sind in prekären Verhältnissen aufgewachsen in einer Vorstadt im Ruhrpott. Hanna und Zeyna teilen das Schicksal keine Mütter zu haben und Zeyna und Cem, beide Migranten zu sein. Aber zu dritt sind sie unschlagbar, halten zusammen und geben sich gegenseitig Rückendeckung.

Doch das Leben kommt ihnen irgendwie dazwischen. Zeyna reist durch die Welt als Fotoreporterin und Hanna folgt ihrem Freund in eine Stadt, die sie nicht haben will. Cem geht seinen Weg ganz ruhig und bedacht und bleibt immer da. Er wird zum Bollwerk zwischen den beiden Mädchen, die immer wieder mal in Streit geraten und sich immer wieder schnell versöhnen. Bis es zum ganz großen Clash kommt.

Als Hanna wieder in ihrem Heimatort lebt, weil es ihrer Großmutter sehr schlecht geht, beginnt sie Zeyna ständig zu sehen. Die Vergangenheit wird überpräsent und verfolgt sie an die ungewöhnlichsten Orte. All die ungesagten Worte nehmen ihre Gedankenwelt gefangen und lassen Hanna nicht mehr los. Nach dem Tod der Großmutter vereinsamt sie in deren alter Wohnung und ihr ganzes Leben dreht sich nur noch um die Vergangenheit und den Verlust der besten Freundin. Diese Kluft scheint unüberwindbar. Das Leben hat dieser Freundschaft zu übel mitgespielt.

Hanna trauert dieser Freundschaft nach und vergisst dabei ihr eigenes Leben weiterzuleben. Sie kann die ungesagten Worte nicht tragen. Sie halten sie in der Vergangenheit fest. Zeyna scheint alles abgeschüttelt zu haben. Ihr Leben geht weiter und weist in die Zukunft und das rät sie schlussendlich auch ihrer Freundin.

Ein schönes Buch über den Umgang mit Tragödien und über Freundschaften die bleiben oder gehen.

Eine Leseempfehlung für alle es auch mal etwas poetischer mögen!

Bewertung vom 08.08.2024
Wir treffen uns im nächsten Kapitel
Bickers, Tessa

Wir treffen uns im nächsten Kapitel


sehr gut

Erin versucht in ihrem Leben aufzuräumen, kündigt ihren Job, der ihr keine Freude bereitet und mistet radikal ihre Wohnung aus. Viele ihrer Bücher bringt sie in einen offenen Bücherschrank. Wenige Tage später entdeckt sie entsetzt, dass eines ihrer absoluten Lieblingsbücher mit der letzten Karte ihrer besten Freundin ebenfalls da gelandet ist.

In der Hoffnung ihr Lieblingsbuch mit ihren Randnotizen wiederzubekommen geht sie in den nächsten Tagen regelmäßig zum Schrank und wie ein Wunder steht das Buch plötzlich wieder da und auch die Karte ist noch drin. Hocherfreut schlägt sie es auf und entdeckt, dass ihre Notizen ergänzt wurden. Außerdem findet sich am Ende des Buches die Frage: "Treffen wir uns in Große Erwartungen?"

James hatte sich das Buch ausgesucht und war ziemlich begeistert von den Randnotizen. Endlich trifft er auf eine Person, die in uneingeschränkt zu verstehen scheint. Er hofft sehr drauf, dass die Kritzelqueen seiner Aufforderung folgt und sie ihre "Unterhaltung" fortsetzten.

Was die beiden nicht wissen, ist, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit haben. Wir Leser*innen erfahren das relativ früh, denn wir lesen abwechselnd aus der Sicht von Erin und James und lernen so auch ihre Vergangenheit kennen, die beide sehr geprägt hat. Sie hatten es beide nicht leicht in ihrer Kindheit und Jugend. Beide haben ein spezielles Verhältnis zu ihren Eltern und die Beziehungen zu ihren Geschwistern werden ebenfalls thematisiert. So bekommt dieser Roman eine etwas tiefgründigere Dimension und wird zum Liebesroman mit Mehrwert.

Dennoch liest sich das Buch ganz locker. Die Geschichte ist fesselnd und die Bezüge zu den Klassikern, die sich die Beiden zum Lesen vorschlagen sind von großer Literaturliebe geprägt. Man bekommt direkt Lust darauf wieder zu Dickens oder Bronte zu greifen.

Alles in allem hat mich das Buch hervorragend unterhalten und ich habe es fast in einem Rutsch gelesen. Ein wunderbare Sommerlektüre!

Bewertung vom 23.07.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Pia und Jakob werden in die Schule gerufen. Es gab einen Vorfall mit ihrem kleinen Sohn Luca und einem Mädchen. Genaueres erfahren wir Leser*innen vorerst nicht, denn auch Luca schweigt zu dem Vorfall und verteidigt sich nicht.

Lucas Schweigen hält an, obwohl Pia insistiert und während ihr Zorn hochkocht und sie an ihrem Sohn, den sie doch innig liebt zu zweifeln beginnt, beginnt sie auch ihre Kindheit zu hinterfragen. Ihr Kindheitstrauma kommt wieder hoch und beschäftigt ihre Gedanken. Ihre Vergangenheit drängt in die Gegenwart und beginnt ihr Denken zu dominieren. Die Frage, was damals am See wirklich passiert ist, als ihre 4jährige Schwester ertrunken ist, lässt sich nicht mehr aus ihrem Kopf verbannen. Sie beginnt ihre ganze Kindheit aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und bewertet ebenso das Verhalten ihres Sohnes neu. Argwohn liegt in ihrem Blick auf ihn, denn sie scheint zu wissen, dass Kinder auch Monster sein können.

Zum Glück führt sie eine gute Ehe und ihr Mann gibt ihr halt in der Gegenwart.

Jessica Lind hinterfragt mit diesem Buch Mutterschaft ganz generell. Wie weit sollten Mütter Löwinnen sein, die ihre Kinder verteidigen? Wie viel Vertrauen bringen wir unseren Kindern entgegen und ab wann sollten wir an ihnen zweifeln.

Spannend ist ebenfalls der erwachsene Blick auf die Kindheit mit deren Prägungen. Sitzen wir fest in den Verhaltensmustern, die wir als Kinder erlernt haben oder können wir ihnen entwachsen und im Rückblick das Geschehene neu bewerten?

Die Autorin konnte mich mit diesem Buch komplett fesseln. Ihr Blick in diese Kleinfamilie mit all ihren Abgründen hat mir sehr gut gefallen. Ohne erhobenen Zeigefinger zeichnet sie ein mögliches Bild und zeigt realistische Zweifel einer Mutter auf, über die wohl eher selten gesprochen wird, denn sie entsprechen nicht dem idyllischen Familienideal, das wahrscheinlich eh nie wirklich existiert.

Bewertung vom 22.07.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


ausgezeichnet

Es war einmal vor langer Zeit, vor sehr langer Zeit, zu Urzeiten, da fiel ein Wassertropfen auf den grausamen König Assurbanipal und musste Schreckliches mitansehen bevor er wieder in die Atmosphäre verdunstete und tausend Jahre später wieder als Tropfen auf der Erde landete.

Dieser Wassertropfen verbindet die Schicksale:

Da ist Arthur, der an einem trüben Tag 1840 in den Abwasserkanälen Londons das Licht der Welt erblickte. Er hat eine spezielle Gabe; ein unfehlbares Gedächtnis. Er vergisst nichts.

Und wir lesen von Narin, ein Jezidi-Mädchen, das 2014 versucht mit ihrer Großmutter, ihre aussterbende Kultur zu erhalten. Quer durch die Jahrhunderte wurden die Jeziden verfolgt und ermordet und auch Narin hätte fast das Schicksal ihrer Vorfahren geteilt.

Und schließlich Zaleekhah, deren Ehe gescheitert ist und die daher 2018 in ein Hausboot auf der Themse zieht. Sie hat ihre Eltern sehr früh an das Wasser verloren und nun auch den Großteil ihres Lebenswillens.

Aber nicht nur der Bezug zum Wasser verbindet die drei, es ist auch ihre Liebe zu NInive, ihr Interesse an der Keilschrift und ihre Stellung in der Gesellschaft. Wie meistens bei Elif Shafak stehen auch hier Personen im Mittelpunkt der Erzählung, die Wissen wie es ist, am Rand zu stehen, unverstanden zu bleiben, Außenseiter zu sein.

Diese Geschichte ist äußerst vielschichtig, aber wunderbar verwoben. Es finden sich immer wieder Parallelen zwischen den Erzählsträngen, die mir beim Lesen ein Lächeln ist Gesicht zaubern konnte. Die Autorin spielt leichtfüßig mit Sprache und bringt uns so eine traurige und grausame Geschichte nahe.

Mich konnte sie mit diesem Werk stark beeindrucken. Ich denke, es ist ihr anspruchsvollster Roman. Die Geschichte ist so wunderbar aufgebaut wie beim Flüstern der Feigenbäume, doch sie hat noch mehr Gewicht!

Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.07.2024
Die Farbe der Sterne
Lukschy, Stefan;Briggs, Curtis

Die Farbe der Sterne


sehr gut

Nachdem Julia vor ihrer eigenen Hochzeit geflüchtet ist, versteckt sie sich in einem heruntergekommenen Hotel, um den Nachlass vor dem Verkauf zu organisieren. Doch der neue Besitzer denkt gar nicht dran, das Hotel, das schon seit Generationen in Familienbesitz war, zu veräußern.

Doch wie soll man den maroden alten Kasten retten?

Zur rechten Zeit entdeckt Max nach einer Verkettung unglücklicher Umständen ein geheimes Fach hinter der Rezeption und darin ein Frühwerk von Kandinsky, welches das Hotel am Kochelsee zu seinen besten Tagen zeigt. Eine Kopie davon hing immer schon über dem Tresen, doch niemand wusste, dass wo das Original abgeblieben war.

Bis hier ist das Buch schon recht witzig, denn die Figuren sind allesamt sehr überspitzt dargestellt. Die Autoren bedienen sich frech aller Klischees und schmücken diese in bodenlose aus. Man muss dieses Buch mit lachenden Augen und einem Zwinkern lesen, sonst erschließt sich der Humor nicht. Ich durfte mehrmals schallend lachen und genau das habe ich mir erwartet bei einer Krimikomödie.

Mit diesen zwei Bilder geht das Verwirrspiel direkt los, einmal ist der Bellagio verschwunden, dann wieder der Kandinsky, denn es gibt mehrer Leute, die hinter dem Bild her sind und so ihre Haut retten wollen. Julia und Max kommen sich während dieser Bilder-Rettungsaktion langsam näher und beide wachsen über sich hinaus.

Ernsthaft an diesem Buch sind immer nur die Rückblenden, die erklären, warum beispielsweise das Wissen um das Original verloren ging oder warum sie jemand verhält, wie er es eben tut. Diese kleinen Reisen in die Vergangenheit waren wichtig für die Geschichte und interessant zu lesen. Der Rest ist Slapstick und Klamauk und ich habe mich königlich amüsiert!

Somit empfehle ich dieses Buch allen, die mal wieder so richtig lachen wollen. Bitte erwartet euch keinen gut ausgearbeitet Krimi mit komischen Elementen. Das hier ist eine Verwechslungskomödie mit Krimielementen!

Bewertung vom 15.06.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


sehr gut

Meeresfriedhof ist der Auftakt einer Trilogie über eine der mächtigsten Reederfamilien Norwegens. Die Falck Familie hat altes Geld, Macht und politischen Einfluss und Olav Falck ist mit seinen 70 Jahren noch immer nicht bereit, seinen Sitz an eines seiner Kinder weiterzugeben.

Ein tragisches Unglück hat die Falks während des 2. Weltkriegs heimgesucht. Store Thor kam beim Untergang eines Hurtigrutenschiffs ums Leben. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav überlebten durch einen beherzten Sprung ins eiskalte Wasser. Kurz bevor sich das Unglück zum 75. Mal jährt, nimmt sich Vera Falck das Leben und hinterlässt ihrer Enkelin Sasha einen Brief mit der Bitte, endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen. Nicht alles hat sich damals so ereignet, wie es kolportiert wurde und so manche Helden werden ihr Ansehen dadurch verlieren.

Wer sich hier einen spannenden Thriller erwartet, könnte eventuell enttäuscht sein. Der Autor erzählt sehr ausufernd und streckenweise fühlt sich das auch etwas langatmig an. Dennoch bleibt die Geschichte spannend und vor allem der Schluss macht dann doch Lust auf mehr.

Man muss das Buch als Familiensaga lesen, die ihre Leichen im Keller hüten möchte. Es geht um Macht und Geld und deren Erhalt, frei nach dem Familienmotto "familia ante omnia". Leicht mafiöse Züge lassen sich da erkennen.

Ein bisschen erinnert dieses Buch an die Millennium -Trilogie. Auch hier gibt es einen Journalisten, der die Hintergründe beleuchtet und den Falck-Geheimnissen auf die Spur kommen möchte. Allerdings ist es nicht so spannend und die Charaktere sind auch nicht ganz so eckig und kantig. Trotzdem freue ich mich auf den nächsten Band der Saga!

Bewertung vom 11.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


sehr gut

Robert ist neu an der Schule, als er auf Friederika trifft, die ihn sofort bezaubert mit ihrem strahlenden Lächeln. Sie kommen sich näher und werden beste Freunde, obwohl Robert eigentlich schwerst verliebt ist. Doch Frie ist auf einem Freiheitstrip und verschwindet nach dem Abi erst mal für ein Jahr nach Australien.

Mit gebrochenem Herzen vertrödelt Robert seine Sommerferien, die die besten seines Lebens hätten sein sollen und fängt sich wieder beim Zivildienst in Hamburg, wo Frie wieder in sein Leben kommt. Die beiden verstehen sich sofort wieder blendend und Roberts Gefühle sind wie auf Knopfdruck wieder da.

Aber irgendwie scheint es nie so richtig zu passen. Sie lieben sich, aber ihre Leben scheinen nicht richtig kompatibel. Immer wieder vergehen Jahre, in denen beide ihre Leben leben, die nicht immer ganz geradlinig verlaufen. Frie wird sehr jung Mutter und verzichtet auf ihre Karriere, Robert startet als Musiker richtig durch, bleibt aber irgendwie ewiger Single.

Die Autorin beleuchtet alle Phasen ihrer Leben mit ihren Höhen und Tiefen, die sich wandelnden Beziehungen zu den Eltern, wie sich Freundschaften über die Jahre verändern und immer wieder lässt sie diese diffizile Freundschaft plus wach werden. Gut gefallen haben mir auch manche Nebenschauplätze, wie zum Beispiel die Freundschaft Roberts zu einem seiner Pfleglinge aus der Zivi-Zeit.

Mit der Lektüre begleiten wir Robert und Frie ins Erwachsenenleben und darüber hinaus. Ob sie sich als gesetzte 50er finden werden, wird hier natürlich nicht verraten. Aber kennen wir das nicht alle, dass wir einem Jugendfreund dieses Versprechen gaben, es noch mal zu versuchen, sollten wir mit 50 immer noch oder wieder single sein?

Ich mochte die Geschichte der beiden sehr. Das Buch liest sich flott, ist sehr unterhaltsam und trotz der Missverständnisse zwischen den beiden liebenswert und warmherzig.

Bewertung vom 08.06.2024
Seltsame Sally Diamond
Nugent, Liz

Seltsame Sally Diamond


ausgezeichnet

Sally Diamond lebt mit ihrem Vater extrem abgeschieden, quasi am Ende der Welt oder ein bisschen darüber hinaus. Wenn sie ins Dorf muss zum Einkaufen oder auf die Post, stellt sie sich taubstumm, damit sie mit niemandem reden muss.

Doch dann stirbt ihr Vater und Sally, die immer alles wörtlich nimmt, versucht ihn in der Feuertonne zu kremieren.

Es kommt, wie es kommen musste und die ganze Sache fliegt auf und landet sogar in den Medien. Dies wird für Sally zum Anstoß wieder Teil zu haben am Leben und wir erfahren ein gut gehütetes Geheimnis über Sallys Vergangenheit. Dieses Geheimnis darf hier natürlich nicht preisgegeben werden, denn es sollten auch alle anderen Leser*innen so überrascht werden wie ich. Nur noch so viel: Mit so einer Geschichte hatte ich hier definitiv nicht gerechnet!

Liz Nugent versteht es Verwirrung zu stiften und Spannung aufzubauen. Sie geht behutsam mit ihrer seltsamen Protagonistin um und lässt uns teilhaben an ihrem schwierigen Weg ins gesellschaftliche Leben. Es hat mir sehr gut gefallen, Sally zu beobachten, wie sie beginnt sich zu öffnen. Sie zeigt uns auch andere Menschen am Rand der Gesellschaft und stößt uns mit der Nase drauf, seltsames Verhalten nicht immer gleich abzuurteilen. Schließlich wissen wir meist nicht, was dahinter steckt. Sie zeigt aber auch auf, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen und falls nötig auch mal einzuschreiten, aber immer mit Toleranz!

Diese Buch war für mich ein echtes Highlight! Leider ist es mir nicht möglich, das in meiner Bewertung ausreichend zum Ausdruck zu bringen, ohne zu viel über den Inhalt zu verraten. Jedes Wort kann hier schnell zu viel sein.

Für mich war das Buch ein echter Pageturner und ich freue nun mich auf die anderen Werke von Liz Nugent.

Bewertung vom 24.05.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

17 Beaufort ist die maximale Windstärke und so fühlt sich der Orkan an, der immer wieder in Idas Brust tobt und sie laufen und brüllen lässt. Irgendwie muss vieles raus, aber irgendwie scheint nichts zu wirken.

Ida ist mittlerweile erwachsen, hat das Abitur hinter sich gebracht und ein Studium begonnen. Sie ist ebenfalls eine gute Schwimmerin und sie schreibt. Doch nichts kann die Bilder auslöschen, die immer wieder ihr Gedächtnis stürmen. Als sie ihre tote Mutter fand, oder als sie ihr im Zorn riet, es endlich hinter sich zu bringen. Sie kämpft mit Schuldgefühlen, weil sie der Mutter nicht ausreichend geholfen hat. Sie ist destruktiv, kümmert sich nicht gut um sich selbst und weiß nicht wohin. Sie möchte nicht zu ihrer Schwester Tilda, die mit Viktor und zwei Kindern in Hamburg lebt. Also fährt sie mit ihrem Flex-Ticket so weit weg wie möglich und landet auf Rügen, wo der Sturm auch außen manchmal ziemlich tobt.

Und endlich hat Ida mal Glück. Sie findet einen Job in einer Bar und die Besitzer, ein älteres Ehepaar nehmen sie auf und päppeln sie auf. Außerdem lernt sie einen Jungen kennen, den ebenfalls eine dunkle Aura umgibt.

Als das Buch erschienen ist, war ich sehr überrascht, dass sich Caroline Wahl zu einer Fortsetzung entschlossen hat. Als ich dann merkte, dass wir nun Ida besser kennenlernen und erfahren, wie es ihr dann alleine mit der Mutter ergangen ist, habe ich mich sehr darüber gefreut. Ida hat noch mehr von dieser ganzen Tragödie abbekommen als Tilda, denn man kann sich vorstellen, dass es mit der Mutter weiter bergab ging und dementsprechend größer ist hier auch das Leid. Doch das Mädchen versinkt nicht darin. Sie kämpft mit allem was sie hat und versucht, den Mut nicht zu verlieren. Es ist schön zu lesen, dass ihr auch mal was Gutes passiert, auch wenn sie das selbst kaum glauben kann. Ihr Weg aus dem Auge des Sturm ist nicht einfach und verläuft auch nicht linear und das macht die Geschichte auch glaubwürdig.

Ich habe diesen Folgeband als noch stärker empfunden als 22 Bahnen, vergebe begeisterte 5 Sterne und freue mich sehr auf das nächste Buch von Caroline Wahl!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.