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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 428 Bewertungen
Bewertung vom 12.01.2025
21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest
Kowalski, Matthias

21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest


sehr gut

„21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest“ behandelt die Basics persönlicher Finanzplanung und richtet sich vor allem an Leserinnen und Leser, die noch über kein Vorwissen verfügen. Der Schwerpunkt liegt auf Geldanlage und Vermögensaufbau, wobei klassischerweise zu einem Tagesgeldkonto in Kombination mit MSCI-World-ETFs geraten wird. Auch die Vor- und Nachteile von Einmalanlage und Sparplan werden gegenübergestellt. Der Autor gibt zudem Tipps, worauf bei der Wahl des Konto- und Depotanbieters zu achten ist, wo im Alltag versteckte Kosten lauern und welche Versicherungen wirklich notwendig oder eher verzichtbar sind. Viele Kapitel verweisen in Links auf das Online-Angebot der Stiftung Warentest, sind jedoch leider kostenpflichtig. Der Schreibstil des Buches ist sehr angenehm, locker und verständlich.

Das Buch richtet sich tendenziell eher an Leute, die sich in einer finanziell entspannten Lage befinden (auch wenn es ein Kapitel zum Schuldenabbau gibt), wie Kapitelüberschriften wie „100.000 EUR sind machbar“ nahelegen. Für einen alleinerziehenden Elternteil in Teilzeit mit zwei oder drei Kindern dürfte diese Aussage eher nicht gelten. Ich würde dieses Buch vor allem Jugendlichen und jungen Erwachsenen empfehlen, für die es eine sehr gute erste Orientierung in Finanzbereich bietet und kompakt und verständlich die wichtigsten Grundlagen vermittelt.

Bewertung vom 10.01.2025
Sachen suchen - Mein Sachen suchen Lieblingsbuch
Gernhäuser, Susanne

Sachen suchen - Mein Sachen suchen Lieblingsbuch


ausgezeichnet

Irgendwie sind die „Sachen suchen“-Bücher leider bisher komplett an mir vorbeigegangen, und erst jetzt habe ich durch meinen kleinen Neffen diese wundervolle Reihe entdeckt. „Mein Sachen suchen Lieblingsbuch“ bietet durch die vielfältigen Themen auf den einzelnen Doppelseiten viel Abwechslung – vom Bahnhof über einen Waldspielplatz bis zur Brückenmontage im Hafenbecken ist alles dabei. Die Zeichnungen sind dabei sehr schön gestaltet und in angenehm kräftigen, aber nicht knalligen Farben gehalten. Die detailreichen Wimmelbilder laden dazu ein, die daneben abgebildeten Gegenstände oder Tiere zu suchen und auch selbstständig weitere Details zu entdecken und zu benennen, sich sogar kleine Geschichten auszudenken, so dass auch die Sprachkompetenz gefördert wird. Durch den kurzen Text zu jedem Buch und die Bezeichnungen unter den Suchgegenständen vermittelt das Buch zusätzlich Wissen und erweitert den Wortschatz. Ein ganz hervorragendes, abwechslungsreiches Wimmelbuch ab ca. 2 Jahren!

Bewertung vom 10.01.2025
Mein artgerecht-Geschwisterbuch: Ich zuerst! Nein, ich!
Schmidt, Nicola

Mein artgerecht-Geschwisterbuch: Ich zuerst! Nein, ich!


gut

Streit und Konkurrenz unter Geschwisterkindern kennen die meisten Eltern aus ihrem Alltag, und dieses Buch regt dazu an, Wege aus Konflikten zu finden und ein harmonisches Miteinander unter Geschwistern zu fördern. Das Buch ist wunderschön illustriert und die kleinen Eichhörnchen schließt man sofort ins Herz.

Richtig toll ist auch das Zahnputzlied zur Melodie von „Brüderlein, komm tanz mit mir“ (wie passend!) – damit macht das allabendliche Zahnputzritual gleich mehr Spaß!

Ein bisschen schade finde ich, dass im Buch neben den Kindern nur die Mama vorkommt, ein Papa fehlt. Das suggeriert, dass die Erziehung nach wie vor reine Aufgabe der Mutter ist. Sehr zwiespältig stehe ich auch den an und für sich sinnvollen Erziehungstipps am Ende des Buches gegenüber. Diese haben meiner Meinung nach in einem Bilder- bzw. Vorlesebuch, das sich an Kinder richtet und auch von diesen gelesen wird (etwa älteren Geschwistern, die ihren jüngeren Geschwistern vorlesen) nichts verloren und gehören in einen Elternratgeber. Auch werden sich die Tipps in der Praxis nicht immer 1:1 umsetzen lassen und ich kann auch nicht alle Ratschläge mittragen. So ist es in vielen Familien schon aus finanziellen Gründen gar nicht anders möglich, als Kleidung und Spielzeug an jüngere Geschwister weiterzuvererben. Die Formulierung in der Wir-Form ist zudem sehr gewöhnungsbedürftig. Ich könnte mir auch vorstellen, dass durch diese Tipps das Buch, sollte es von Großeltern, Tante, Freundin etc. geschenkt werden, von sehr sensiblen Eltern als versteckte Kritik an ihrer Erziehung verstanden werden kann.

Bewertung vom 10.01.2025
Wackelkontakt
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Eigentlich liebe ich realistische Geschichten, die so tatsächlich passieren könnten. Eigentlich. Denn für Wolf Haas mache ich mit großer Freude immer wieder eine Ausnahme. Wie schon in „Das Wetter vor 15 Jahren“ bedient sich Haas bei „Wackelkontakt“ der Metafiktion. Escher, dessen Steckdose einen Wackelkontakt hat, liest, während er auf den Elektriker wartet, ein Buch über einen Kronzeugen der Mafia, der seinerseits ein Buch liest über Escher, der auf den Elektriker wartet. Ähnlich wie bei einem elektrischen Wackelkontakt schaltet das Buch flirrend zwischen den Erzählebenen um, wechselt zwischen Escher und dem Mafioso, treibt beide Handlungen voran, aufeinander zu und verwebt sie kunstvoll miteinander. Gepaart mit Haas‘ messerscharfer Sprache und seinem unverwechselbaren Wortwitz ist hierdurch ein Roman entstanden, der beim Lesen auf mich einen regelrechten Sog ausgeübt hat, so dass ich ihn nicht mehr aus der Hand legen wollte. Auch nachdem ich das Buch beendet hatte, ging es mir lange nicht aus dem Kopf, und ich sinnierte über Dinge nach, die im Vagen geblieben waren, und meine Gedanken zu Perspektiven, Zeitschleifen, Kausalität begleiteten mich sogar in den Schlaf.

Da im Buch Themen wie Selbstreferenzialität und Zeitschleifen eine Rolle spielen, erinnerte ich mich wieder an "Gödel, Escher, Bach - ein endloses geflochtenes Band" von Douglas R. Hofstadter, das ich vor über 20 Jahren während meines Mathematikstudiums gelesen habe. Ich habe das Gefühl, dass auch Wolf Haas dieses Buch und seine philosophischen Theorien kennt.

Fazit: Sprachlich und erzählerisch ein echter Haas, der mich wieder begeistert hat. Für mich ein echtes Highlight und eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 27.12.2024
Albert Schweitzer
Prinz, Alois

Albert Schweitzer


ausgezeichnet

Vor ca. 30 Jahren habe ich als Kind ein Buch über das Leben Albert Schweitzers gelesen, und war nun sehr gespannt darauf, ein Jugendbuch über diesen beeindruckenden Menschen zu entdecken, das dem aktuellsten Stand der Forschung entspricht.

Alois Prinz schreibt anschaulich und lebendig, so dass sich dieses Sachbuch sehr flüssig liest, und ist bemüht um eine ausgewogene und objektive Sicht auf Albert Schweitzer. Beginnend mit Alberts Kindheit und Jugend legt der Autor ausführlich dessen langjährige Suche nach einem sinnvollen, zutiefst menschlichen Leben in der Nachfolge Jesu dar, die schließlich, auf vielen Umwegen und nach Jahren des Studiums der Theologie, Philosophie und Medizin sowie als gefeierter Organist, in seinem Aufbruch nach Lambarene mündete.

Auch die zunächst rein freundschaftliche Beziehung zu seiner späteren Frau Helene Bresslau, die seine wichtigste Ratgeberin und engste Vertraute war, wird ausführlich thematisiert. Sie begleitete Schweitzer bereits auf seiner ersten Reise 1913 nach Lambarene und wirkte dort als Krankenschwester und rechte Hand Schweitzers, musste jedoch aufgrund ihrer angegriffenen Gesundheit immer wieder kürzertreten und nach Europa zurückkehren.

Sehr ausführlich widmet sich das Buch Albert Schweitzers Sicht auf den Glauben und seiner Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“. Mit zunehmender Berühmtheit sah sich Albert Schweitzer auch mit Kritik konfrontiert. Auch diese bringt Alois Prinz zur Sprache und bemüht sich, sie sachlich einzuordnen.

Angesichts der durchaus anspruchsvollen und zuweilen recht trockenen Themen wie Philosophie und Ethik empfinde ich die Altersempfehlung ab 12 Jahren als zu niedrig, und würde die Zielgruppe bei 14 Jahren und älter sehen. Auch sollten die Leserinnen und Leser bereits über grundlegendes Wissen zum politischen Geschehen in Europa im 20. Jahrhundert sowie zur Geschichte der Kolonisation Afrikas und den Verbrechen der Kolonialmächte verfügen. Mein elfjähriger Sohn hat das Buch auch zur Hand genommen, jedoch bereits nach dem Prolog das Interesse verloren. In ein paar Jahren sieht das sicher anders aus.

Fazit: Ein sehr empfehlenswertes Buch über Albert Schweitzers Leben, Denken und Wirken für Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene.

Bewertung vom 26.12.2024
Die geheimnisvolle Insel / Meisterdiebe Bd.3
Arcanjo, J. J.

Die geheimnisvolle Insel / Meisterdiebe Bd.3


ausgezeichnet

Mein Sohn (11) und ich sind große Fans der Crookhaven-Reihe um die „Schule der Meisterdiebe“, und so haben wir voller Ungeduld auf den dritten Band der auf insgesamt fünf Bände angelegten Reihe gewartet, um ihn gemeinsam und abwechselnd (vor-)zulesen.

Nachdem Band 2 mit einem kleinen Cliffhanger endete, geht es im dritten Teil nahtlos weiter, und man sollte unbedingt zuvor die Bände 1 und 2 gelesen haben. Gabriel Avery, inzwischen 15 Jahre alt, und seine Freunde müssen sich nun den Namenlosen stellen. Zusätzlich warten in Crookhaven neue Herausforderungen auf die Bande: Der Gaunerpokal lockt, die diesjährige Einbruch-Challenge verspricht, besonders knifflig zu werden, eine geheimnisvolle Gärtnerin bereitet Gabriel Kopfzerbrechen, und zudem ist die Bande auf der Suche nach Maravel, einem ehemaligen Crookhaven-Absolventen. Ausgerechnet jetzt zeigen sich Risse in der verschworenen Gemeinschaft, und sie zieht nicht wie sonst an einem Strang. Gabriel Avery als Anführer der Bande sieht sich vor der großen Aufgabe, die Mitglieder wieder zu vereinen und zu einem Team zusammenzuschweißen.

Die Geschichte geht direkt spannend und actionreich los, und wir waren sofort wieder mitten im Geschehen. Gabriel, Penelope, Ade, Ede und Amira sind uns inzwischen schon sehr vertraut, und jeder Charakter zeichnet sich durch besondere Eigenheiten, Talente und auch Schwächen aus. Dieser Band greift einige Handlungselemente, die in den Vorgängerbänden angedeutet bzw. aufgebaut wurden, auf, und es entwickelt sich eine höchst abwechslungs- und wendungsreiche Geschichte, die bis zum Schluss richtig spannend bleibt.

Wie in den beiden bisherigen Bänden auch spielen Freundschaft, Gemeinschaft und Zusammenhalt eine große Rolle. Diesmal haben die Freunde jedoch stärker als zuvor mit sich selbst zu kämpfen, und die Bande steht vor einer Bewährungsprobe, in der sie zeigen muss, dass sie auch schwierige Phasen durchstehen kann.

Verglichen mit Band 1 und 2 tritt der Humor in diesem Teil etwas in den Hintergrund, und es gab in der Geschichte vor allem gegen Ende die eine oder andere Wendung, die auf mich ein bisschen konstruiert wirkte, was meinem Sohn jedoch nicht weiter auffiel.

Wir hatten auf jeden Fall wieder sehr viel Spaß mit der „Schule der Meisterdiebe“ und sind schon sehr gespannt darauf, was Gabriel und seine Freunde im nächsten Schuljahr erwartet und wie der Kampf gegen die Namenlosen weitergeht.

Bewertung vom 22.12.2024
Wieso? Weshalb? Warum? Meine Vorlesegeschichten, Band 2 - Was passiert in Wald und Wiese?
Pooch, Anna

Wieso? Weshalb? Warum? Meine Vorlesegeschichten, Band 2 - Was passiert in Wald und Wiese?


ausgezeichnet

Die tollen Bücher aus dem Wieso? Weshalb? Warum?-Universum begleiten uns schon seit Jahren. Nun haben sie mit den Vorlesegeschichten Zuwachs bekommen, und mit „Was passiert in Wald und Wiese?“ erscheint nach „Was erleben wir Tag für Tag?“ der zweite Band. Die 15 voneinander unabhängigen Geschichten spielen in der kleinen Stadt Brummelsby. Im Mittelpunkt stehen fünf Familien mit Kindern zwischen vier und dreizehn Jahren, die in ganz verschiedenen Familienkonstellationen leben und auch unterschiedlicher ethnischer Herkunft sind. Auch klassische Rollenmuster werden zum Teil aufgebrochen, so dass die Geschichten auch eine große Bandbreite familiärer und gesellschaftlicher Realitäten spiegeln. Gleichgeschlechtliche Eltern und diverse Personen kommen jedoch nicht vor.

Die Geschichten sind in leicht verständlicher, aber dennoch abwechslungsreicher Sprache geschrieben und eignen sich perfekt zu Vorlesen für Kinder ab ca. vier Jahren. Ganz nebenbei vermitteln sie interessantes Wissen über Natur und Tiere und regen zu eigenen Beobachtungen oder Aktivitäten an. Ganz besonders gut gefiel mir gleich die erste Geschichte, in der die Kids etwas über Krähen und deren Intelligenz erfahren. Weitere Themen sind selbstgemachtes Wassereis, ein Ausflug ins Moor, Wespen, Bienen und Honig, der Nachthimmel, Winterschlaf und Winterruhe, Eichhörnchenkobel und vieles mehr.

Ein sehr gelungenes Buch, das schöne Vorlesestunden garantiert!

Bewertung vom 16.12.2024
Ab ins All!
Ziems, Anne-Dorette

Ab ins All!


sehr gut

In „Ab ins All!“ widmet sich Anne-Dorette Ziems einem alten Traum der Menschheit: Dem Reisen ins All. Ob innerhalb unseres Sonnensystems oder gar interstellar – die Autorin erklärt anschaulich, in lockerem Ton und sehr kurzweilig die Schwierigkeiten, die mit einem Aufbruch in diese lebensfeindlichen Regionen verbunden sind. Welche Schwierigkeiten warten auf dem Mars auf uns, warum ist eine Landung auf der Venus für uns Menschen keine gute Idee, und was hat es mit Terraforming von Planeten auf sich? Woher kommt das Magnetfeld der Erde, und warum ist es für das Leben auf der Erde so wichtig? Wie sieht eine Toilette auf der ISS aus, und warum sollte man bei deren Benutzung keinesfalls Niesen?

Das Buch richtet sich an ein breites Publikum und setzt daher so gut wie keine Vorkenntnisse voraus. Hierdurch ist es leicht lesbar, vereinfacht allerdings physikalische Zusammenhänge auch sehr stark und vermittelt allenfalls eine grobe Ahnung davon.

Ich muss gestehen, bei manchen Kapiteln fragte ich mich, ob es wirklich zielführend ist, exorbitante Summen in Projekte wie Terraforming oder Antimaterie-Antriebe zu stecken, während wir hier auf der Erde konkrete Probleme wie Hunger und Klimakrise zu bewältigen haben. Klar, in ein paar Milliarden Jahren wird die Sonne sterben und damit auch die Erde, doch viel wahrscheinlicher ist es, dass sich die Menschheit schon viel früher selbst ausrottet, weil sie die Erde so zugrunde gerichtet hat, dass menschliches Leben dort nicht mehr möglich ist. Indem dieses Buch die enormen Schwierigkeiten vor Augen führt, die zu bewältigen sind, bevor Leben auf dem Mars auch nur ansatzweise möglich wäre (geschweige denn auf Exoplaneten), hat es mir noch einmal eindrücklich vor Augen geführt, wie kostbar und bewahrenswert unser Heimatplanet ist.

Bewertung vom 13.12.2024
Das Vogel-Tattoo
Mikhail, Dunya

Das Vogel-Tattoo


sehr gut

Die seit über 20 Jahren im amerikanischen Exil lebende Journalistin und Dichterin Dunya Mikhail schreibt in „Das Vogel-Tattoo“ über den Völkermord an den Jesiden im Irak durch den IS im Jahr 2014 und thematisiert vor allem die Gräueltaten, die den jesidischen Frauen angetan wurden. Diese wurden zu Tausenden verschleppt, als Ware online zu Kauf angeboten und mehrfach systematisch vergewaltigt. Einigen wenigen gelang die Flucht, und Mikhail reiste in den Irak, um mit diese Frauen und auch einem ihrer Retter, Abdullah, zu sprechen, der über ein Schleusernetzwerk die gefangenen Frauen befreien und in autonome Kurdengebiete in Sicherheit bringen lässt.

Eine dieser Frauen diente als Vorbild für die Protagonistin Helen. Die Handlung des Romans ist frei erfunden, wurde jedoch inspiriert von den Erlebnissen der interviewten Frauen und Abdullahs Berichten. Das Schicksal der jesidischen Familien nach der Machtübernahme durch den IS hat mich sehr berührt, und es war teilweise schwer auszuhalten zu lesen, was den Mädchen und Frauen angetan wurde. Großen Respekt hatte ich vor dem Mut und der inneren Stärke der Menschen, die sich unter Einsatz ihres eigenen Lebens für die Befreiung der Kinder und Frauen einsetzen.

Viel Raum nimmt die Schilderung jesidischen Lebens im abgelegenen und von der Außenwelt abgeschnittenen Bergdorf Halliqi ein, aus dem Helen ursprünglich stammt. Das Zusammenleben dort wird als geradezu paradiesisch geschildert, voller Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft, Harmonie und grenzenloser Nächstenliebe. Das erschien mir beim Lesen doch recht dick aufgetragen und idealisiert, zu schön, um wahr zu sein. Auch sind es mir zu viele Kreise, die sich am Ende der Geschichte schließen.

Da ich mit der Geographie und den Grenzverläufen zwischen Rebellengebieten und autonomen Regionen nicht vertraut bin, war es teilweise etwas verwirrend, die Routen nachzuvollziehen. Hier wäre eine Karte hilfreich gewesen. Manche Handlungen blieben mir unverständlich, etwa, wie eine befreite Frau, die gerade unter großen Mühen und durch vermintes Gebiet aus Syrien herausgeschmuggelt wurde, ein paar Tage später einfach ganz normal und allein nach Syrien zurückreist, um jemanden zu suchen. Auch ein Logikfehler im Buch – eine Frau, die im August 2014 verschleppt wurde, hat im Januar 2015 bereits ein durch eine Vergewaltigung gezeugtes Kind - fiel mir auf.

Fazit: Ein sehr bewegender Roman, der den Blick auf ein Thema lenkt, das leider in der Weltöffentlichkeit viel zu wenig Beachtung erfährt. Umso wichtiger ist es, dass Dunya Mikhail den jesidischen Frauen in dieser Geschichte eine Stimme gibt. Da mich das Buch erzählerisch nicht komplett überzeugen konnte, ziehe ich einen Stern ab.

Bewertung vom 09.12.2024
Zuckerbrot
Balli, Kaur Jaswal

Zuckerbrot


ausgezeichnet

Die zehnjährige Parveen, genannt Pin, lebt mit ihrer Familie in Singapur. Sie sind Punjabi. Pins Mutter Jini ist Pin oft ein Rätsel, sie trägt ein Geheimnis mit sich, das Pin nicht ergründen kann. So versucht sie, anhand der Speisen, die ihre Mutter kocht, Rückschlüsse auf deren Gemütszustand zu ziehen. Zu ihrem Vater hat Pin ein besonders inniges Verhältnis. Eines Tages zieht Jinis kranke und strenggläubige Mutter bei ihnen ein. Alte familiäre Konflikte schwelen unter der Oberfläche, brechen wieder auf, und Pin versucht zu verstehen, was dahintersteckt.

Die Geschichte wird abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt: Einmal aus Pins Perspektive im Jahr 1990, und als Rückblende aus Jinis Sicht in den Jahren 1967 und 1970.

Sehr fasziniert hat mich der kleine Staat Singapur mit seinem spannenden Mix, dem Nebeneinander der indischen, chinesischen und malaiischen Kultur. Eindrücklich beschreibt die Autorin aus Pins Sicht die Farbenpracht, das Stimmengewirr und die Vermischung von Gerüchen, die Gegensätze aus moderner Architektur in blitzsauberen Straßen und alten, bröckelnden, traditionellen Häusern in schmuddeligen Gassen. Trotz des überwiegend friedlichen Zusammenlebens verschiedener Kulturen gibt es Alltagsrassismus, den insbesondere die indische Minderheit zu spüren bekommt. Auch Pin wird damit konfrontiert – im Schulbus und auch in der Klasse.

Besonders gut gefiel mir, wie Pins Gedankenwelt beschrieben wurde. Ich konnte mir das zehnjährige Mädchen sehr gut vorstellen, das versucht, anhand kleinster Hinweise und der von ihrer Mutter zubereiteten Gerichte sich das Befinden ihrer Mutter zu erschließen. Auch Pins Zwiesprache mit dem Bild des Sikh Gottes konnte ich mir lebhaft ausmalen und musste manches Mal schmunzeln.

Jinis Geschichte vermittelte mir einen Eindruck von der strengen gesellschaftlichen Hierarchie und der starken sozialen Kontrolle innerhalb der Gemeinschaft. Auch der Stellenwert der Familie ist sehr hoch, Individualität hingegen wurde unterdrückt.

Mir hat dieses Buch einen interessanten Einblick in ein Land, von dem ich bisher kaum etwas wusste, eröffnet. Sehr lesenwert!